Abschied nehmen

Abschied ist ein bisschen wie sterben. Das war mal ein Hit von Katja Ebstein. "Abschied ist ein bisschen wie sterben. Wenn du nicht mehr bei mir bist, fühle ich mich so leer"  singt sie. Da gehst es natürlich darum, dass der Ehemann die Frau verlässt. Und das ist vielleicht neben dem Tod, dem endgültigen Abschied, das schlimmste, was einem Menschen passieren kann: Verlassen werden. Zurückgewiesen werden. Ich bin weg. Adieu. Klar: das fühlt sich an, als würde man sterben.

Partir, c’est mourir un peu. In diesem französischen Sprichwort wird das gut ausgedrückt, finde ich: Weggehen, das ist ein wenig sterben. Abschiede haben mit weggehen zu tun, dazu müssen sie ja nicht gleich immer so groß und endgültig sein, es gibt ja viele Abschiede in unserm Leben. Große und Kleine.

Und: es gibt viele tausend Arten mit dem Abschied umzugehen. Laut und bunt und grell mit einer Abschiedsparty. Alle sollen es mitkriegen! Musik und Tanzen, trinken und lachen, sich noch einmal im Moment verlieren. Feiern, dass es so schön war, hier, mit diesen Menschen, in dieser Wohnung, in diesem Viertel. Aber jetzt kommt was Neues. Ein Abschied ist immer auch ein Aufbruch. Und Abschied kann auch ganz leise sein. Man kann leise weggehen. Sich nicht mehr melden. Verschwinden.

Eine Frau aus einem Hospiz hat mir mal erzählt, dass viele Menschen genau dann sterben, wenn sie allein sind. Eben war das Zimmer noch voll, der Ehemann, die Kinder, Freunde, Blumen und Erinnerungen, und dann, wenn alle gegangen sind und es still wird, dann geht man. Leise. Allein. Für sich. Und die Angehörigen werden dann sagen: wir konnten uns gar nicht verabschieden.

Unser Leben ist voller Abschiede. Von Geburt an geht’s los damit: Abschied von der warmen Höhle, dem sicheren Bauchraum, weg vom nahen Herz der Mutter. Geboren werden. Raus in die kalte, helle Welt. Psychoanalytiker sprechen sogar vom "Trauma der Geburt": die Wehen, der enge Geburtskanal, der Druck, die Atemnot. Eine erste, von starker Angst begleitete Traumatisierung. Diese schmerzhafte und angstbesetzte "Vertreibung aus dem Paradies" wird möglicherweise zum Urbild aller Abschiede in unserm Leben.

Denn es geht ja so weiter: Abschied von der Mutterbrust, krabbeln, laufen, wegrennen und plötzlich Angst haben, weil man allein da steht. Aber auch das gehört  zu den Abschieden im Leben: man wird selbständig, gewinnt immer mehr an Selbstsicherheit, ist stolz, wenn man allein zur Schule gehen kann und freut sich tierisch, wenn man mit 16 allein auf die Party darf. Und da verliebt man sich dann zum ersten Mal, es kribbelt und zieht in der Magengegend, der erste Kuss im dunklen Kino. Wir bleiben zusammen – forever! Bis sie sich dann in eine andere verliebt und von einem Tag auf den andern weg ist: "Es hat nichts mit dir zu tun!" Und tschüß, nie mehr gesehen, Abschied forever.

Ein Lebensthema. Der Tod ist da nur der letzte große Meister in einer langen Reihe von Abschieden. Abschied vom Teddybären. Abschied von den Eltern. Abschied von einem Leben, in dem ich allein für mich verantwortlich bin. Abschied vom Partner. Abschied von Lebensentwürfen. Abschied von liebgewonnen Sachen. Abschied von Herzenswünschen. Abschied davon, nochmal Dinge klären zu können mit jemanden.

