Drei große Rahmen aus Holz stehen derzeit an drei Orten an der Pegnitz in Nürnberg.

Das freie Kollektiv N.ORT und das Bewerbungsbüro "Kulturhauptstadt Europas 2025" hat sie für das Projekt "Hello Pegnitz" installiert.

Sie sollen den Blick auf den Pegnitzfluss einrahmen. Eine von zahlreichen Ideen zur Bewerbung Nürnbergs als Kulturhauptstadt Europas 2025. Die biegt gerade auf die Zielgerade ein.

Der Wettbewerb

Das zweite Bewerbungsbuch, das sogenannte bid book 2, ist inzwischen bei der Kulturstiftung der Länder eingegangen. Neben der Frankenmetropole sind noch die Städte Chemnitz, Hannover, Hildesheim und Magdeburg im Rennen.

Bis Ende dieses Jahrs wird die deutsche Siegerstadt dann offiziell gekürt. Neben Deutschland ist auch Slowenien berechtigt, für das Jahr 2025 eine Europäische Kulturhauptstadt zu stellen.

Nürnbergs Programm für den Wettbewerb

2016 hatte der Nürnberger Stadtrat erneut für einen Anlauf gestimmt, in das langwierige Bewerbungsverfahren zu gehen.

1999 und 2000 scheiterten die kulturellen Titelambitionen. Nun tritt die Noris unter dem Motto "Past Forward" an, was ziemlich frei und programmatisch als "Vergangenheit vor Augen und die Zukunft im Blick" übersetzt werden kann.

Das historische Erbe der einstigen Reichsstadt und Nazi-Hochburg soll beispielsweise bezüglich alltäglicher Teilhabe und Menschenrechte diskutiert werden. Vielfalt und Internationalität der Stadtgesellschaft soll stärker in die öffentliche Wahrnehmung gerückt werden.

Das Ganze soll an den drei Themen Menschlichkeit, Weltgestaltung und Miteinander bearbeitet werden.

Gemeinsam zum Titel

Für das Projekt hat sich die Stadt das Kürzel N2025 ausgedacht, für das Bewerbungsbüro den Musikwissenschaftler Professor Hans-Joachim Wagner geholt.

Seine persönliche Lektion aus der erfolglosen Bewerbung der Stadt Köln: Ohne breite Unterstützung der Bürger für N2025 werde die Bewerbung scheitern, sagte der Kulturmanager bei seinem Dienstantritt Anfang 2018.

Ein regionales Miteinander wird sich auch im Programm abbilden. 41 Gemeinden, Städte, Landkreise und der Bezirk Mittelfranken haben ihre Teilnahme als Programmpartner bekräftigt.

Darunter findet sich beispielsweise die oberfränkische Weltkulturerbe-Stadt Bamberg, Neumarkt in der Oberpfalz oder das südthüringische Sonneberg - allesamt auch Mitglieder der Metropolregion Nürnberg.

Der spektakuläre Auftakt

Ein spektakulärer Auftakt beim Miteinander mit den Nürnbergern war die Aktion "Boulevard Babel". Die hochfrequentierte Wölkernstraße in der Südstadt, in der über 80 Muttersprachen beheimatet sind, wurde an einem Sommersamstag gesperrt, Autos und Straßenbahnen waren Tabu.

Stattdessen wurde Rollrasen verlegt und der baumlose Abschnitt mit Pflanzen begrünt. Die Idee war es, einen multikulturellen Boulevard zu schaffen, der auf Austausch und Kommunikation setzte. Auch für anderen Formen des Ausdrucks, etwa durch Tanz, Spiel oder Musik, wurden Podien geschaffen.

Weitere Projekte im Rahmen des Bewerbungsverfahrens

Mit weiteren Formaten ging es unter anderem darum, Gesichter und persönliche Geschichten sichtbar zu machen.

Ideen und Wünsche von Kindern und Jugendlichen wurden in einem eigenen Kulturhauptstadtbewerbungsbuch gebündelt.

Das Projekt Songlines entwickelt mit Musikern aus Nürnberg, der Region und Europa eine interaktive Kartographie des Liedes.

Das Ausstellungsprojekt Stadtmacherei fächert die Vielfalt der kreativwirtschaftlichen Szene auf, die neue Ansätze für das kulturelle und gesellschaftliche Leben im urbanen Raum mit gestalten.

Das einzigartige Haus des Spielens thematisiert Spielkultur und Spielkonzepte der Zukunft.

Installation in der Stadt 

Und derzeit "Hello Pegnitz", die Aktion mit den Holzrahmen. Für Wagner wirft dieses "wichtige und großartige Projekt", die Frage auf, wie man im 21. Jahrhundert mit dem öffentlichen Raum umgehe, wem er gehöre und wie man in Zukunft mit dem Fluss umgehen könne.

"2025 kann es mitten in der Stadt ein Freibad geben", beschreibt er seine Vision.

Das N.ORT Kollektiv will mit diesen Installationen neue Erfahrungen von Kultur und Gedanken zur Nachhaltigkeit schaffen. 

An der Maxbrücke findet sich zusätzlich auch eine Mülltonne mit Lebensmitteln, um legal containern zu können. Während Gerichte das Mitnehmen von Essen aus Supermarktcontainern als Diebstahl verurteilen, soll hier über den Umgang mit Verschwendung und Ressourcen nachgedacht werden.

An der Spitalbrücke ist eine kleine Bühne aufgebaut, die Raum für jegliche Formate bietet.

Lesungen, Musik und vieles andere ist denkbar, ein improvisiertes Cafe mit geretteten Lebensmitteln soll der Stärkung dienen. Auf diese Weise soll kulturelle und künstlerische Teilhabe niederschwellig möglich sein.

Doch manche Passanten gehen achtlos vorbei, weil sie Kultur nur in Museen und Schauspiel erwarten. Aus dem benachbarten Fenster des angrenzenden Altenheims wurde der Aufbau argwöhnisch beäugt: "Macht nicht so lang und nicht zu laut", wurde dem Kollektiv zugerufen.

Einschränkungen durch die Corona-Pandemie

Corona allerdings hat den ganzen Bewerbungsprozess einen deutlichen Schlag versetzt.

Wegen Abstandsgebot und Prävention fällt in allen fünf Bewerberstädten der Jurybesuch aus. Stattdessen ist eine digitale Präsentation gefragt.

Man könne dabei allerdings weder auf Stimmungen und Reaktionen eingehen, noch sei die Atmosphäre einer Stadt lebendig spürbar. "Ich bin frustriert", konstatiert Wagner, denn viele "tolle Ideen funktionieren am Bildschirm nicht."

Selbst die finale Präsentation in der letzten Oktoberwoche wird digital stattfinden, ohne dass die Bewerber die Jurymitglieder überhaupt sehen können.

Ein Schub für Kulturszene

Wagner lässt sich allerdings nicht beirren, er nehme Zuversicht in der Stadt wahr, dass die Bewerbung diesmal gekrönt wird.

Aber der Bewerbungsprozess selbst habe mit Initiativen, Beteiligungen und neuen Vernetzungen dafür gesorgt, dass Bewährtes hinterfragt und die gesamte Kunst- und Kulturszene einen Schub bekommen habe. "Das ist auch ein Gewin