An Kitas und Schulen ist die Corona-Ansteckungsgefahr nach einer Datenanalyse von Kinderärzten möglicherweise deutlich geringer als bisher ohnehin schon angenommen. Die Kinderärzte haben Daten von mehr als 110.000 Kindern begutachtet und ihre Analyse am Montag vorgestellt.

Ziel war es, Infos über die "Dunkelziffer" zu bekommen. Weil Kinder häufig keine Covid-19-Symptome zeigten, sei man in der Debatte bislang mitunter davon ausgegangen, dass die Infektionsrate unter Kindern und Jugendlichen deutlich höher sei. Zuerst hatte die "Passauer Neue Presse" über die Analyse berichtet.

Umgang mit den Ergebnissen

"Diese Annahme muss man aber jetzt infrage stellen", sagte der Chefarzt der Passauer Kinderklinik, Matthias Keller. Unterstützt vom Verband der leitenden Kinderärzte und Kinderchirurgen in Deutschland hat Keller mit Johannes Hübner von der Haunerschen Kinderklinik in München und Michael Kabesch von der Uni-Kinderklinik Regensburg die Daten von mehr als 110.000 jungen Patienten zusammengeführt, die seit Juli 2020 in knapp 100 deutschen Kinder- und Jugendkliniken routinemäßig auf Corona getestet wurden. Der überwiegende Teil von ihnen kam wegen anderer Erkrankungen in die Kliniken, hieß es.

Bei dieser Zufallsstichprobe kam heraus, dass zum Stichtag 18. November im Mittel nur 0,53 Prozent der Kinder und Jugendlichen positiv auf Corona getestet wurden. Hinweise auf eine unentdeckte, hohe Dunkelziffer unter Kinder gebe es daher nicht, sagte Keller.

"Wir schließen daraus auch, dass die Ansteckungsgefahr an Schulen eher überschätzt wird." Darauf deuteten auch andere Studien hin. Deren Ergebnisse legten nahe, dass Lehrer keinem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt seien. Die Analyse soll dabei helfen, "weg von Emotionen, hin zu einer daten- und sachbasierten Debatte" zu kommen.

Infektionsquellen eher im außerschulischen Bereich

Es stehe zwar außer Frage, dass sich Kinder und Jugendliche infizieren und das Virus auch weitergeben können, teilten die beteiligten Kinder- und Jugendarzt-Verbände am Montag weiter mit. Dies gelte vor allem für Jugendliche, hieß es: "Es gibt jedoch deutliche Hinweise, dass die Infektionsquellen in der Mehrzahl außerhalb des schulischen Bereichs liegen."

Behauptungen und Darstellungen wie etwa "brandgefährlicher Schulunterricht" würden durch die Datenanalyse "auch in dieser Phase der Pandemie nicht gestützt" und würden das Engagement von Eltern, Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern untergraben.

Neben den drei beteiligten Medizin-Professoren wurde die Analyse der Daten auch vom bundesweiten Verband der leitenden Kinderärzte und Kinderchirurgen, dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin sowie der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie unterstützt.