"Goodbye my friend, it’s hard to die" singt der Kanadier Terry Jacks. Es ist hart zu sterben, mein Freund, gerade jetzt, wo der Frühling in der Luft liegt. Überall schöne Mädchen…Der Sänger verabschiedet sich von seinem besten Freund, mit dem er sich zusammen die Knie aufgeschürft hat und die Herzen, mit dem er das ABC gelernt hat und die Liebe. Er verabschiedet sich vom Vater – irgendwie ist er sich immer wie das schwarze Schaf der Familie vorgekommen: zu viel Wein und zu viele Lieder. Ein großes Abschiedslied: Es ist hart zu sterben, wenn es gerade Frühling wird und die Blumen blühen, wenn man die Liebste Michelle treffen möchte. Aber: Wir hatten Spaß, wir hatten Zeiten im Sonnenschein – auch wenn alles viel zu schnell vorbeigegangen ist.

Abschiede


"Wir hatten Spaß, wir hatten Zeiten im Sonnenschein – auch wenn alles viel zu schnell vorbeigegangen ist."

Man müsste eigentlich wirklich lernen, abschiedlich zu leben. Die Psychotherapeutin Verena Kast hat diesen Begriff geprägt. Abschiedlich leben. Sie sagt: Der Tod ragt ja andauernd in unser Leben, da wäre es gut zu lernen, loszulassen, zu verzichten, sich voneinander zu trennen. Immer wieder ist das Leben verändert und wir müssen Vertrautes verlassen. Aber wir verlieren nicht nur, wir gewinnen auch. Mein Leben, das abläuft, gibt mir ja gerade durch die vielen Veränderungen die Chance, mein Wesen zu entfalten.

Ich finde den Gedanken wunderbar – und wahnsinnig schwierig. Wer lässt schon gerne los? Wer gesteht sich schon gerne ein, dass nichts für die Ewigkeit ist? Nicht das Haus, nicht die eigenen Kräfte, die doch vor kurzem noch locker gereicht haben für den Sprint hinter dem abfahrenden Zug, nicht das Bild, das man 40 Jahre lang von sich selber hatte.

Die Bibel erzählt viele Abschiedsgeschichten. Von Trauer oder schweren Herzen ist kaum die Rede. Immer aber vom Aufbruch. Auf den ersten Seiten geht es schon los: Adam und Eva müssen Abschied nehmen aus dem Paradies. Selber schuld, könnte man sagen. Der Abschied aus dem Paradies ist ein Rauswurf, eine Strafe. Die Strafe ist schwer und erweist sich doch als heilsam: erst jetzt kann der Mensch sein Leben selbstverantwortlich und seiner selbst bewusst in die Hand nehmen. Die Trennung von Gott ist Voraussetzung für das Menschsein des Menschen, für seine Unabhängigkeit. Gott, ganz fürsorglich, macht noch schnell Fellkleider für die Zwei - eine  Zustimmung zu diesem Aufbruch und Neuanfang.

Abrahams Abschied von der Heimat geschieht auf Gottes Geheiß, vor allem aber geschieht er mit Gottes Segen. Als Nomade war es für Abraham normal, immer wieder die Zelte abzubrechen und mit Sack und Pack loszuziehen. Er gilt als das Paradebeispiel des gehorsamen Gläubigen. Spätere Generationen haben ihn jedenfalls so gesehen. Im Hebräerbrief wird das klar so gesagt und in ein Bild gepackt, das bis heute wirkt: Wir haben hier keine bleibende Stadt (Hebr 13,14) heißt es da. Das Motiv des wandernden Gottesvolks ist seither für das Selbstverständnis der Kirchen grundlegend – obwohl die Kirchen ja extrem sesshaft sind und geradezu als Garanten von Stabilität und Kontinuität gelten.

Wieder eine andere Art von Abschied wird in den Geschichten des Exodus erzählt. Viel Aggression spielt da mit: Das Ende der Sklaverei bedeutet Kampf des Volkes Israel gegen den Pharao, der sie nicht ziehen lassen will. Dieser Abschied zielt auf das Ende der unerträglichen Verhältnisse. Das ist kein trauriger Abschied, sondern einer, der, wenn er gelingt, mit viel Freude, Erleichterung und schönen Erwartungen verbunden ist: Endlich frei sein, das eigene Schicksal selbst bestimmen.

