Es war eine lange und gefährliche Reise, die Batre von Äthiopien bis nach Mittelfranken führte. In seiner ostafrikanischen Heimat konnte der heute 24-Jährige nicht bleiben: Denn mehrfach hatte er dort an regierungskritischen Demos teilgenommen und wurde deshalb bedroht.

Zudem gehört Batre den Oromo an. Die stellen in Äthiopien mit etwa 33 Prozent Bevölkerungsanteil zwar die größte Volksgruppe im Land - von der Regierung werden sie aber diskriminiert, unterdrückt und verfolgt.

Vier Monate lang schlug sich Batre im Sudan durch - in ständiger Angst, aufgespürt und zurückgeschickt zu werden.

Fünf Monate blieb er im kriegsgebeutelten Libyen. Viele Flüchtlinge verdursten dort in der Wüste oder stranden in Flüchtlingslagern, die das deutsche Auswärtige Amt mit Konzentrationslagern vergleicht.

Besonders Dunkelhäutige werden in Libyen häufig getötet oder gefoltert. Batre kam bis zur Küste durch und schaffte es über das Mittelmeer. "Es war sehr gefährlich", erinnert er sich: "Wir waren viele Menschen im Schlauchboot." Er strandete in Italien, lebte dort zwei Wochen auf der Straße und stieg in einen Zug nach Bozen. Dort griff ihn die Polizei auf und schickte ihn nach München.

Schließlich verschlug es Batre 2015 nach Baiersdorf, ein 8.000-Einwohner-Städtchen bei Erlangen.

Der damals 19-Jährige sprach kein Deutsch. Doch in Baiersdorf gibt es viele ehrenamtliche Flüchtlingshelfer. Mitglieder des Vereins "Hand in Hand" gaben Batre Deutschunterricht und zeigten ihm wichtige Anlaufstellen, wie das Beratungsbüro der Diakonie. So fasste er in Franken schnell Fuß.

2016 konnte er gut genug Deutsch, um die Berufsintegrationsklasse zu besuchen. Als die Ehrenamtlichen von "Hand in Hand" erfuhren, dass Batre in Äthiopien bereits mit Metall gearbeitet hatte, sprachen sie den Baiersdorfer Schlosser Peter Schmidt an: Ob er Interesse habe, den jungen Flüchtling als Praktikanten zu nehmen?

Schmidt sagte zu - und merkte schnell: Batre packt richtig an, ist geschickt und lernwillig. Er lobt Batres Lehrer: "Sie haben sich in der Pause mit ihm hingesetzt und ihm alles erklärt, wenn er etwas nicht verstanden hatte."

Anfangs fiel Batre das Lernen schwer.

In der Flüchtlingsunterkunft hatte er keine Ruhe. Die Mitglieder von "Hand in Hand" vermittelten ihm ein Einzelzimmer in Erlangen. Nun hatte der junge Mann endlich einen Rückzugsraum. 2017 unterschrieb er einen Ausbildungsvertrag in der Schlosserei Schmidt.

Warum hat sich Peter Schmidt, der einen Betrieb mit 15 Mitarbeitern leitet, auf das Wagnis eingelassen? "Warum nicht?", fragt er zurück. Zwei Praktika hatte Batre in seinem Betrieb gemacht, als Schmidt ihm die Ausbildung zum Metallbauer anbot.

Die Mühe hat sich gelohnt: Ende März 2020 schloss Batre seine Ausbildung zum Metallfacharbeiter ab und wurde übernommen - trotz Corona-Krise. Peter Schmidts Familie verhalf ihm außerdem zu einer Wohnung in Baiersdorf.

"Die Schlosserei Schmidt ist für mich wie eine Familie", sagt der Äthiopier: "Sie helfen mir mit allem."

Sorgenfrei in die Zukunft blicken kann der junge Mann aber nicht: Sein Asylantrag sei vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgelehnt worden - das Verwaltungsgericht Ansbach bestätigte die BAMF-Entscheidung.

"Die deutschen Behörden verstehen nicht, was in Äthiopien passiert", sagt Batre.

Demonstranten würden eingesperrt, viele Oppositionelle getötet, es gebe keine echten Wahlen. "Als letztes Jahr ein neuer Präsident ins Amt kam, hatte ich Hoffnung, dass es besser wird! Aber er macht so weiter wie sein Vorgänger."

Zurzeit muss Batre zwar keine Abschiebung nach Äthiopien fürchten. Er profitiert von der 3+2-Regelung: Dank ihr konnte er seine dreijährige Ausbildung abschließen und darf nun auf jeden Fall zwei Jahre lang im Betrieb weiterarbeiten.

Und danach? Eine Rückkehr nach Äthiopien kann sich Batre derzeit nicht vorstellen.

Und sein Chef würde nur ungern einen Facharbeiter verlieren, den er jahrelang ausgebildet und gefördert hat. Doch Peter Schmidt ist optimistisch: "Er ist dann schon so lange hier, hat einen festen Wohnsitz und zahlt in die Sozialkassen ein. Deshalb bin ich guter Dinge, dass er hier bleiben darf."