In vielen fränkischen Gemeinden findet man Menschen mit Namen, die auf eine Herkunft aus Österreich hindeuten. Ihre Vorfahren mussten vor über 200 Jahren ihre Heimat verlassen, weil dort der evangelische Glaube verboten war. Sie wurden zu Märtyrern, die die Vertreibung in Kauf nahmen, um ihrem Glauben treu zu bleiben und ihn so zu bezeugen.

Von Anfang an unterscheidet sich das Christentum von anderen Religionen durch seine Forderung nach Ausschließlichkeit. Jesus selbst erwartete von seinen Anhängern eine klare Entscheidung: "Wer mich bekennt vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater. Wer mich verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater." (Matth. 10,32).

Jesus musste um seiner radikalen Botschaft willen sein Leben lassen. Sein Anhänger Stephanus wurde zum ersten christlichen Märtyrer, der noch unmittelbar vor seiner Hinrichtung ein kräftiges Zeugnis für seinen Herrn ablegte (Apg. 7). Bald verfolgten die römischen Kaiser die Christen, weil sie in ihnen eine Bedrohung für ihren Staat sahen. Denn die Christen lehnten das Opfer für den Kaiser ab.

Christliche Märtyrer von der Antike bis heute

Nachdem das Christentum unter Kaiser Konstantin im 4. Jahrhundert zur Staatsreligion wurde, verfolgte die Kirche selbst die Anhänger anderer Religionen oder Abweichler von ihrer Lehre. Diese wurden dann zu Märtyrern für ihre Überzeugung. Martin Luther entging nach seinem mutigen Bekenntnis vor dem Reichstag in Worms ("Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Gott helfe mir. Amen") nur knapp dem Ketzertod. Lebenslang stand er unter Reichsacht. Viele seiner Anhänger mussten jedoch für ihren Glauben ihr Leben lassen.

Unser Jahrhundert hat mehr christliche Märtyrer hervorgebracht als jedes andere Jahrhundert vorher. Hunderttausende von christlichen Armeniern wurden während des Ersten Weltkrieges von den Türken vertrieben oder getötet. In der russischen Revolution starben Zehntausende von Christen um ihres Glauben willen. Im Dritten Reich mussten viele bekennende Christen ihr Leben lassen.

Dietrich Bonhoeffer starb mit den Worten: "Das ist das Ende - für mich der Beginn des Lebens."

In der ehemaligen DDR wurde Menschen, wenn sie sich als Christen bekannten, der Besuch einer höheren Schule verwehrt. Christ und Karriere - beides zusammen ging nicht.

Nach der Machtübernahme durch die Kommunisten in China 1949 wurden zahlreiche ausländische Missionare und einheimische Christen hingerichtet. Später wurden während der sogenannten Kulturrevolution die übrigen Christen zur Umerziehung aufs Land geschickt und sämtliche Kirchen geschlossen. Doch auch hier bewahrheitete sich der berühmte Satz des Kirchenvaters Tertullian: "Das Blut der Märtyrer ist der Same der Kirche."

1979 wurden die ersten Kirchen wiedereröffnet und seitdem wächst die Zahl der Christen in China unaufhörlich. In jüngster Zeit erschrecken uns allerdings Nachrichten über Gewalttaten gegenüber Christen, insbesondere in Indien und Indonesien. Ein britischer Missionar wurde samt seinen kleinen Söhnen durch fanatische Hindus ermordet. Kirchen wurden angezündet und Nonnen vergewaltigt. So werden auch in unserem sogenannten aufgeklärten Zeitalter Christen zu Märtyrern.

Sich bedingungslos zu Bekennen

Märtyrer sind Menschen, die aufgrund ihres Glaubens verfolgt werden oder sterben müssen und dadurch Zeugnis, das heißt Martyrium, für Christus ablegen. Das Wort leitet sich aus dem Griechischen von martyria ab, was "Bekenntnis, Zeugnis" bedeutet. Jesus selbst sagt von sich im Johannisevangelium (18,37), dass er in die Welt gekommen sei, um die Wahrheit zu bezeugen. Nicht nur durch seine Botschaft, sondern durch sein ganzes Leben, Sterben und Auferstehen legte er Zeugnis ab für die Wahrheit Gottes. Diese Wahrheit sollen seine Jünger als frohe Botschaft in alle Welt hinaustragen:

"Ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem, in Judäa, in Samaria und bis an die Enden der Erde" (Apg. 1,8)

Mission meint nichts anderes als Zeugnis für Christus als Herrn über die ganze Erde, der alle Menschen durch die Taufe in die Gemeinschaft seiner Kirche einfügen möchte (Vgl. Matth. 28,18-20). Diese Mission ist gefährlich, weil sie sich an dem Vorbild Jesu orientiert, der selbst um seiner Botschaft willen zum Märtyrer wurde.

Gegenwärtig muss in unserem Land niemand das Martyrium im Sinn eines gewaltsamen Leidens oder Sterbens auf sich nehmen. Denn bei uns wie in vielen anderen demokratischen Staaten gibt es Religionsfreiheit. Ernsthafte Christen bilden jedoch auch heute eine Minderheit, die von der Mehrheit manchmal bewundert, vielfach aber belächelt werden. Es kostet Mut für einen jungen Menschen, sich in der Schule, unter Freunden, im Betrieb oder bei der Bundeswehr als Christ zu "outen" und Zeugnis für seinen Glauben abzulegen. Ein Mann sagte zu seinem Pfarrer, als dieser ihn fragte, ob er für den Kirchenvorstand kandidieren möchte: "Ich mache das, aber in meinem Betrieb darf das niemand wissen. Denn meine Kollegen lachen mich sonst aus."

Moderne Märtyrer?

Christen leiden bei uns nicht unter Verfolgung, wohl aber unter der Verachtung oder Geringschätzung ihrer Zeitgenossen. Denn ihr Glaube - auch wenn man ihn noch so gut verpackt und attraktiv gestaltet - widerspricht dem Lebensgefühl und der Glückserwartung der meisten Menschen. Er fordert eine klare Entscheidung für Christus und die Unterordnung unter Gottes Willen.

Gewiss ist damit Lebenserfüllung verbunden, jedoch in einem anderen Sinn, als es dem gängigen Verständnis entspricht. Denn Jesus will keine Bewunderer oder gelegentliche Konsumenten seiner Botschaft, sondern Nachfolger, die bereit sind, gegebenenfalls für ihren Glauben auch Nachteile in Kauf zu nehmen oder gar ihr Leben aufs Spiel zu setzen. "Salz der Erde" können Christen nur sein, wenn sie zum Martyrium bereit sind, das heißt zum Zeugnis für Christus auch in schwierigen Situationen.