Auf der Straße von dem Zentrum der Stadt Grafing in Richtung Glonn erblickt man zu seiner Linken einen modernen Kirchenbau mit einem auffällig zugespitzten Turm: die evangelisch-lutherische Auferstehungskirche. Von außen erscheint die Kirche als ein schlichter, unauffälliger Bau. Der Innenbereich ist ein hoher und lichtdurchfluteter Raum. Ein Ort, der die Gedanken und Sinne auf das Wesentliche unseres Glaubens zu konzentrieren vermag: die Einladung zum Gebet und an den Tisch des Herrn. Im Jahr 2020 feiert die Kirchengemeinde das 50-jährige Bestehen der Kirche.

Geschichte der Auferstehungskirche in Grafing

Nach dem ersten Weltkrieg entstand in Grafing eine erste kleine protestantische Gemeinde. So kam es 1924 zur Errichtung der Heilandskirche auf den Grundmauern eines alten Feuerwehrhauses. Die anfänglich sehr spärliche Anzahl von Protestanten in Grafing fluorierte über die Jahre stark. Besonders in der unmittelbaren Nachkriegszeit: viele evangelische Heimatvertriebene aus den deutschen Ostgebieten fanden in Grafing neue Heimat.

Durch den Landeskirchenrat wurden in den 60er-Jahren Pläne für eine neue evangelische Kirche veranlasst. So kam es am 25.10.1970 zur Einweihung der Auferstehungskirche als Nachfolgerin der alten Heilandskirche mit nun rund 1200 Gemeindemitgliedern.

Die alte Heilandskirche in Grafing

Zum Jubiläum dazu Regionalbischof Christian Kopp: "Eigentlich eine tolle Verbindung – nach der leiblichen Feuerwehr kam die geistliche Feuerwehr. Erst nach dem schrecklichen Krieg kamen immer mehr Menschen hierher nach Grafing. Und die brauchten eine gute Adresse und mehr Platz. Es hat dann aber noch bis zum 25. Oktober 1970 gedauert".

Die Zeitumstände verlangten eine neue Dynamik in der Kirche. Die 68er-Bewegungen brachten Zweifel an alten Ordnungen – und den Wunsch nach Veränderung. Der erste Pfarrer, Seiß, kam diesem Bedürfnis entgegen. Er hätte einen offenen Führungsstil gezeigt, mit Aufgeschlossenheit und viel Raum für Ökumene. Diesen gemeinschaftlichen und progressiven Charakter scheint die Kirche in Grafing bis heute zu definieren.
Vielleicht passt die Namensgebung auch zum Umschwung dieser Zeit: "Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur […], siehe, es ist alles neu geworden. Der auferstandene Christus allein vermag den Menschen unserer Zeit eine lebendige Hoffnung zu geben.", so in der Urkunde zur Grundsteinlegung 1969.

Architektur der Auferstehungskirche von Lichtblau

Der 70er-Jahre Bau von den renommierten Münchener Architekten Lichtblau und Bauer hebt sich deutlich vom Stadtbild ab: am Marktplatz neubarocke Giebelbauten, in den Siedlungen ein bayerisch-rustikales Flair. Das Kirchengebäude zusammen mit dem freistehenden Kirchturm versprühen dahingegen protestantische Schlichtheit. Damals lag die Kirche noch am Rand von Grafing, jetzt ist sie ins Zentrum gerückt. Axel Kajnath, der seit 1992 Pfarrer der Gemeinde ist, findet, das Gotteshaus setze einen modernen Akzent in der Stadt.

Nach dem Vorraum, von dem die Wendeltreppe zur Empore führt und wo Martin Luther von einem Fensterbild auf den Eintretenden blickt, folgt der Kirchenraum.

Die sich weitende Halle mit einem sechseckigen Grundriss erweckt auf den ersten Blick den Eindruck eines Schiffes mit einem aufragenden Bug. Vielleicht ein Bug gegen die Brandung des Alltags? Diese symbolhafte Wirkung wird durch die durchdachte Gestaltung des Innenraums noch verstärkt. Unter dem sich zuspitzenden Giebel mit hochliegenden Fenstern steht der Altar. Zu der einen Seite des Altars findet sich die Kanzel, zur Anderen das Taufbecken und die Osterkerze. Letzter Blickfang ist das alles überragende Kreuz. Es stammt, wie alle Bronzearbeiten (Altar, Kanzel und Taufbecken) dieser Kirche, aus der Werkstatt des Kunstschmiedes Manfred Bergmeister aus Ebersberg.

