Das Basiswissen ist bei allen gleich: Frauen und Männer, die in einer Kita arbeiten, haben eine Berufsfachschule für Kinderpflege oder eine Fachakademie absolviert. "Aber wir werden nicht gleich behandelt", ist Gentiana Llapashtica überzeugt. Die 24-Jährige Kinderpflegerin hat ein "Vermittlungshemmnis", wie sie es nennt: "Ich bin Muslima." Nach dem Ende ihrer Ausbildung im Jahr 2013 suchte sie zwei Jahre lang vergeblich nach einem festen Job. "Weil ich Muslima bin, wurden meine Bewerbungen abgelehnt", glaubt sie. 20 Mal geschah das.

Eigentlich wollte Llapashtica Erzieherin werden, doch von diesem Plan kam sie ab: "Schon in der Berufsfachschule hörte ich, dass ich es mal schwer haben werde, einen Job zu bekommen, deshalb war mir das Risiko zu groß." Auch als Kinderpflegerin schaffte die in Deutschland geborene Kosovarin erst nach zwei Jahren den Berufseinstieg: "Ich erhielt eine Teilzeitstelle in der Nachmittagsbetreuung an einer Schule." 750 Euro verdiente sie im Monat. Viel zu wenig. Vor eineinhalb Jahren wendete sich das Blatt: Llapashtica ist seither in der interkulturellen Kita "Kleiner Globus" der Arbeiterwohlfahrt in Würzburg angestellt.

Evangelischer Kita-Verband: Kinder sollen andere Religionen kennenlernen

Muslima haben es in christlichen Kitas schwer, bestätigt Lisa Labisch, die den "Kleinen Globus" leitet: "Bei Vorstellungsgesprächen bekomme ich das immer wieder mit." Sie verstehe das nicht: "Es gibt fast keine Kita-Gruppe ohne muslimische Kinder mehr, von daher ist es doch wunderbar, dass wir nun auch muslimische Erzieherinnen haben." Christliche Kitas, die sich auf muslimische Fachkräfte einlassen, erlebten dies oft als Bereicherung, erklärt Christa Kieferle vom Staatsinstitut für Frühpädagogik in München. "Wenn wir eine Pädagogik der Vielfalt ernst nehmen, gibt es gar keinen Grund, eine muslimische Fachkraft nicht in ein Team aufzunehmen", sagt die wissenschaftliche Referentin.

Im Zeitalter der Globalisierung sei es wichtig, dass sich Kitas öffnen, meint auch der Evangelische Kita-Verband Bayern. "In evangelischen Kitas wird heute meist das Prinzip der interreligiösen Gastfreundschaft praktiziert", sagt Vorständin Christiane Münderlein. Das bedeute, dass Kinder ihren Glauben vertiefen und andere Religionen kennenlernen: "Erscheint es aufgrund eines hohen Anteils an muslimischen Kindern wichtig, nahe an der Religion der Familien zu sein, empfiehlt es sich, muslimische Erzieherinnen einzustellen." Diese könnten dazu beitragen, dass Kinder ihre religiöse Differenz ohne Diskriminierung erleben.

Die aktuelle Entwicklung in Richtung "Multikulti" führte dazu, dass sich auch katholische Kitas öffneten. Sagt ein Kita-Träger "Ja" zu einer muslimischen Erzieherin, bedeutet das noch lange nicht, dass auch das Team der Kita die Entscheidung mitträgt, äußert der Vorsitzende eines katholischen Kindergarten-Trägervereins in Unterfranken. "Wir hatten schon sehr gute muslimische Bewerberinnen, doch das Team unseres Kindergartens - nicht wir als Träger - hatte damit massive Probleme", berichtet er. Es habe der Muslima schlicht nicht zugetraut, christliche Werte, etwa über biblische Geschichten, zu vermitteln: "Obwohl die Bewerberinnen bereit waren, sich damit zu beschäftigen."

Stadt München wirbt für interkulturelle Teams in Kitas

In München hat man auf den gesellschaftlichen Wandel längst reagiert. "Interkulturelle Teams bereichern den Alltag, unterstützen den Integrationsgedanken und schaffen eine weltoffene Atmosphäre", sagt Ursula Oberhuber vom Bildungsreferat der Landeshauptstadt. Die aktuelle Werbekampagne der Kommune um Kita-Personal zeigt Fachkräfte sowohl mit als auch ohne Kopftuch. Auf einem Bild, das Erzieherinnen und Erzieher animieren soll, sich zu bewerben, hält eine von kleinen Kindern umringte Muslima fröhlich lachend ein Bilderbuch in die Runde. Oberhuber sagt dazu: "Bewerbungen von Personen jeglicher Kultur sind bei uns willkommen."

Muslimische Erzieherinnen bringen wertvolle Erfahrungen ein, heißt es auch aus dem Landratsamt in Augsburg. Die schwäbische Kommune, Aufsichtsbehörde für die Kindertagestätten im Kreis, wünscht sich ausdrücklich, dass das Thema "Diversität" bei der Einstellung von pädagogischen Personal berücksichtigt wird, sagt Jens Reitlinger von der Pressestelle. Wichtig sei natürlich, dass die Bewerberinnen Deutsch-Sprachkenntnisse auf B2-Niveau nachweisen können.

Muslimische Erzieherin mit Zweitjob

Wie fatal sich das Bekenntnis "Islam" auswirken kann, erfuhr auch Banu Scholz. Der 37-jährigen Erzieherin, die in der Rhön bei türkischen Eltern aufwuchs, sieht man ihren Migrationshintergrund nicht an. Sie hat blaue Augen, kleidet sich "westlich" und hat einen deutschen Pass. Dennoch hat sie schlechte Erfahrungen bei der Jobsuche gemacht. Direkt nach der Ausbildung erhielt sie auf 75 Bewerbungen Absagen. "Zwischendurch war ich in Berlin, da war alles kein Problem", sagt die Mutter eines zweijährigen Sohnes und einer wenige Monate alten Tochter. Zurück in Unterfranken fingen die Probleme erneut an.

Ihr bleibe wohl nichts anderes übrig, künftig in ihrem zweiten Job zu arbeiten: "Ich habe vor wenigen Jahren Kommunikationsdesign studiert und war als Fotografin tätig", sagt Scholz. Doch ihr Herz hängt am Beruf der Erzieherin. Aktuell arbeitet sie in Teilzeit bei einem nicht-kirchlichen Träger nachmittags in der Schülerbetreuung. Wenn ihr Sohn bald in die Schule geht, möchte sie lieber vormittags arbeiten. Die einst erlebten Demütigungen bei Bewerbungsgesprächen will sie aber nicht nocheinmal erfahren: "Ich wurde vor allem zu religiösen, nicht zu pädagogischen Themen befragt."