Warum brauchen Väter von behinderten Kindern ein eigenes pädagogisches Konzept?

Daniel Wilms: Weil sie sich von den klassischen Konzepten der Behindertenhilfe nicht angesprochen fühlen. Väter reden ungern, wenn Reden auf dem Programm steht. Sie reden gern nebenbei, beim Wandern oder Büsche schneiden. Männer wollen etwas tun und dabei ins Gespräch kommen. Dann kommen sie oft sehr schnell und unverblümt zur Sache, bringen auch Trauer, Frust, Ärger oder Freude zum Ausdruck und suchen den Austausch mit den Fachkräften. Und:

Väter wollen lieber den Blick auf Verbesserungsmöglichkeiten legen, als die Probleme zu diskutieren.

Worauf kommt es an, wenn Beratungsstellen Angebote für Väter entwickeln wollen?

Wilms: Es geht darum, das eigene Männerbild zu reflektieren. Da geht es um einfache Gestaltungsfragen: Schreibe ich in eine Einladung "Liebe Eltern" oder "liebe Mütter, liebe Väter"? Sind auf den Fotos in der Einrichtung auch Männer zu sehen? Was sind die Bedürfnisse der Väter in der Einrichtung? Welche Aktionen könnten sie interessieren? Da müssen die meist weiblichen Fachkräfte oft auch ihr Berufsbild reflektieren und neues, auch unbekanntes Terrain betreten. Zugleich müssen sie aushalten, dass man den pädagogischen Effekt von Väterarbeit nicht planen kann. Unsere Erfahrung zeigt aber: Auch bei einem Nachmittag gemeinsamer Gartenarbeit passiert etwas.

Grundsätzlich brauchen Angebote für Väter einen längeren Atem – aber wenn Väter kommen, bleiben sie auch.

Was bringen Angebote für Väter von Kindern mit Behinderung?

Wilms: Väter haben einen positiven Einfluss auf ihre Kinder, denn sie fördern ihr explorierendes Verhalten. Väterarbeit unterstützt und motiviert Männer bei der Findung ihrer Rolle. Das führt zur Entlastung der Mütter und verschiebt die Rollen, die gerade bei Familien mit behinderten Kindern oft traditionell sind. Im Jugendhilfebereich gibt es Väterangebote schon seit rund 25 Jahren – mit großem Erfolg. In der Behindertenhilfe spielen sie bislang keine Rolle. Das soll sich mit der Handreichung ändern.