Ein Beschluss der bayerischen Staatsregierung sorgt für heftige Diskussionen. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte angekündigt, dass in allen staatlichen Behörden im Freistaat Kreuze hängen müssen. Das gefällt nicht jedem.

Kreuze sollen ab 1. Juni in allen Behörden aufgehängt werden

Mehrere Kirchenvertreter haben die beschlossene Kreuz-Pflicht in den Eingangsbereichen bayerischer Staatsbehörden begrüßt - allerdings mit Einschränkungen. Der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm sagte, dass er sich freue, wenn auch in der Öffentlichkeit Kreuze sichtbar seien. "Religion lässt sich nicht in die Privatsphäre verbannen." Zugleich warnten die Kirchen- und Religionsvertreter aber davor, das Kreuz für politische Zwecke zu missbrauchen.

"Es ist genau das Kreuz, dass es immer wieder notwendig macht, die Politik kritisch zu hinterfragen, wenn es um die Überwindung von Armut, den Einsatz für eine humane Flüchtlingspolitik oder die Überwindung von Krieg und Gewalt geht", betonte Bedford-Strohm. Kreuze seien eine Art öffentlicher Selbstverpflichtung auf das, was den Inhalt des Kreuzes ausmacht: Humanität, Nächstenliebe, Menschenwürde.

Diskussion um Kruzifix in Behörden

Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hatte sich im Bayerischen Rundfunk (BR) kritisch geäußert. Er habe "im Prinzip nichts gegen Kreuze in Dienstgebäuden", sagte er. Man müsse sich aber schon die Frage stellen, welchen Sinn sie eigentlich haben sollten.

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick begrüßte im Bayern2-Interview, die Entscheidung des Kabinetts zwar grundsätzlich. Für ihn komme es aber auf die Deutung des Kreuzes an: "Alle Menschen, die das Kreuz anschauen, verpflichten sich, das zu leben und voranzubringen, was das Kreuz bedeutet." Das Kreuz wolle etwa "alle Unterschiede zwischen Arm und Reich" überwinden, betonte der katholische Theologe.

Der katholische Hochschulpfarrer Burkhard Hose aus Würzburg sieht den Beschluss der bayerischen Staatsregierung deutlich kritischer. Noch am Dienstag hatte er einen offenen Brief an Ministerpräsident Markus Söder (CSU) geschrieben. Er empfinde es "zunehmend als eine Provokation und Heuchelei, wie Sie über das Christentum öffentlich reden". Das Christentum werde von Söder "dazu missbraucht, um die Ausgrenzung von Menschen anderen Glaubens zu betreiben". Das Kreuz tauge nicht als verlängerter Arm einer Politik der Ausgrenzung, schreibt Hose in seinem Brief: "Beenden Sie den Missbrauch des Christlichen und seiner Symbole als vermeintliches Bollwerk gegen den Islam."

Kirchenrechtler hält Anordnung für problematisch

Der evangelische Kirchenrechtler Hans Michael Heinig hält die bayerische Anordnung zum Aufhängen von Kreuzen für problematisch. Evident verfassungswidrig sei die Entscheidung des Kabinetts allerdings nicht, sagte der Göttinger Experte für Staatskirchenrecht dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sie berühre aber die Verpflichtung des Staates zur religiös-weltanschaulichen Neutralität und stelle daher "einen heiklen Grenzfall" dar, argumentierte der Universitätsprofessor. Zudem sieht der Verfassungsrechtler einen Versuch, eine Religion zu vereinnahmen. Religionspolitisch wäre zu fragen, "ob dort nicht ein Glaubenssymbol auf problematische Weise politisch instrumentalisiert wird", sagte Heinig.

Der katholische Kirchenrechtler Thomas Schüller von der Uni Münster sagte der Deutschen Welle, er das Kreuz politisch so instrumentalisiere, "begreift nicht einmal im Ansatz theologisch die im Ersten Korintherbrief genannte Torheit des Kreuzes, die Stachel im Kreuz der Mächtigen und Hoffnungszeichen für die Schwachen und Entrechteten ist". Die Pflicht ein Kreuz in Staatsbehörden aufzuhängen mit der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns zu begründen, wie es Söder gemacht habe, mache das Kreuz "zu einem bloßen Symbol der Folklore". Die Vorgabe sei verfassungsrechtlich "grenzgängig", weil er eine zu starke Identifikation mit einer Religion sein kann, obgleich der Staat neutral zu sein habe.

Kabinett ändert Geschäftsordnung für Behörden

Das bayerische Kabinett hatte in seiner Sitzung am Dienstag die allgemeine Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats geändert. Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes im Freistaat sei ab dem 1. Juni als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns deutlich wahrnehmbar ein Kreuz als sichtbares Bekenntnis zu den Grundwerten der Rechts- und Gesellschaftsordnung in Bayern und Deutschland anzubringen. Gemeinden, Landkreisen und Bezirken werde empfohlen, entsprechend zu verfahren.

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