US-Präsident Donald Trump gilt vielen Vertretern der sogenannten Lebensschutzbewegung als guter Präsident. Er habe sein Versprechen eingehalten, das "Recht auf Leben immer zu verteidigen", sagen sie - und er hat das Oberste Gericht entsprechend umbesetzt. Erstmals seit zwei neue Trump-Richter im Amt sind, befasst sich der neunköpfige Gerichtshof am 4. März mit Abtreibungsrestriktionen. Brett Kavanaugh und Neil Gorsuch gelten als Abtreibungsgegner. Laut dem Grundsatzurteil von 1973 darf die Regierung das Recht auf Abtreibung bis zur unabhängigen Lebensfähigkeit des Fötus nicht einschränken. Am Freitag wollen Abtreibungsgegner auf ihrer großen jährlichen Kundgebung in Washington diese Position erneut infrage stellen.

Würden die Richter dieses Urteil nun kippen oder deutlich schwächen, könnten die USA beim Schwangerschaftsabbruch bald zweigeteilt sein: Republikanisch regierte Staaten wie Mississippi, Missouri und Louisiana würden Abtreibung verbieten oder den Zugang so erschweren, dass restriktive Vorschriften einem Verbot gleichkämen. US-Staaten mit Demokraten an der Macht wie Kalifornien, New York und Maryland hingegen würden Abtreibung weiterhin erlauben.

Kaum ein Anliegen weckt in den USA so starke Emotionen und so heftige politische Zusammenstöße wie das Recht auf Abtreibung. Frauen müssten darüber entscheiden dürfen, betonen alle Präsidentschaftsanwärter der Demokratischen Partei. Politiker der Republikanischen Partei befürworten einstimmig den "Lebensschutz".

Urteil von 1973: Römisch-katholische Kirche protestierte

Das Urteil von 1973 stieß sofort auf Protest bei der römisch-katholischen Kirche. Wenig später haben sich auch evangelikal-protestantisch orientierte Christen angeschlossen. Die evangelikale Haltung war nicht immer so. Noch 1971 sprach sich der Südliche Baptistenverband, die größte protestantische Kirche, für die "Heiligkeit des menschlichen Lebens" aus. Zugleich forderte der Verband jedoch auch Gesetze, um Abtreibungen zu erlauben bei "fötaler Missbildung" und mit Rücksicht auf möglichen Schaden der "emotionalen, mentalen und physischen Gesundheit der Mutter".

Mit einer Salami-Taktik haben die Abtreibungsgegner das Recht auf Schwangerschaftsabbruch über Jahre hinweg geschwächt. Bereits heute gibt es in sechs Staaten nur eine Klinik für Abtreibungen. Die Tür zu Restriktionen ging 1992 weit auf, als das Oberste Gericht zugestand, Bundesstaaten dürften Abtreibungen "regulieren", wenn dies keine "unzumutbare" Belastung darstelle.

Konservative Politiker haben zahlreiche Entwürfe für eine Regulierung durchgesetzt. Laut dem Guttmacher-Institut zur Familienplanung schreiben 27 der 50 Staaten eine Wartezeit von 24 bis 72 Stunden zwischen der ärztlichen Beratung und dem Abbruch vor.

Mit Ultraschallbildern gegen Schwangerschaftsabbrüche

In elf Bundesstaaten müssten Ärzte vor jedem geplanten Abbruch eine Ultraschalluntersuchung vornehmen. In drei müssten sie die Aufnahmen der schwangeren Frau zeigen, hieß es weiter. Ultraschall sei in den allermeisten Fällen nicht nötig, konterte der Verband NARAL Pro-Choice America. Unter Zwang vorgenommene Untersuchungen schikanierten die Frauen.

Abtreibungsgegner dagegen hoffen auf eine Wirkung solcher Untersuchungen. Eine Kommission des Südlichen Baptistenverbandes kaufte Ultraschallgeräte für sogenannte Schwangerschaftszentren, die Frauen helfen wollen, ungewollte Schwangerschaften auszutragen. Es mache wirklich einen Unterschied, wenn eine Frau das Ultraschallbild sehe, sagte die Leiterin der Liberty-Frauenklinik in Kansas City im US-Staat Missouri, Carol Graham, im baptistischen Informationsdienst.

In dem Fall vor dem Obersten Gericht im März geht es um einen Gesetzesvorschlag in Louisiana. Dort müssten dann Ärzte, die Abtreibungen ausführen, an einem nahe gelegenen Krankenhaus zugelassen sein. Man sorge sich um das Wohl der Frauen, hieß es. Eine betroffene Klinik protestierte, wegen der Vorschrift könnte es in Louisiana nur noch einen Arzt für Abtreibungen geben.

Der Rechtsstreit gilt als Hinweis auf die Haltung des Obersten Gerichtes: 2016 hatte der Gerichtshof mit fünf zu drei Stimmen ein nahezu identisches Gesetz für verfassungswidrig erklärt. Gorsuch und Kavanaugh waren damals noch keine Richter. Der "Zugang zur Abtreibung hängt an einem Faden", warnte die Interims-Präsidentin des liberalen Familienplanungsverbandes Planned Parenthood, Alexis McGill Johnson. Bei diesem Fall "könnte der Faden reißen".