 

Evangelische Auferstehungskirche Grafing

Auferstehungskirche Grafing
Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Grafing - Aßling -Glonn
Dekanatsbezirk Rosenheim
Kirchenkreis München-Oberbayern
Amtierender Pfarrer: Axel Kajnath

Glonner Straße 7
85567 Grafing bei München
Telefon: +49 (0) 8092/9240
Fax: +49 (0) 8092/84301
E-Mail: pfarramt.grafing@elkb.de

Evangelische Kirche in Grafing - Außenansicht
Evangelische Kirche in Grafing - Außenansicht

Kirchenraum der Auferstehungskirche

Der lichtdurchflutete Raum gibt einem das Gefühl von Ruhe, Weite und Besinnung. Er hält die Sinne nicht gefangen, sondern lässt sie frei.

Besonders ist, dass statt Bänken Stühle von drei Seiten halbrund angeordnet in Blickrichtung des Altartisches stehen. Es sollte kein distanzgebietendes, frontales gegenüber von Altar und Gemeinde geben – stattdessen ein enger Kontakt zwischen Gemeinde, liturgischem Geschehen und dem Pfarrer, die sich gegenseitig zugewandt sind und so den Kreis des Abendmahls schließen. Die Objekte sind zudem alle auf einer Ebene – eine Metapher für die Gleichwertigkeit von Amt und Gemeinde.  "Alles soll auf einer Ebene sein, wir alle stehen auf gleichem Grund des Evangeliums. Alle Objekte sind zudem verschiebbar für Zwecke wie Gottesdienste, Konzerte", so Pfarrer Kajnath. Es gilt: Praxisnahe Raumnutzung statt Prachtentfaltung.

Anfänglich zierte den Innenraum kein Wandschmuck, was die Gemeinde als zu karg empfand. In einem aufwendigen Verfahren wurden so die Wandbilder der vier Evangelisten aus der alten Heilandskirche abgenommen. Die vier Wandbilder von Kirchenmaler Josef Bergmann sollen nicht nur als Farbfleck neben dem Altar dienen, sondern auch für die Verbindung zwischen "alt und neu" stehen. Die Auferstehungskirche ist schließlich ein Teil einer umfangreicheren Geschichte. Die Synthese aus historischer und moderner Architektur findet sich in weiteren Elementen: das alte Krusifix wurde in die Sakristei übernommen, der Hahn der Heilandskirche ist jetzt auf dem Vorplatz der Auferstehungskirche und eine von drei Glocken des Kirchturms wurde von der alten Kirche übernommen.

Außen begleitet der Kirchturm mit seinem hohen Schieferdach den Besucher noch ein Stück des Weges. Der 32m hohe Kirchturm taucht immer wieder unvermutet im Blickfeld auf, an verschiedenen Stellen der Stadt. Der sich nach oben zuspitzende, Glockenturm soll auch ein "Schiff in der Brandung des Alltags" darstellen

Die evangelische Kirchengemeinde in Grafing

Trotz spärlicher Dekoration ist die Kirche ein bunter Ort. Die Gemeinde unterhält viele regelmäßige Projekte. Zentral dabei ist die Auseinandersetzung mit seinem Glauben, vor allem im ökumenischen Rahmen. Z.B. das ökumenische Bibelgespräch, der ökumenische Gesprächskreis oder Ökumenabende mit namhaften Referenten. "Ökumene bedeutet den Anderen in seiner Andersartigkeit wahrzunehmen und zu schätzen", so Pfarrer Kajnath.

Besonders ist auch die Würdigung von theologischen Laien, die Lektoren, die den Pfarrer im Gottesdienst inhaltlich unterstützen. Die Kirche ist zudem Trägerin von drei Kindertagsstätten in der Umgebung.

Das was diese Kirche besonders macht, fasst Pfarrer Kajnath treffend zusammen: "Die Kirche ist schlicht, nüchtern und aufs Wesentliche konzentriert.  Sie bietet eine flexible Raumnutzung, die wir auch inhaltlich aufnehmen. Für mich ist Kirche ein offenes Haus, das mit Leben gefüllt werden muss. Wir öffnen sie gerne – sei es für Konzerte, Ausstellungen oder Lesungen." Die Auferstehungskirche in Grafing ist eine Kirche ohne Prunk, wo man frei erhobenen Blickes Gott gegenübertreten kann.

Evangelische Kirche in Grafing - Altar
Evangelische Kirche in Grafing - Blick von der Empore
Evangelische Kirche in Grafing - Blick von der Empore
Evangelische Kirche in Grafing - Historisches Foto
Evangelische Kirche in Grafing - Historisches Foto
Evangelische Kirche in Grafing - Evangelisten
Evangelische Kirche in Grafing - Innenansicht
Evangelische Kirche in Grafing - Martin Luther
Evangelische Kirche in Grafing - Orgel
Evangelische Kirche in Grafing - Orgel
Evangelische Kirche in Grafing
Evangelische Kirche in Grafing