Immer wieder haben sich Menschen solche Befreiung aus schlimmen Verhältnissen erkämpft. Sind geflohen vor Krieg und Hungersnöten, vor Diktatoren und Unterdrückung. Auch Paare trennen sich aus diesem Motiv: Man hält es nicht mehr miteinander aus, fühlt sich eingeschränkt durch den andern, meint sich nicht entfalten zu können, will sich befreien, selbstbestimmt leben. Der Exodus, der Auszug, hat aber auch eine grundlegende andere Seite: Als der Weg ins gelobte Land zu lange wird, sehnt man sich zurück nach den Fleischtöpfen Ägyptens. Auf einmal erscheint das Alte in einem wunderbaren Licht: Da wusste man wenigstens, was man hat! Menschen trennen sich, um sich aus unerträglichen Situationen zu befreien, aber sie trennen sich auch schwer, weil selbst der schlimmste Zustand wenigstens Sicherheit bietet.

Vom Abschied als Lebensform kann man beim Wanderprediger Jesus sprechen. Genaugenommen war er ein Nomade. Ein Nomade ohne Zelt, denn er wollte ja nicht fernab irgendwo für sich campieren, er wollte bei den Menschen sein. Mit ihnen reden, essen, unter einem Dach sein. Und dann wieder Abschied nehmen, wie er selbst es von Anfang an getan hat: Von der Heimat, von den Eltern, den Geschwistern, von Vorstellungen, wie ein einfacher Mann seiner Zeit zu leben hat. Jesus ist ständig unterwegs, hat keinen Besitz, keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann. Und die, die mit ihm gehen, sollen ihm nachfolgen. Und das heißt: im Blick auf das Reich Gottes muss man sich von Familie und Beruf trennen. Abschied wird radikal auf Dauer gestellt: Jede Bindung lenkt ab oder macht blind für das Neue, das von Gott kommen soll. Alle asketischen Bewegungen haben seither diesen radikalen Gedanken wiederbelebt: die Eremiten in der Wüste und die Bettelorden im Mittelalter. Nicht zufällig erzählt dieser Jesus die Geschichte vom sogenannten verlorenen Sohn, der den Mut aufbringt,  sich von den Eltern zu verabschieden und etwas radikal Neues anzufangen – er kehrt verwandelt zurück als ein anderer, ein neugewordener.

Jesus ist ein Nomade. Er ist auf dem Weg. Das Markusevangelium erzählt eindrücklich davon. Der Weg führt von Galiläa nach Jerusalem, vom Aufbruch bis zum Tod. Durch ein ganzes Land. Durch ein ganzes Leben. Immer mit dabei: die Jüngerinnen und Jünger. Einer steht ihm besonders nahe: Petrus. Für mich entsteht oft der Eindruck, dass dieser Petrus einer ist, der auch nicht so gut ist im abschiedlich leben. Dass er einer ist, der nicht gut loslassen kann. Zum Beispiel: Als Jesus die Jünger fragt, was man denn so über ihn sagt, wie die Leute ihn nennen, da prescht er vor: du bist der Christus! Du bist es! Und ich gehöre zu dir. Forever. Und als Jesus seinem vertrauten Kreis sagt, dass er leiden wird, dass er den Mächtigen überantwortet werden wird und dass er sterben wird, das hält Petrus gar nicht aus. Das darf nicht sein! Du nicht! Du gehörst zu mir. Es gibt keinen Abschied. Das mit uns wird niemals enden. Als Jesus ihn anfährt, ist er still. Aber kapiert hat er’s glaub ich nicht. Vielleicht nimmt ihn Jesus deshalb mit auf den Berg der Verklärung. Er soll mit dabei sein, bei Jesu Verwandlung. Es ist eine Geschichte vom Loslassen, in ihren tieferen Schichten auch eine Geschichte vom Abschied.

Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus, Jakobus und Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg, aber nur sie allein. Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; seine Kleider wurden strahlend weiß, so weiß, wie sie auf Erden kein Bleicher machen kann.
Da erschien vor ihren Augen Elija und mit ihm Mose und sie redeten mit Jesus.
Petrus sagte zu Jesus: Rabbi, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Er wusste nämlich nicht, was er sagen sollte; denn sie waren vor Furcht ganz benommen.
Da kam eine Wolke und warf ihren Schatten auf sie, und aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn; auf ihn sollt ihr hören.
Als sie dann um sich blickten, sahen sie auf einmal niemand mehr bei sich außer Jesus.
Während sie den Berg hinabstiegen, verbot er ihnen, irgendjemand zu erzählen, was sie gesehen hatten, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden sei.
Dieses Wort beschäftigte sie und sie fragten einander, was das sei: von den Toten auferstehen.

Es muss auf einem Berg geschehen. Auf irgendeinem Berg. Hauptsache oben, Hauptsache nahe dem Himmel, Hauptsache nahe bei Gott. Petrus, Jakobus und Johannes sind mit dabei, seine Drei, seine vertrauten Menschen. Manchmal ist es doch so, dass man weiß: es wird sich was ändern in meinem Leben, man weiß noch nicht was und wie und wo, kann’s nicht benennen, weiß nur: ich will es teilen. Ich muss es teilen, nur so kann ich es selber glauben. Und die andern sollen mein Geheimnis sehen.

Zu diesem Meeting der Verwandlung gesellen sich zwei himmlische Gestalten. Keine Luftwesen, ganz handfeste Männer der biblischen Geschichte: Elija und Mose, der Prophet, der zur Endzeit erwartet wird und der Mann, der auf dem Berg Sinai Gott begegnet ist, der ihn gesehen hat, ihm nahe war, dessen Gesicht nach dieser Begegnung  geglüht hat. Der Mann der Zehn Gebote. Die Altvorderen aber sind mit dabei. Die Verbindung ist hergestellt: die Generationen vor uns sind nicht einfach weg. Auch wenn der Abschied lange her ist und die Geschichten wie aus einer andern Welt klingen, erscheinen doch die Menschen meines Leben immer wieder. Vor meinem inneren Auge. Die Großeltern, der Onkel, zerronnene Freundschaften, nicht selten begleitet von einer Trauer über nicht gestellte Fragen, über unterlassene Liebeserklärungen, über Leichtfertigkeit, weil man sich ja sicher war, dass das Leben ewig dauert und man noch so viel Zeit hat, alles zu besprechen.

Mich tröstet das Bild von Jesus verbunden mit den Vorgängern im Leben und im Glauben. Ihr seid nicht einfach weg. Ihr lebt in euren Worten, in euren Gesten, ihr lebt in mir in eurem Leben. Vielleicht bleibt er deswegen stumm und passiv. Er lässt die Verwandlung geschehen. So wird ihm einiges klar, und vielleicht genießt er es auch in seinem weißen Gewand, das ihn schon hier verbindet mit denen die Auferstehen, die die Gewänder der Herrlichkeit tragen, die Kleider des Lebens (Offb 3,5; 7,9). Er ist verbunden nach früher und nach morgen. Verbunden nach oben. Einen Moment lang nicht an den Abschied denken, nicht ans Leid, nicht an den Schmerz.

Und dann mein Petrus, der gute alte ungestüme Petrus. Ich könnt ihn drücken! "Es ist gut, dass wir hier sind!" ruft er überwältigt von seinen Gefühlen, überwältigt von der Verbindung und davon, dass er so nah dabei ist. Dass er soviel spürt. Lasst uns Hütten bauen! Die andern müssen das doch auch wollen. Ich denke, das ist mehr als der Wunsch, das Erlebte festzuhalten: das Gefühl soll bleiben. Forever!

