Arbeitnehmer riefen etwa direkt bei der Gewerbeaufsicht an, um sich über fehlende Homeoffice-Möglichkeiten zu beschweren, teilte das Ministerium in München auf Anfrage des Evangelischen Pressediensts (epd) mit. Zudem erhielten die Ämter entsprechende Mailanfragen weitergeleitet, die bei Bürgerbüros eingehen.

Appelle der Politik zu Beginn der zweiten Pandemiewelle im Herbst hatten nicht bei allen Arbeitgebern gefruchtet. Seit 27. Januar verpflichtet sie nun die Corona-Arbeitsschutzverordnung des Bundes, bei Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten Homeoffice anzubieten, "wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen". Die Einhaltung der Verordnung beschäftigt inzwischen auch die zuständigen Behörden in den Bundesländern.

In Bayern sind die sieben Gewerbeaufsichtsämter bei den Bezirksregierungen für den Vollzug zuständig. Wie viele Hinweise auf Verstöße gegen die Verordnung bislang bei den Ämtern eingegangen sind, wird laut Arbeitsministerium nicht gesondert von den üblichen Beschwerden und Anfragen erhoben.

Viele Beschwerden auch in anderen Bundesländern

Beim Berliner Landesamt für Arbeitsschutz gingen nach epd-Recherchen binnen drei Wochen etwa 75 Beschwerden ein, bei denen es um die Einhaltung der Vorschrift ging. Hessen will bis zum 15. März 1.000 Betriebe daraufhin überprüfen, ob zwingende betriebliche Gründe, die dem Homeoffice entgegenstehen, vom Arbeitgeber nachvollziehbar dargestellt werden. Zum Stand der Überprüfungen seien aktuell noch keine Aussagen möglich, hieß es aus dem Sozialministerium.

Im Saarland wurde eine Task Force im Landesamt für Arbeitsschutz 39-mal im Zusammenhang mit der Verordnung kontaktiert. Dabei habe es sich sowohl um Beschwerden als auch um Beratungen und Anfragen gehandelt. In Nordrhein-Westfalen sind laut Arbeitsministerium in den ersten beiden Tagen nach Inkrafttreten der Verordnung rund 70 Beschwerden eingegangen. "Hinzu kamen noch Anfragen per Telefon und Twitter", sagte ein Ministeriumssprecher der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstag). Die Arbeitsschutzverwaltung gehe jeder Beschwerde nach und bearbeite die Eingaben in der Regel anonym.

Nachfragen beim Betriebsrat

In Bayern werde den Hinweisgebern zunächst geraten, sich mit dem Arbeitgeber in Verbindung zu setzen, so das bayerische Arbeitsministerium. Das Unternehmen, das das Homeoffice versage, müsse seine Gründe erörtern. Die Beschäftigten könnten sich auch an ihre betriebliche Interessenvertretung wie Betriebs- oder Personalrat wenden oder an Arbeitsschutzbeauftragte, etwa Sicherheitsfachkraft oder Betriebsarzt.

Helfe der Arbeitgeber den Mängeln nicht ab oder verweigere das Homeoffice, so könnten die Betroffenen das zuständige Gewerbeaufsichtsamt kontaktieren. Die Ämter "behandeln Anfragen und Beschwerden anonym und verfolgen diese konsequent und risikoorientiert mit den zur Verfügung stehenden Personalkapazitäten", so das Ministerium.

Ein individuell einklagbarer Rechtsanspruch für Arbeitnehmer bestehe nicht, so das Ministerium. Bei Uneinigkeit prüfe jedoch die Gewerbeaufsicht, wie plausibel die Verweigerungsgründe seien. Bei einem konkreten Verstoß könnten sie das Homeoffice anordnen. Weigere sich das Unternehmen weiterhin, könne ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet und der Unternehmer mit bis zu 30.000 Euro Bußgeld sanktioniert werden. Wie viele Verstöße es bislang gibt, werde nicht erfasst.

Ein Viertel der Berufstätigen im Homeoffice

Laut einer Befragung arbeitet in Deutschland ein Viertel der Erwerbstätigen im aktuellen Corona-Lockdown von zu Hause aus. Dies ergab eine am Dienstag veröffentlichte Umfrage der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in Berlin. Demnach gaben 24 Prozent der Befragten an, Ende Januar vorwiegend oder ausschließlich im Homeoffice gearbeitet zu haben. Damit folgten sie der Empfehlung der Bundes- und Landesregierungen, in der Pandemie auch die beruflichen Kontakte aufs Nötigste zu beschränken.

Laut Hans-Böckler-Stiftung betrug der Homeoffice-Anteil während des ersten Corona-Welle im April vergangenen Jahres 27 Prozent. Am Ende des vergangenen Jahres sah es hingegen anders aus: Lediglich 14 Prozent waren es im November laut Erhebung im Homeoffice und 17 Prozent im Dezember. Die wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Stiftung, Bettina Kohlrausch, sagte im Rückblick auf diese "irritierend niedrige Quote", dass erst der öffentliche Druck und schließlich die Verordnung zum Homeoffice zu mehr mobiler Arbeit geführt hätten.

Regierungsbeschluss ein Grund fürs Homeoffice

Rund ein Drittel der Befragten, die aktuell zu Hause arbeiten, gab in der Umfrage an, dass die Beschlüsse der Bundesregierung ein Grund für ihren Wechsel ins Homeoffice gewesen seien. Häufig, weil ihr Arbeitgeber dann erst Heimarbeit ermöglicht habe, zum Teil jedoch wohl auch, weil sie selbst nun konsequenter zu Hause arbeiten.

Für die repräsentative Befragung wurden den Angaben zufolge Ende Januar mehr als 6.200 Erwerbstätige und Arbeitsuchende online befragt. Zuvor gab es diese Interviews bereits im April, im Juni und im November 2020.