Die große Laufer Stadtkirche wurde zwischen 1350 und 1370 errichtet – da war von Reformation geschweige denn von einem Freistaat Bayern noch keine Spur. Im Zuge der Säkularisation vor rund 200 Jahren einigte man sich, dass die Johanniskirche im Eigentum der Kirchengemeinde bleibe, die Baulast übernahm allerdings der bayerische Staat. "Zumindest für die Teile des Gotteshauses, in denen liturgische Handlungen durchgeführt werden. Im Gegenzug wurden damals  sämtliche Pfründe der Stiftung zum Kirchenunterhalt verstaatlicht", erklärt Hanstein, der seit September 2015 in Lauf für immerhin sieben evangelische Kirchengebäude verantwortlich ist. Solche "Deals" zwischen politischer und kirchlicher Gemeinde sind auch heute noch Usus: Erst im März 2017 unterschrieben Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und der damalige bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle einen "Vertrag über den Vollzug der staatlichen Baupflicht an kircheneigenen Kirchengebäuden".

Steine fielen herunter

Dann geschah es: Ein Steinbrocken fiel vom Kirchturm herab und erschlug beinahe einen Passanten.  Die Fläche unterhalb des Turms wurde abgesperrt, bestiegen werden konnte er zunächst nicht mehr. Womit für die Laufer Bürger und Touristen das Wahrzeichen der Stadt vorerst verschlossen blieb. Schade, weil rund 50 Meter weiter oben nicht nur eine Aussichtsplattform mit einem historisch wertvollen schmiedeeisernen Brüstungsgitter aus der Barockzeit zu finden ist, das an den "schönen Brunnen" in Nürnberg erinnert, sondern auch eine so gut wie original erhaltene Türmer-Wohnung.

Wenn Pfarrer Jan Peter Hanstein an die Turmbesteigung nach dem Vorfall denkt, wird ihm immer noch mulmig. "Das war sehr gefährlich, weil die Geländerpfosten im nicht sichtbaren Teil im Boden teils bis auf wenige Millimeter durchgerostet waren", erinnert er sich. Die auf Metallrestaurierung spezialisierte Firma Haber & Brandner aus Regensburg hatte die Konstruktion abgebaut und in der Werkstatt generalüberholt. Allein diese Metallbauarbeiten kosteten rund 70 000 Euro.

Zankapfel Kirchturm Lauf an der Pegnitz

Gitter und Wohnung wurden jetzt zum Zankapfel zwischen Bezirksregierung und  Kirchengemeinde, die sich monatelang mit der Frage "und wer zahlt´s?" befassten: Die Regierung hatte sich auf den Standpunkt gestellt, dass beide Posten nicht Teil der liturgischen Nutzung des Gebäudes wären. Jedoch wurde das Geländer schon 1689 nachweisbar genutzt und der Turmwächter war von je-her städtischer Angestellter.

Für Eva Seiler, Kirchenrechtsdirektorin an der Ansbacher Landeskirchenstelle, war der Fall klar. In einem Schreiben an die Bezirksregierung argumentierte sie, der Unterhalt werde staatlicherseits mit der Begründung abgelehnt, dass diese Plattform "nicht für Kultuszwecke erforderlich" sei. Das stimme aber nicht. Das Geländer sei vielmehr deshalb im Zuge der staatlichen Baupflicht zu unterhalten, weil es bereits bei Übernahme der Kirche St. Johannis im Jahr 1852 vorhanden war und als Bestandteil des Kirchturms, der unbestritten der staatlichen Baupflicht unterliege, ebenfalls vom Staat zu unterhalten sei. "Da die Säkularisierung erst 1806 war, ließ sich die Haltung der Behörde nicht aufrechterhalten. Wir sind froh, dass es nicht zu einer verwaltungsrechtlichen Auseinandersetzung kommen musste", meint Hanstein.

Man einigte sich schließlich auf einen Kompromiss, bei dem die Kirchengemeinde mit rund 45.000 Euro dabei ist. Da es vom örtlichen Gewerbe Zuschüsse und durch die Gemeindeglieder Spenden gibt, muss Hanstein die Rücklagen auch nicht in dem Maß wie befürchtet angreifen. Glücklicherweise sind der Rückhalt und die Spendenbereitschaft aus der Bevölkerung groß. Egal, ob Kirchturmpolitik oder nicht.