"7 Wochen bewusst leben" heißt eine Fastenaktion der evangelischen Gemeinde Schongau, die am Aschermittwoch (26. Februar) startet. Dabei können sich Teilnehmer aus den sieben Bereichen Plastik, Mobilität, Kleidung, Energie, Ernährung, Handy und Öffentlichkeitsarbeit einen persönlichen Fastenplan erstellen. Ein Begleitprogramm bietet bis Ostern Vorträge von Klima-, Energie- und Mobilitätsexperten. Mitorganisatoren sind die Ortsgruppen von Bund Naturschutz und Fridays for Future sowie die Umweltinitiative Pfaffenwinkel.

Eine Stammtischdiskussion von Ehrenringträgern des Landkreises Weilheim-Schongau hatte für den evangelischen Pfarrer Jost Herrmann den Anstoß gegeben. "Die Anwesenden mokierten sich, dass die Kinder auf die Straße zum Demonstrieren gehen, aber selber Handys nutzen und sich mit dem Auto fahren lassen", sagte Herrmann, der 2019 für seine Flüchtlingsarbeit selbst mit einem Ehrenring ausgezeichnet worden war. So sei die Idee entstanden, in den sieben Fastenwochen zu testen, "wie es ist, wenn man die Sache mit Verzicht und Bewusstseinsbildung wirklich ernst nimmt - und zwar Kinder und Jugendliche genauso wie die Erwachsenen".

Herausgekommen sind ein Jugend- und ein Erwachsenen-Flyer mit verschiedenen "Challenges", mit denen man Punkte als Klimaschützer sammeln kann.

Wer aber glaubt, beim Schongauer Projekt mit ein bisschen Umweltkosmetik weit zu kommen, der irrt: keinen Coffee-to-go im Einwegbecher mehr, einmal im Secondhand-Laden gekauft? Ist löblich, bringt aber nur einen Punkt für die persönliche Bilanz. Wer mehr abräumen will, muss ans Eingemachte. Sich gegen die Flugreise im Sommer entscheiden: 4 Punkte. Zum Einkaufen beim Metzger mit Vorratsdosen losziehen: 4 Punkte. Und die Kür, die für viele einen Ach-so?-Effekt haben dürfte: Filme und Musik gar nicht oder nicht länger als 45 Minuten pro Tag im Internet streamen: 5 Punkte.

 Der Jugend-Flyer, den die beteiligten Aktiven von Fridays for Future entworfen haben, bietet ein paar jugendspezifische Herausforderungen an. Bis Ostern kein Elterntaxi zu Schule oder Freunden zu nutzen bringt 3 Punkte. Stattdessen die Buslinien der Gegend auschecken und dem Radl einen Frühjahrsputz gönnen: zusammen 3 Punkte. Die tägliche Handy-Zeit stoppen und für sieben Wochen halbieren, Handy über Nacht komplett ausschalten, Licht ausknipsen, den Müll richtig trennen - solche Aufgaben sollten Jugendlichen die Teilnahme ermöglichen, sagt Sonja Mogk.

"Manches von der Erwachsenen-Liste passt für Kinder oder Jugendliche einfach nicht - zum Beispiel 120 km/h auf der Autobahn", sagt die 16-Jährige, die auch Mitglied in der Ortsgruppe von Fridays for Future ist.

Die Jugendlichen wollten mit ihrem eigenen Programm "klarstellen, dass wir bereit sind, in unserem eigenen Leben etwas zu verändern".

Der Clou am Schongauer Fastenprogramm ist laut Jost Herrmann, dass "jeder Art und Schwerpunkt seiner Fasten-Challenge selber wählen und sehen kann, wo er oder sie in dieser Zeit steht". Das Punktesystem soll dazu einen sportlichen Anreiz bieten. Wie schon bei der Plastikfasten-Aktion 2019 mit 120 Aktiven treffen sich die ortsansässigen Teilnehmer regelmäßig, um sich auszutauschen. "In der Gruppe wird es wieder leichter sein, den Plan durchzuhalten", weiß der Pfarrer. Und der ein oder andere Ehrenringträger und FFF-Demonstrant wird feststellen, dass sich zwar leicht Konsequenz anmahnen, aber schwerer selbst durchhalten lässt.

Für den nötigen Input im Fastenalltag sorgen Expertengespräche:

Am 2. März spricht Professor Stefan Emeis vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung in Garmisch-Partenkirchen über "Klimawandel und Kipppunkte". Am 19. März geht es bei Energiemanager Andreas Scharli um Solar-, Wind- und Wasserkraft und "was jeder dazu beitragen kann". Am 25. März diskutieren Norbert Moy vom Verein "Pro Bahn" und Ralf Kreutzer vom Regionalverkehr Oberbayern mit den Zuhörern darüber, wie Bahn und Öffentlicher Nahverkehr zur Alternative zum Auto werden können. Weitere Veranstaltungen zu Klimaflucht, Kleidung und IT sind laut Veranstalter in Planung. Und am 19. März laden die FFF-Aktivisten zur Klimademo auf den Schongauer Marienplatz.

Zum Mitmachen sind Menschen in der Region Schongau und darüber hinaus eingeladen: "Man muss nicht im Oberland wohnen, um teilzunehmen", sagt Herrmann. Auch sollen Challenge-Charakter und Punktetabelle niemanden entmutigen. Deshalb heißt es am Ende des Flyers: "Machen Sie sich immer bewusst: Alles, was man tut, ist ein +. Wenn man nichts tut, ist es eine 0."