Ängste haben derzeit Konjunktur in Deutschland. Angst vor sozialem Abstieg, Angst vor der Globalisierung und der digitalen Welt. Viel Bauchgefühl ist da im Spiel. Doch ernst zu nehmen ist es allemal. Ängste gefährden die Demokratie und den sozialen Zusammenhalt.

Die Auswüchse in den sozialen Medien, die überbordende Macht moderner Datenkonzerne, die digitale Transformation der Arbeitswelt: Dafür muss die Politik endlich einen zukunftsfähigen, ordnenden Rahmen setzen. Auch die Kirchen sollten sich dabei zur Mitgestaltung verpflichtet fühlen.

Kirche muss digitale Bildungsangebote stärken

Zu Recht hat Bayerns Landesbischof Bedford-Strohm – den seit seinem Amtsantritt das Etikett "Facebook-Bischof" begleitet – als Konsequenz aus dem jüngsten Facebook-Skandal nicht etwa den Rückzug der Kirche aus dem Internet gefordert. Nein, sie müsse auch dort weiter vertreten sein, wolle sie nah am Leben der Menschen sein. Nötig sei vielmehr eine intensive Diskussion über die Regeln, die bei der Online-Kommunikation und beim Umgang mit Daten gelten sollen.

Ich meine: Über die Regelungen der neuen europäischen Datenschutz-Grundverordnung geht das noch hinaus. Es ist legitim, dass die Kirchen ethische Digital-Standards anmahnen – umso mehr, als sie diese selbst schon beherzigen. Sie könnten aber beispielsweise in Sachen Medienpädagogik ruhig noch aktiver werden. Die Frohe Botschaft auch per Internet weiterzutragen oder sich in den sozialen Medien als Dialogpartner anzubieten, reicht nicht. Gerade in Zeiten des Umbruchs sollten die Kirchen ihre Bildungsangebote stärker als bisher auf die digitalen Herausforderungen fokussieren.

Kirchen müssen real und digital für Menschen da sein

Und gegenüber der Politik sollten sie darüber hinaus eine anwaltschaftliche Rolle für die von der Digitalisierung abgehängten Menschen übernehmen. Dabei geht es um die Verdrängung traditioneller Arbeitsplätze durch Roboter und künstliche Intelligenz, um lebenslanges Lernen für immer neue Jobs, um das Los der weniger Qualifizierten und ganz grundsätzlich um menschenwürdige Arbeit und Entlohnung.

Zunehmende Flexibilisierung wird auch eine Neujustierung von Arbeits- und Freizeit erfordern – mit Folgen für das soziale Gefüge, insbesondere für Familien. Hier sollten sich die Kirchen wirtschaftsethisch besonders einbringen. Was ihre ureigenen Aufgaben in den Gemeinden angeht, so wird man vom Gottesdienst bis zur Familienarbeit einiges überdenken müssen. Die persönlichen, analogen Besuchsdienste etwa oder die spirituellen Angebote für Auszeiten sollten noch mehr Gewicht bekommen.

Mittendrin im digitalen Zeitalter und auch daneben ganz real und ohne Abstriche für die Menschen da zu sein: Diesen Spagat müssen die Kirchen schaffen.