Ein Wort treibt Chorleitern auf der ganzen Welt seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie die Schweißtropfen auf die Stirn: Aerosole.

Das ist bei den Windsbachern nicht anders. Weil beim Singen die Tröpfchen in der Atemluft das Coronavirus transportieren können, ist "normales" Proben für Chöre kaum noch möglich - zumindest nicht in normaler Besetzung.

Chorproben in Zeiten von Corona

Der Windsbacher Knabenchor, eigentlich mehr als 100 Stimmen stark, probt seit einiger Zeit wieder in drei Gruppen. Allemal besser als nichts, und auch besser als Chorsingen per Videokonferenz. Chor A, B und C sind maximal 44 Sänger stark, sagt Chorleiter Martin Lehmann.

Dass die Windsbacher überhaupt wieder proben können, dafür haben sie auch gemeinsam mit anderen Knabenchören wie den Domspatzen aus Regensburg gekämpft - und sich öffentlich zu Wort gemeldet.

Der derzeitige Chorbetrieb

Doch natürlich machen sich die aktuellen Hygiene-Vorschriften im derzeitigen Chorbetrieb bemerkbar.

"Wenn drei kleine Windsbacher Knabenchöre parallel arbeiten, weil man nur so überhaupt proben kann, dann ist es natürlich schwierig, eine Handschrift im großen Ensemble zu halten", sagt Lehmann.

Die drei kleinen Chöre proben getrennt, es gibt keinen Austausch, um mögliche Infektionen nachvollziehen zu können.

Einschränkungen durch die Pandemie

"Bislang gab es noch keinen positiven Fall bei uns - weder bei den Sängern, noch beim Personal", sagt der Internatsleiter Pfarrer Thomas Miederer. Doch schon allein mögliche Verdachtsfälle sind eine enorme Herausforderung.

"Wer Symptome hat, muss alleine in seinem Zimmer bleiben", erläutert er. Der Zimmer-Mitbewohner müsse ausziehen, bis ein negatives Testergebnis vorliegt: "Das dauert bis zu sieben Tage."

In dieser Zeit seien die Kinder quasi isoliert - das sei schon im häuslichen Umfeld schwierig, in einem Internat besonders. "Wir geben das Beste für unsere Jungs. Trotzdem ist der Alltag seit Corona ein anderer."

Das aktuelle Programm

Lehmann und Miederer blicken optimistisch in die Zukunft. Inzwischen stand der Chor auch schon mal wieder mit 29 Sängern auf einmal auf der Bühne - immer mit zwei Meter Abstand zwischen allen Jungs.

"Wir machen mehr liturgische Auftritte in Gottesdiensten mit Kleingruppen, wir entwickeln neue Formate und streamen Konzerte", sagt Lehmann.

Und trotzdem fehlt etwas: Eine zweichörige Bachmotette mit bis zu acht Stimmen könne man derzeit weder proben noch aufführen. "Je länger das nicht geht, desto mehr 'wächst' dieses Repertoire und das Wissen darum aus dem Windsbacher Knabenchor heraus", sagt Lehmann.

"Achilles-Ferse" des Knabenchors

Und noch ein Schuh drückt ihn: Zwar konnten die Windsbacher zum Beginn des neuen Schuljahres 18 neue Sänger bei sich aufnehmen. Mit Blick auf die Beschränkungen des öffentlichen Lebens seit März sei das geradezu phänomenal.

Doch weil es für die Nachwuchs-Koordinatoren des Chores nach wie vor nicht möglich sei, wie in den Vorjahren an den Grundschulen für den Knabenchor und sein Internat zu werben, sorgt sich der Chorleiter um den Nachwuchs: "Das ist unsere Achilles-Ferse."

Vorsingen sei trotz Corona möglich, Präsenztermine dafür stehen schon fest. Man habe dafür in Windsbach ausreichend große Räume.

Erschwerte Konzert-Planung

Auch für die Knabenchor-Konzertmanagerin Claudia Brinke hat sich die Arbeit durch Corona stark verändert. Aktuell plane sie maximal vier bis acht Wochen voraus - mehr sei nicht möglich.

Normalerweise werden die Chorkonzerte aber bis zu zwei bis drei Jahre im Voraus gebucht. Im Moment geht sie davon aus, dass die Windsbacher in der Adventszeit im Großraum Nürnberg und Ansbach in kleiner Besetzung weihnachtliche A-cappella-Konzerte geben werden.

Größere Auftritte, wie zum Beispiel Händels "Messiah" mit dem La Folia Barockorchester, wurden abgesagt. "Mit maximal 200 Gästen ist das nicht wirtschaftlich machbar."

Die wirtschaftliche Lage 

Wirtschaftlich steht der Chor insgesamt allerdings sehr solide da. "Der Alltag des Chors ist finanziell gesichert", sagt Pfarrer Miederer.

Internat und Probenbetrieb sind durch die Elternbeiträge sowie die Zuschüsse der bayerischen evangelischen Landeskirche und des Freistaats abgedeckt. "Natürlich fehlen die Einnahmen aus Konzerten", sagt Brinke.

Aber ohne große Auftritte mit Musikern habe man eben auch weniger Ausgaben, betont Chorchef Lehmann, der sich eine baldige Rückkehr zur "Vor-Corona-Normalität" wünscht: "Die Klassik-Szene geht davon aus, dass ab 2022 wieder Konzerte 'wie früher' stattfinden dürfen. Wir hoffen darauf."