Rozvadov ist bekannt für seine Spielkasinos – und seine deutschen Touristen. Hier befinden sich die historische Salzstraße Nürnberg- Pilsen-Prag und der Jakobsweg von Prag nach Santiago die Compostela.

Nur 300 Meter entfernt braust der Verkehr der Autobahn A6 Nürnberg-Prag vorbei. Auf dieser Strecke nun bäumt sich die Autobahnkirche Waidhaus auf – gegen alle Strömungen der Zeit, gegen die Hektik des Alltags, die Mobilität der globalisierten Welt, gegen die Grenzen von Ländern und Religionen.

Autobahnkirche Waidhaus ist immer offen

Die Autobahnkirche ist eine Brücke zwischen Ost und West, zwischen Deutschland und Tschechien. Sie ist die erste ökumenische Autobahnkirche Bayerns und, wenn man so will, das sichtbar gewordene Lebenswerk Gunhild Stempels: "Um besser einschlafen zu können, drehte ich den Fernseher an. Ich gucke sonst nie Fernsehen. Aber da sah ich einen Film über Autobahnkirchen", erzählt die heute 78-Jährige.

Das war die Initialzündung für die Laienpredigerin. Als ob ihr Leben bis dahin noch nicht ausgefüllt genug gewesen wäre: Sie hatte gerade ihren Mann verloren, drei Kinder zu versorgen und arbeitete als Gymnasiallehrerin. Doch nun war sie kurz vor der Rente auf der Suche nach einem Nebenamt. "Überleg doch mal, ob dieses kleine Kirchlein am Ortsrand, eigentlich verfallen, geeignet wäre", habe sie sich gedacht.

Idee für Autobahnkirche kam von Laienpredigerin

Dann sollte die Nebenkirche auch noch renoviert werden. Für Stempel war es "die Gelegenheit". "Jetzt konnte ich gar nicht mehr schlafen und dachte immer nur: Das ist es!" Es gab zwar Hürden zu überwinden, die Genehmigungen beim evangelischen Regionalbischof und katholischen Bischof einzuholen.

Als Nebenkirche der katholischen Pfarrkirche in Waidhaus gebaut, wurde die Kirche zur Zeit der Reformation zwar evangelisch, bei der Gegenreformation 1626 aber wieder katholisch. Im Jahr 1782 brannte die Kirche ab und wurde 1851 mit Teilen des alten Gebäudes wiederaufgebaut. 2003 wurde sie dann renoviert. Stempel kontaktierte die "Akademie der Versicherer im Raum der Kirchen", die sich um die 48 Autobahnkirchen in Deutschland kümmert.

Rastplatz für die Seele

Im Juli 2004 wurde dann schon die ökumenische Autobahnkirche Waidhaus eröffnet. 2013 wurde sie auch Radwegekirche. Viele Besucher, Reisende von der Autobahn und den Landstraßen, suchen hier ihren Rastplatz für die Seele "Nach jedem Besuch unseres Nachbarlandes Tschechien verweile ich bei der Rückfahrt gerne in diesem schönen Gotteshaus.

Es gibt mir wieder etwas Auftrieb für die kommende Zeit", heißt es da im Gästebuch. Oder: "Lass alles gut werden und steh uns bei, Gott. Hilf, dass ich mich wieder auskenne mit mir und meinem Leben." Gerade hat eine Besucherin die Kirche betreten und zündet eine Kerze an. Gefragt, an wen sie dabei denke, wendet sich die Frau ab.

Nein, sie möchte lieber nicht darüber sprechen. Zwischen all diesen Welten und manchmal Abgründen steht Gunhild Stempel, der die Kirche wie ein Schiff in Bewegung vorkommt. "Ich möchte den Menschen sagen: Hör mal, Gott beschützt dich, ihn gibt es. Sonst stünde ich nicht hier." Jährlich besuchen etwa eine Million Menschen Autobahnkirchen. Die angezündeten Kerzen leuchten wie kleine Hoffnungszeichen auf
Deutschlands Straßen.

Gunhild Stempel an der Autobahnkirche Waidhaus
Gunhild Stempel an der Autobahnkirche Waidhaus
Autobahnkirche Waidhaus: Altar und Opferstock
Autobahnkirche Waidhaus: Blick in die Kirche
Autobahnkirche Waidhaus: Blick in die Kirche

Autobahnkirchen in Deutschland

Autobahnkirchen stehen entweder an Autobahnraststätten, an Autohöfen oder in unmittelbarer Nähe einer Autobahnabfahrt. Sie sind zuverlässig tagsüber mindestens von 8 bis 20 Uhr geöffnet, manche von ihnen rund um die Uhr.

Über eine Million Menschen nutzen jährlich das Angebot. Von den existierenden Kirchen sind 19 evangelisch, 8 katholisch und 17 ökumenisch getragen. Die älteste katholische Autobahnkirche steht in Adelsried (1958), die älteste evangelische Autobahnkirche in Exter (1959).

Eine Liste mit allen Autobahnkirchen findet sich hier.