Frau Weise, Sie verlassen Würzburg nach fast neun Jahren. Was nehmen Sie an Erfahrungen und Erlebnissen mit nach Magdeburg?

Edda Weise: Eine große Vielfalt. Im Dekanat Würzburg gibt es 41 Kirchengemeinden in Stadt und Land mit vielfältigen Aktivitäten. Dort finden Menschen geistliche Heimat oder auch einen Platz für ihr Kind in einer evangelischen Kita. Daneben stehen die Werke und Dienste wie die Evangelische Studierendengemeinde oder das Rudolf-Alexander-Schröder-Haus. Einrichtungen wie die Diakonie oder die ökumenische Christophorus-Gesellschaft sind für Menschen in besonderen Lebenssituationen da und wirken so in die Gesellschaft hinein.

Wie drückt sich diese Vielfalt aus?

Weise: Schwerpunkte meiner Arbeit in Würzburg waren die Weiterentwicklung des Diakonischen Werkes, das evangelische Dag-Hammarskjöld-Gymnasium, das richtig in die Spur gesetzt werden musste, die Umsetzung etlicher landeskirchlicher Reformen der kirchlichen Verwaltung sowie die Neuausrichtung unseres Bildungszentrums Rudolf-Alexander-Schröder-Haus.

Gerade im Bereich der Erwachsenenbildung geht es um Regionalisierung und Zusammenarbeit mit den benachbarten Bildungswerken, das bleibt eine wichtige Aufgabe.

Wenn Sie zurückblicken: Was davon waren in Ihrer Amtszeit als Dekanin in Würzburg die größten Herausforderungen?

Weise: Die Konsolidierung der vielen Einrichtungen war sicher zu Beginn meiner Amtszeit die größte Herausforderung. An vielen Stellen gab es Handlungsbedarf, um die Einrichtungen zukunftsfähig zu machen. In den vergangenen zwei bis drei Jahren haben der Prozess "Profil und Konzentration" sowie der Landesstellenplan 2020, der mit Kürzungen auch im Dekanat Würzburg verbunden sein wird, die Gremien, Gemeinden und Einrichtungen beschäftigt.

Was davon ist Ihnen besonders gut gelungen? Die Etablierung des Evangelischen Gymnasiums in der Schullandschaft?

Weise: Nun, das hat ja schon einige Zeit gedauert. Es ging vor allem um die konzeptionelle Neugestaltung, die Idee einer gebundenen Ganztagsschule - neben fortbestehenden Kurztagsklassen - mit evangelischem Profil wurde entwickelt und implementiert. Da haben wir außerordentlich fähige Menschen gefunden, die das mittragen - vom Kollegium bis hin zur Geschäftsführung. Es freut mich, dass das Dag-Hammarskjöld-Gymnasium mittlerweile ein fester Bestandteil der Schullandschaft Würzburgs geworden ist.

Gab es auch etwas, das nicht so gelaufen ist, wie Sie es sich vorgenommen haben?

Weise: Es gibt sicher immer Dinge, auf die man gerne mehr Zeit verwendet hätte. Klar, aber ich bin jemand, der anpackt, was auf ihn zukommt - und sich den Herausforderungen stellt.

Was mir sehr viel Freude bereitet hat, war das interkulturelle Projekt "Christen für die Stadt" in der Erlöserkirche - dafür hätte ich gerne mehr Zeit gehabt.

Das kirchliche Engagement auf der Landesgartenschau 2018 war groß - manche fanden es zu groß. Wie sehen Sie es heute?

Weise: Nein, zu viel war das sicher nicht. Die zahlreichen kirchlichen Veranstaltungen waren gut bis sehr gut besucht. Die Mitwirkung bei den Gottesdiensten und Konzerten hat vielen Haupt- und Ehrenamtlichen große Freude bereitet. Kirche sollte ganz bewusst Präsenz zeigen. Und zwar nachhaltig, nicht nur inhaltlich, sondern auch baulich. Wir haben die Trinitatis-Kapelle eben nicht nur als Pavillon für ein Jahr gebaut, sondern dauerhaft. Vor wenigen Wochen haben wir sie nun endgültig als ökumenischen Gottesdienstraum eingeweiht.