Festhalten. Heiraten. Häuser bauen. Kinder kriegen. Bücher schreiben. Sich etablieren. Zu zweit auf dem Sofa. So sind wir Menschen gestrickt. Und das ist ja auch gut so. Jemanden zu haben, der sagt: ich gehe mit dir mit bis dass der Tod uns scheidet. In Freud und in Leid. Mit dir will ich Hütten bauen, oder doch zumindest eine Eigentumswohnung kaufen.

Die Rüge, die Petrus dafür vom Erzähler kassiert, geht nicht ganz in Ordnung, finde ich. ‚Er wusste nämlich nicht, was er sagen sollte.’ Ja.... Wie wir alle muss auch Petrus sich einüben ins abschiedlich leben –  das kann ein Leben lang dauern. Keine Hütte steht ewig, der geliebte Mensch wird eines Tages für immer gehen, die Welt ist voll von sinnlosem Leid, warum sollte es dich verschonen? Die Wolke, die über ihnen erscheint, die Stimme Gottes, die daraus erschallt, deutet was passiert: "Das ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören." Hör hin, Petrus. Einfach nur hören. Du brauchst nichts zu bauen, du brauchst nichts festzuhalten, du brauchst keine Angst zu haben – nicht vor dem Leben, nicht vor dem Leiden, nicht vor dem Abschied. Sei einfach da und hör zu.

Lebensgeschichte als Geschichte von Veränderung

In der Erzählung von der Verklärung wird Jesus klar, dass es für ihn kein Leben geben wird, in dem der Kelch an ihm vorüber geht. Aber es wird ihm auch klar, dass er verbunden ist mit denen vor ihm und mit denen, die ihm nachfolgen und dass er getragen ist von seinem himmlischen Vater, wo immer sein Weg auch hinführt.

An den Gott der Bibel glauben heißt, ständig neu aufbrechen. Es gibt keinen Ort, noch nicht mal eine Hütte, in die er sich einsperren lässt. Es gibt nur das Wort und das Hören. An Gott glauben bedeutet nichts anderes, als sich zu lösen, herausrufen zu lassen aus alltäglichen Verpflichtungen und Sicherheiten. Immer wieder. Dass uns das so oft nicht gelingt, ist Ausdruck unseres Beharrungsvermögens, unserer inneren und äußeren Sesshaftigkeit. Der Wunsch danach, dass es hier einmal gut ist. Dass doch jetzt alles mal so bleiben kann.

Aber das Leben lehrt uns ja, dass leben heißt Auf-dem-Weg-sein. Hütten bauen. Sich niederlassen. Zelte abbrechen. Trennung. Tränen. Schmerz. Von der Geburt bis zum Tod, all die kleinen und großen Abschiede. Lebenswege sind immer auch Trauerwege. Und Lebenswege sind immer auch Freudenwege. Neuanfang. Neugierde. Neue Facetten meiner Selbst. Ich nehme Abschied von einem Lebensabschnitt, von zehn Jahren in derselben Wohnung in derselben Stadt, ich nehme Abschied von Bildern von mir, die mich einengen und begrüße die Vielfalt. Ich nehme Abschied von einem Entwurf für mein Leben und ein anderer sagt: Hallo, hier bin ich, wie wär’s mit uns?!

Wenn der biblische Gott kein Gott der Hütten und kein Gott der Tempel ist, sondern ein Gott im Zelt, in der Wolke und im Glühen des Angesichts, dann ist er auch ein Gott meiner Lebensgeschichte. Weil er mit mir geht, weil er eine Verbindung eingeht, die besteht und hält und auf die ich mich verlassen kann. Du bist mein geliebtes Kind! Wo du hingehst, wo es dich hintreibt, ich bleibe dir erhalten. Wenn ich das glaube, dann könnte es mir gelingen, das abschiedliche Leben. Dann kann der Abschied und die Trauer und der Schmerz zu meinem Leben dazugehören, weil ich angesichts des Todes bereit bin, mich zu verändern.

Und meine Lebensgeschichte lasse ich leuchten in mir als eine Geschichte von unendlich vielen Verwandlungen.
Abschied, das ist ein bisschen wie geboren werden.