epd: Frau Wewetzer, mit ein Auslöser für das Projekt "Kasualagentur" waren Ihre Eindrücke, die Sie von Hochzeitsmessen mitgenommen haben. Was haben Sie dort erlebt?

Elke Wewetzer: Eine ernüchternde Erkenntnis war, dass auch Mitglieder unserer Kirche uns nicht mehr zutrauen, dass wir ihre Trauung nach ihren Vorstellungen gestalten und daher zu freien Predigern und Hochzeitsagenturen gehen. Dasselbe habe ich auch bei Beerdigungen festgestellt. Wenn man sich dann mit den Leuten unterhält, stellt man fest, dass unsere Strukturen und Zuständigkeiten oft einfach nicht mit den Bedürfnissen und Herangehensweisen der Menschen zusammen passen. Manchmal sind auch Vorurteile über Kirche im Spiel. Natürlich sind wir als Kirche nicht dafür da, sämtliche Wünsche zu erfüllen. Aber wir sollten überhaupt erst mal ins Gespräch darüber kommen, ob wir eine Form finden, die für beide Seiten passt. Eine gut erreichbare, ansprechende Anlaufstelle - auch für ungewöhnliche Anliegen - wäre da ein klares Signal, dass wir dieses Gespräch suchen.

epd: Warum ist so etwas wie die "Kasualagentur" zusätzlich zu den Gemeinden notwendig?

Wewetzer: In den Gemeinden geschieht zweifellos ganz viel gute Kasualarbeit, aber die Logiken, nach denen wir arbeiten, können viele nicht mehr nachvollziehen. Wenn Menschen etwa an einem anderen Ort heiraten wollen als in ihrer Heimatgemeinde, kann es sein, dass sie unzählige Telefonate führen müssen, um eine Pfarrerin oder einen Pfarrer zu finden, der dorthin mitkommt. Ähnlich ist es bei der Bestattung. Und von den Menschen, mit denen ich zu tun habe, weiß nur noch ein Bruchteil, zu welcher Kirchengemeinde er eigentlich gehört. Viele interessiert das auch gar nicht. Ihre Kirchenbindung und ihre Vorstellungen, was "christlich" ist, realisieren sich über andere Bezüge. Wenn wir uns als Kirche dabei zur Begleitung an Lebenswenden "ins Spiel" bringen wollen, müssen wir ergänzend andere Wege ausprobieren. An den Lebensübergängen wie Hochzeiten, Bestattungen oder rund um Taufen sind Menschen immer noch sehr ansprechbar auf die Tiefendimensionen von Leben und Glauben. Das sollten wir stärker nutzen.

Elke Wewetzer

epd: Wo würde man diese Anlaufstelle denn finden?

Wewetzer: Genau an dieser Frage wird noch gearbeitet. Denkbar wäre das Büro freilich im Haus der Kirche "eckstein", weil man da gleich Synergieeffekte nutzen könnte. Allerdings spricht auch einiges dafür, diesen Ort ganz woanders zu haben, zum Beispiel in einem Ladenlokal in der Nürnberger Innenstadt. Vieles hängt an der Ressourcenfrage. Die Gespräche sind am Laufen, mit offenem Ausgang. Eine Arbeitsgruppe der Hauptkonferenz der Nürnberger Pfarrerschaft befasst sich nun schon seit drei Jahren mit dem Konzept. In dieser Zeit haben wir die Idee in den Prodekanatskonferenzen vorgestellt und sie auch in der Runde der Dekane sowie mit Vertretern der Kirchenleitung besprochen. Die entscheidende Frage bleibt aber, wie so eine Innovation finanziert werden kann.