Sie werden Vorsteherin bei den Pfeifferschen Stiftungen in Magdeburg. Was reizt sie daran?

Weise: Meine Leidenschaft für Diakonie zieht mich dorthin. Ich habe hier im Diakonischen Werk Würzburg viel gelernt, während wir es konsolidiert und weiterentwickelt haben - seit Beginn meiner Tätigkeit als Dekanin vor beinahe 16 Jahren in Passau hat mich Diakonie begleitet, für mich ist dieser berufliche Schritt nun eine konsequente Weiterentwicklung.

Was genau bedeutet für Sie "Leidenschaft für Diakonie"?

Weise: Das bedeutet, dass Diakonie Nächstenliebe tätig umsetzt und da aktiv wird, wo die Menschen sie brauchen. Sie widmet sich den Menschen am Rande - das ist etwas Wichtiges in unserer Gesellschaft, die Not und Vereinsamung kennt. Viele Leute brauchen jemanden, der sich an ihre Seite stellt. Es ist schön, daran mitarbeiten zu können.

Diakonie ist Kirche, die in die Gesellschaft hineinwirkt. Hat es die institutionelle Kirche bei diesem Hineinwirken heute schwerer?

Weise: Kirche hat auch ihre Chancen beim Hineinwirken in die Gesellschaft, weil Menschen immer auch ansprechbar sind auf die letzten Dinge - die essenziellen Fragen, den Lebenssinn. Das macht Kirche. Kirche bietet Geborgenheit, Welterklärung und Lebenssinn. Dieses Angebot haben sonst nur wenige, denke ich.

Das Diakonische Werk Würzburg ist in etwa halb so groß wie Ihr neuer Arbeitsplatz. Wie haben Sie sich darauf vorbereitet?

Weise: Ich hatte dafür ja extra Studienurlaub und Zeit mich darauf vorzubereiten. In dieser Zeit habe ich ähnliche Einrichtungen wie das Diakonissenkrankenhaus Leipzig oder das Diakoniewerk Martha Maria in Nürnberg besucht und dort Gespräche über die aktuellen Erfordernisse und Problemstellungen geführt. Ich fühle mich gut gerüstet für die neue Aufgabe.

Was werden ihre ersten großen Aufgaben in Magdeburg sein?

Weise: Ich werde mir erst einmal Zeit nehmen, dieses vielgestaltige diakonische Unternehmen kennenzulernen - die Mitarbeiter, die Stadt, die Umgebung. Das ist ein klug und bewusst geführtes Diakonisches Werk. Dann werden wir gemeinsam auf dem guten Weg weitergehen, den die Pfeifferschen Stiftungen bereits eingeschlagen haben.

Magdeburg ist sehr viel säkularer geprägt als Würzburg - müssen sich Diakonie und Kirche dort anders positionieren als etwa in Bayern?

Weise: Ganz sicher werde ich da ganz viel von den Menschen vor Ort lernen, wie sie das machen und was dort gebraucht wird.

Ich freue mich darauf, Kirche in der Form der Diakonie sein zu dürfen.

Zu guter Letzt: Was werden Sie an Würzburg voraussichtlich am meisten vermissen?

Weise: Die schöne Stadt, die Lebensqualität in Würzburg ist eine sehr hohe. Die Menschen, mit denen ich zusammengearbeitet und Lebenszeit geteilt habe, die werden mir fehlen. Allerdings ist auch Magdeburg ein schönes Fleckchen. Es gehört zum Leben einer Pfarrerin eben dazu, dass man ab und zu die Stelle und damit auch den Ort wechselt. Ein besonderes Geschenk dieser Stelle in Würzburg war das Kennenlernen der Jüdischen Gemeinde und das Engagement in der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit - das hat mir große Freude bereitet.

Was wünschen Sie ihrer Nachfolgerin oder ihrem Nachfolger?

Weise: Dass er oder sie die Vielfalt hier annimmt, sich daran erfreut und diese Vielfalt mitgestaltet.