Viele Fragen

Ob die Konzerte der 70. Auflage des Nürnberger Musikfests ION pandemiebedingt nur online oder im Hybrid-Format stattfinden können? Auch mit wieviel Besuchern sie für das Musikfest vom 25. Juni bis 4. Juli rechnen können, wissen der Geschäftsführende Intendant Moritz Puschke und Dramaturg Oliver Geisler derzeit noch nicht. Aber dass die Konzerte stattfinden werden, bekräftigen die beiden im Gespräch mit Evangelischen Pressedienst (epd). Und auch über das Jahr 2021 hinaus haben die Macher des Festivals der "musica sacra" einiges vor in Nürnberg.

In Klangräumen geborgen

"Heimkehren" heißt das Motto der Jubiläumsauflage der ION. Und dieses ist, wie immer, mehrdeutig zu verstehen: Musiker und Konzertbesucher besinnen sich musikalischer wie geistlicher Wurzeln, dürfen sich geborgen fühlen in den Klängen - aber auch in den altbekannten Kirchenräumen, in die hoffentlich wieder zu Präsenzkonzerten eingeladen werden kann.

Am geistlichen Lagerfeuer wärmen

Puschke spricht von einem "geistlichen Lagerfeuer", das bei der ION entfacht werden und sowohl wärmen als auch Licht und Funken für Neues spenden soll.

Kirchen seien als "globale Orte der Beheimatung, der Hoffnung, des Diskurses und gerade im Angesicht von Corona Orte des Trostes und der Zuversicht".

Starsopranistin verkündet "Erlösung"

Ein erster Konzert-Höhepunkt soll bereits am 25. Juni das Eröffnungskonzert mit der Starsopranistin Anna Prohaska sein. Sie initiierte im ersten Lockdown 2020 das Programm "Erlösung", in dem Werke von Johann Sebastian Bach zu einer aufwühlenden Erzählung verknüpft sind. Zusammen mit der "Lautten Compagney" Berlin wird dieses Programm exklusiv in Nürnberg präsentiert.

Regionalbischof komponierte Libretto

Als Nürnberger Erstaufführung erklingt am 27. Juni aus der Feder des bayerischen Komponisten und ehemaligen Künstlerischen Leiters der ION, Wilfried Hiller, das Oratorium "Schöpfung" nach einem Libretto des langjährigen Nürnberger Regionalbischofs Stefan Ark Nitsche. "Neue Klänge für die Königin" stehen am 1. Juli für das Instrument des Jahres 2021, der Orgel, ins Haus. Erster Künstler ist Maximilian Schnaus, der "mit Mut zur zeitgenössischen Musik, beherzten Neuinterpretationen des traditionsreichen Orgelrepertoires und mit bestem Storytelling in den sozialen Netzwerken" überzeuge, meint Geisler.

Orgel und Jazz

Das Duo ZIA und der syrische Ney-Spieler Mohamad Fityan wollen dazu eine klangsinnliche und raffinierte Verbindung von Orgel und Jazz-Trompete entwickeln. Das Trio "Organ Explosion" schließlich verlasse die Kirchenorgel, um mit Hammond-Orgel, Percussions und Bass die Geschichte der Orgel jenseits der Kirche "funky" zu erzählen. Am 2. und 3. Juli entsteht als exklusive Eigenproduktion das intermediale Konzertereignis "Mozart in neuem Licht" in der Kirche St. Martha. Aufgeführt wird das Requiem von Mozart in einer Streichquartett-Fassung von Peter Lichtenthal (1778-1853), gespielt vom Eliot Quartett, das auf den Stuttgarter Lichtkünstlers Laurenz Theinert trifft. Geplant sind mehrere Aufführungen.

Windsbacher Knabenchor

Weitere künstlerische Vorhaben sind Konzerte mit dem Windsbacher Knabenchor, der im 75. Jahr seines Bestehens vier Uraufführungen plant sowie ein Konzert mit der A-cappella-Frauengruppe "Sjaella" und ein Schubert-Liederabend mit dem Tenor Ilker Arcayürek.

Ein tolles Team

Im vergangenen Jahr musste die gesamte ION bis auf das Abschlusskonzert rein online übertragen werden. "Das gesamte Team, Techniker und Künstler sind in diesen Tagen stark zusammengewachsen", sagt Geisler.

"Es ist ein tolles Wir-Gefühl entstanden, das weiter ausgebaut werden soll."

Auch jenseits der zehn Tage im Jahr, an denen die ION-Konzerte stattfinden, soll die ION als verbindendes Element der Nürnberger Musik- und Kunstszene etabliert werden - mit Workshops, Meisterkursen und ständigem genreübergreifenden Austausch. "Überall gehen derzeit Türen auf, es kommen Kulturschaffende miteinander ins Gespräch, die sich bisher nur aus der Ferne beäugt haben", sagt Puschke.

Fest der kirchlichen Musik

Langfristig hoffe er, die ION zu einem Fest der kirchlichen Musik etablieren zu können, bei dessen Konzerten sich der arrivierte Anzugträger neben dem Musik-Freak gleichermaßen treffen. Ab Mai hoffe man, verlässliche Aussagen über Ticketangebote machen zu können. Ob es dann zur Konzertkarte gleich den Corona-Selbsttest mit dazu gibt oder welche Rahmenbedingungen die Behörden bis in den Sommer hinein entwerfen, um Live-Kultur möglich zu machen, steht noch in den Sternen.