Schon vor vier Jahren hatte sich die evangelische Thomaskirchen-Gemeinde beim Diakonischen Werk Bayern dafür beworben, eine Vesperkirche auszurichten. Den Zuschlag und damit eine Anschubfinanzierung von 45 000 Euro bekam Schweinfurt. Aber die Würzburger Bewerbung sei »auch in die Endauswahl gekommen«, sagt Pfarrerin Karin Jordak: »Im Januar 2017 bekamen wir dann einen Anruf von der bayerischen Diakonie, ob wir immer noch Lust hätten, das durchzuführen.«

Vesperkirche in Grombühl

Die Neigung dazu hatte der Kirchenvorstand, der in den vergangenen Jahren mehrfach bei der Schweinfurter Vesperkirche gespeist hatte. Nun ging man in eine Klausurtagung und beschloss: »Auch wenn wir einen finanziellen Verlust dabei erwarten – das machen wir«, erzählt Pfarrerin Karin Jordak.

5000 Euro Defizitausgleich stellt das Diakonische Werk Bayern der kleinen Würzburger Vesperkirche in Aussicht. Auf 15 000 Euro schätzt Jordak die Ausgaben für Essen, das Anschaffen von Geschirr, Werbung etc.: »Wir hoffen aber, dass unsere besser gestellten Gäste mehr als den einen symbolischen Euro zahlen, sodass wir nicht allzu viel zuschießen müssen.« Zudem sind Sponsoring-Anfragen an regional einschlägige Stellen wie die Bürgerstiftung Würzburg und Umgebung gestellt.

Diakonie: Inklusion quer durch die Gesellschaft

Und die Ausgaben sind knapp kalkuliert. Laut Kirchenvorstands-Vertrauensperson Wolfgang Kümper hatten verschiedene Caterer Kostenvoranschläge zwischen drei und zwölf Euro für ein Menü gemacht. Schließlich kam man auf »den spannendsten Kooperationspartner« der ganzen Vesperkirche. Das Essen liefert die Justizvollzugsanstalt Würzburg – für 3,50 Euro pro Person. Dabei handele es sich mitnichten um Wasser und Brot. Wolfgang Kümper sagt: »Dieses Essen essen auch die JVA-Bediensteten, nicht nur die Gefangenen.« Er sieht durch die Wahl des Caterers auch »eine soziale Verbindung« zur Justizvollzugsanstalt Würzburg.

Neben der Schweinfurter Johanniskirche mit 410 Gästen täglich hat sich inzwischen die Gustav-Adolf-Gedächtnis-Kirche in Nürnberg als Vesperkirche mit 500 Essen etabliert. Umgesehen haben sich die Würzburger intensiv in der Bonhoeffer-Gemeinde von Nürnberg-Langwasser: »Das ist ein ähnlich großer Kirchenraum wie der unsere«, sagt Jordak.

Thomaskirche ist eine offene Kirche

Kirchenvorstand Wolfgang Kümper meint, die Thomas- sei zur Vesperkirche besonders prädestiniert: »Wir waren immer eine offene Kirche.« Die bietet Räume für Selbsthilfegruppen aus der benachbarten Universitätsklinik und Proberäume für Musiker. Letztere spielen die Tafelmusik zur Vesper. Die Thomaskirche habe eine »sehr diakonisch geprägte Gemeinde« mit 1560 Mitgliedern. Außerdem habe der Stadtteil Grombühl eine gute Bevölkerungsmischung. Karin Jordak ergänzt: »In diesem bunten Viertel leben viele Leute in kleinen Wohnungen, viele alleinstehende Senioren und die Wohngruppen der Evangelischen Kinder- und Jugendhilfe. Dadurch bekommt die Vesperkirche etwas Inklusives.«

Doch das Restaurant im Gotteshaus wird nicht allein für das Stadtviertel gegründet. Es liegt als einzige evangelische Kirche Würzburgs direkt an einer dicht getakteten Straßenbahnlinie und kann somit leicht von jedem Punkt der Stadt aus erreicht werden. Und nicht nur Gäste erwartet man aus ganz Würzburg. Karin Jordak hofft, »dass sich Menschen aus allen Gemeinden des Dekanats als Helfer beteiligen«. Schließlich geht der Ehrgeiz der Würzburger Vesperkirche dahin, genug Personal zusammenzutrommeln, damit an den Tischen bedient werden kann und die Gäste nicht zum Buffet müssen. Außerdem sollen sie nach der Speisung am Tisch sitzen bleiben können. »So ist es persönlicher«, sagt die Pfarrerin. Für Kaffee und Kuchen steht schließlich unterhalb des Kirchenraums ein Gemeindesaal zur Verfügung.

Viele positive Reaktionen auf Vesperkirche

Neben Gemeindegliedern als Helfer haben die Vesperkirchen-Organisatoren auch Einrichtungen angesprochen und dort »ausschließlich positive Reaktionen bekommen«, sagt Pfarrerin Jordak. Die Diakonie nutzt das Gemeindezentrum während der zwei Wochen für Beratungen, die Johanniter Unfall-Hilfe erscheint mit einem Blutdruckmessgerät und einer Gesundheitsberatung.