Maike Telkamp ist seit 2016 Koordinatorin für die Flüchtlingsarbeit des evangelisch-lutherischen Dekanatsbezirks München. Ihre Dienststelle ist im Evangelischen Migrationszentrum im Westend angesiedelt. Beide Einrichtungen unterstützen den Aufruf zur Großdemonstration "#ausgehetzt" am Sonntag 22. Juli 2018 in der Münchner Innenstadt.

Frau Telkamp, warum unterstützen Sie den Aufruf zur Demo "#ausgehetzt"?

Maike Telkamp: Die Forderung, in der Flüchtlingspolitik eine von humanitären Gesichtspunkten geleitete Linie zu wahren und eine gemäßigte Sprache anzunehmen, spricht mir persönlich aus dem Herzen. Auch und vor allem als in der Kirche engagierte Christin. Da kann ich nicht nur sagen "Macht ihr mal", sondern da möchte ich die Demo mit unterstützen. Als Koordinatorin für die Flüchtlingsarbeit im Dekanat höre ich bei vielen Ehren- und Hauptamtlichen tiefe Betroffenheit über Ton und Duktus, den die Flüchtlingspolitik und die Sprache darüber derzeit annehmen. Allen ist klar: Kirche - und das sind immer wir Menschen, die in ihr leben - kann und darf nicht schweigen, wenn es um die Wahrung grundlegender Menschenrechte, Schutz der Demokratie und gelebte Nächstenliebe geht.

Vertreter der CSU haben sich beschwert, dass die Demonstration Bundesinnenminister Horst Seehofer, Ministerpräsident Markus Söder und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt ins Zentrum der Kritik rückt. Können Sie diese Beschwerde nachvollziehen?

Maike Telkamp: Die CSU ist die Partei, die diese drei Personen an ihre Spitze stellt. Sie geben der ganzen Partei ein Gesicht. Wenn die CSU eine gemäßigtere Linie einschlagen möchte, muss sie das durch die Wahl ihres Spitzenpersonals ausdrücken. Meines Wissens nach gibt es eine ganze Menge Unions-Mitglieder, die am Sonntag unter dem Motto "Nicht mein Ministerpräsident" auf der Demo mitlaufen werden. Viele an der Partei-Basis tragen den aktuellen Kurs nicht mit. Ich würde mir wünschen, dass sich das dann auch in der Wahlkabine niederschlägt.

Was ist Ihre Forderung mit Blick auf die Sprache in der Flüchtlingsdebatte?

Maike Telkamp: Es kann nicht sein, dass wir über Menschen in Not in Zahlen sprechen. Das sind Väter und Mütter, Brüder, Schwestern und Kinder, die eine Zukunft wollen und verdient haben. Hinter jedem, der in der Fremde ein neues Leben sucht, steht ein persönliches Schicksal! Meine Forderung ist, diese Not nicht unter wirtschafts - und sicherheitspolitischen Kriterien zu behandeln. Und diese Haltung muss sich dann auch in der Sprache niederschlagen!