Gewehre, Pumpguns, Maschinenpistolen, Colts und Schwerter - es ist erstaunlich, was die Aktion "Weltweit Plastikwaffen sammeln" zutage förderte. Das Nürnberger Papiertheater initiierte das internationale Friedensprojekt vor einem Jahr. Nun wurde aus den rund 1.000 Spielzeugwaffen in Nürnberg eine vier Meter hohe "Skulptur des Friedens" geschaffen. Rund 400 Grundschüler waren am 18. Oktober dabei, um in der Schule gesammelte Waffen abzugeben und beim Bau der Skulptur zuzuschauen.

Die Abrüstung in den Kinderzimmern dieser Welt war wohl die größte Aktion dieser Art.

Kinder aus den USA, Australien oder Malaysia beteiligten sich und schickten ihr Waffenarsenal mit Namen und Friedenswünschen zur Sammelstelle ins Nürnberger Spielzeugmuseum. Eine Nürnberger Familie ließ die Kriegsgeräte kurz vor Sammlungsschluss von einem Taxifahrer abgeben, weil sich das Kind unbedingt noch beteiligen wollte. Die Ex-Bundesfamilienministerin und Grande Dame der Bayern-SPD, Renate Schmidt, gab offiziell den Startschuss für den Bau der Skulptur.

Nicht nur durch den Einmarsch türkischer Truppen ins syrische Kurdengebiet hat das Friedensprojekt der Kinder neue Tagesaktualität gewonnen. Auch wenn man - wie diesen - eher die Kriege in der Nähe wahrnehme, "jeden Tag ist irgendwo auf der Welt Krieg". Es sei "abartig", sich nur über Zwei-Prozent-Ziele des Verteidigungshaushalts zu unterhalten, anstatt eine neue Entspannungs- und Friedenspolitik zu diskutieren, stellte Schmidt fest.

Sie bescheinigte der Aktion auch einen pädagogischen Faktor. Denn manchen Kindern sei es schwer gefallen, sich von ihren Plastikwaffen zu trennen, obwohl zuvor als häufigster Kinderwunsch länderübergreifend "Frieden für unsere Welt" identifiziert worden sei. Das sei der Unterschied zwischen Wünschen und Handeln, eine "Forderung nach Frieden ist schnell hingeschrieben, aber selbst im Kinderzimmer schwer umzusetzen", sagte Schmidt. 

Dieser Konflikt ist bei manchen Kindern zu beobachten. Angesichts des Waffenarsenals staunten einige und suchten sich immer wieder einzelne Waffen zum Spielen aus.

Ein Neunjähriger räumt ein, "manchmal macht es Spaß, Leute abzuschießen - auch wenn es doof ist".

Diese Erfahrung hat auch der Initiator und Künstler Johannes Volkmann mit seinem Papiertheater gemacht, allerdings eher mit den Erwachsenen. "Das Projekt polarisiert wie kaum ein anderes", berichtet er. Es gebe einerseits Menschen, die die Kinder weiter mit Wasserspritzpistolen oder Räuber und Gendarm spielen lassen wollen. Andere sehen darin ein Friedensprojekt, an dem Kinder mit Taschengeldbudget teilnehmen können.

Volkmann hat für das Anschlussprojekt den riesigen Innenhof des unvollendeten Nazi-Baus, die Nürnberger Kongresshalle, gewählt. Für Volkmann "gibt es keinen stärkeren Ort, der reibungsvoller ist". Vor der Kulisse des wuchtigen Backsteinbaus, der für das vermeintlich 1.000-jährige Reichs und seine Verbrechen stehe, werde von Kindern unterschiedlicher Nationen eine Friedensskulptur gestaltet. Den engagierten Papiertheater-Macher Volkmann treibt aber schon eine weitere Vision um. Er möchte die Idee noch weiter tragen und zusätzliche zwei bis drei Jahre Plastikwaffen sammeln. Damit möchte er weitere "Säulen des Friedens schaffen, um am Ende aus all den "Skulpturensäulen einen Tempel der Entwaffnung" zu errichten.

Weitere Unterstützung dafür ist Volkmann sicher, beispielsweise von der serbischen Deutschlehrerin Valentina Andrewicz.

Sie ist mit einer Handvoll Schülern und der Hilfe des Goethe-Instituts nach Nürnberg gekommen. Sie musste, als sie vom Friedensprojekt des Papiertheaters zum ersten Mal gehört hatte, an den Jugoslawienkrieg in den 1990er Jahren denken. Sie konnte sich als junge Frau bei Kriegsausbruch nicht vorstellen, dass sie so etwas in ihrem Land erleben muss. "Ich habe geglaubt, dass wir in Europa für immer friedlich leben werden." Ihre Lektion im Nachhinein: "Es gibt keine Sieger, nur Opfer und zerstörte Städte."

Auch ihre Schüler haben ihr das Mitmachen nicht leicht gemacht. Einige hätten abgewinkt und gesagt, sie hätten keine Plastikwaffen, andere wollten sie nicht zum Sammeln abgeben. Erst als die Deutschlehrerin das Friedensprojekt genauer erklärte, wechselte die Haltung der Schüler in Bereitschaft. Am Ende konnte sie über 50 Spielzeugwaffen mitbringen. Sie sei nicht nur Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache, sondern auch Erzieherin. "Sich für Frieden und gegen Krieg einzusetzen ist eine wichtige Angelegenheit für uns alle - für die ganze Welt."