Wenn Studierende Schüler aus stark benachteiligten Verhältnissen unterstützen, haben es diese einer neuen Studie zufolge auf dem Arbeitsmarkt deutlich leichter.

Die für diese Jugendlichen zu erwartenden Einkommenseffekte überstiegen die Kosten des Mentoring-Programms um ein Vielfaches, sagte Ludger Wößmann, der das ifo Zentrum für Bildungsökonomik leitet, bei der Vorstellung der neuen Studie in München.

Bei Jugendlichen aus weniger benachteiligten familiären Verhältnissen dagegen habe das Programm fast keine solchen Effekte gebracht.

"Rock your life" Mentoring

In einem mehrjährigen Projekt untersuchte das ifo Institut die Wirksamkeit eines großen deutschen Mentoring-Programms namens "Rock your life!". An der Studie nahmen 308 Jugendliche aus 19 Schulen teil.

Knapp 60 Prozent der Teilnehmer hatten einen Migrationshintergrund, jeder vierte Jugendliche in der Stichprobe lebte in einem alleinerziehenden Haushalt. Als "stark benachteiligt" definierte das ifo Institut für die Studie Schüler aus Haushalten, in denen es nicht mehr als 25 Bücher gibt.

Die Auswertung zeigte: Die Mentoren konnten die Noten der Acht- und Neuntklässler aus stark benachteiligten Verhältnissen ein Jahr nach Programmstart, ihre Geduld, ihre Sozialkompetenzen sowie ihre Arbeitsmarktorientierung verbessern.

"Die Studienergebnisse zeigen, dass wir durch unser Mentoring noch recht spät in der Bildungsbiographie der sozial benachteiligten Jugendlichen die Lücke schließen können, die sich qua Herkunft unverschuldet aufgetan hat", sagte "Rock your Life!"-Geschäftsführerin Elisabeth Hahnke.

"Jugendliche tragen alles in sich"

Denn stark benachteiligte Jugendliche bekämen oft wenig Hilfe von ihren Eltern, Unterschiede in der familiären Unterstützung seien jedoch ein wesentlicher Faktor für soziale Ungleichheit.

So könne es nach Berechnungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) in Deutschland sechs Generationen dauern, bis die Nachkommen einer einkommensschwachen Familie das Durchschnittseinkommen erreichen.

Die Studie zeige weiter, dass die Jugendlichen alles in sich tragen, um erfolgreich zu sein, sagte Hahnke. Sie brauchten nur etwas Unterstützung. Die Studierenden suchen gemeinsam mit den Schülern Praktikums- und Ausbildungsstellen, teilweise bei lokalen Unternehmenspartnern des Projekts, sie schreiben zusammen Lebensläufe.

Die Paten versuchten, die Schüler genau kennenzulernen und sie in ihren Begabungen und Zielen zu stärken. Zentral für die Entwicklung der Jugendlichen sei es, betonte Hahnke, dass sie einfach jemanden an ihrer Seite haben, der an sie glaubt.

Studierende als Unterstützung 

Die Studenten seien dabei "eher Freunde als Lehrer", sagte Sven Resnjanskij vom ifo Institut. Die Kombination sei spannend und ergänze sich gut. Sie helfe Vorurteile abzubauen, denn es träfen Menschen aufeinander, die sich sonst in einer Gesellschaft, in der die Schere zwischen Bildungsnahen und Bildungsfernen immer mehr auseinander gehe, vielleicht nie getroffen hätten.

"Rock your life!" wurde 2008 von einer Gruppe von Studierenden ins Leben gerufen und wird in 42 Städten in Deutschland angeboten. Das Programm richtet sich an bestimmte Jugendliche in Hauptschulen sowie vergleichbaren Schulformen in benachteiligten Stadtvierteln und stellt ihnen Studierende als ehrenamtliche Paten zur Seite.

Ziel ist ein erfolgreicher Übergang von der Schule in eine berufliche Ausbildung oder in die Oberstufe.

ifo-Studie - Forderung nach weiteren Programmen

"Wir dürfen es als Gesellschaft nicht zulassen, dass eine ganze Generation unverschuldet verloren geht", betonte Hahnke. Daher brauche es mehr solcher Programme und mehr Bereitschaft von Unternehmen, ihre Stellen auch für sozial benachteiligte Jugendliche zu öffnen.

"Solche Programme brauchen wir viel öfter", teilte auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), mit. Sie bauten für Jugendliche aus bildungsfernen Familien eine Brücke in die Ausbildung und verbessert damit ihre Arbeitsmarktchancen.

Die ifo-Studie wurde zusammen mit der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt durchgeführt.