"Die Kirche hat viele Grundstücke und Gebäude, mit denen sie verantwortlich umgehen muss", sagt Studentenpfarrerin Tabea Baader: "Es wäre unverantwortlich, nichts zu tun." Auch Peter Roth, Professor an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Augsburg und regelmäßiger Gast beim Mittagstisch in der ESG-Cafete, sieht die "Schöpfung als unsere Verantwortung", die es "zu bewahren und nicht auszunutzen" gelte. So entstand im Sommer 2017 die Idee, die Grünfläche neben dem Gemeindezentrum Stephanus, in dem die ESG ihre Räume hat, in eine Heide umzuwandeln und so Bienen und anderen Insekten Nahrung und Lebensraum zu bieten.

Wildblumenwiese: Projekt von Gemeinde, ESG und Uni Augsburg

Eigentümer der Fläche ist der Kirchenvorstand der Paul-Gerhardt-Gemeinde. Er gab grünes Licht und im Herbst desselben Jahrs begannen die Arbeiten für das Projekt Wildblumenwiese: 13 Rohbodeninseln wurden ausgehoben und im folgenden Frühjahr mit Wildblumensamen besät. Die Grassoden wurden zu einem Hügelbeet aufgeschichtet, das bereits im vergangenen Sommer eine üppige Ernte an Tomaten, Kürbissen, Zucchini, Kartoffeln und Paprika lieferte. Zudem wurden Johannis- und Stachelbeerbüsche gepflanzt; an der Mauer zum Parkplatz wachsen Kräuter wie Salbei oder Thymian.

Eine Tafel am Rande der Wiese informiert über das Projekt. Fördermittel bekommt die ESG dafür übrigens nicht; die Arbeiten wie Pflanzen, Gießen, Sensen und einen Zaun für Schafe bauen leisten Studierende, Gemeindeglieder und Angestellte der Uni ehrenamtlich. Etwa 25 Leute, schätzt Baader, haben im vergangenen Jahr aktiv mitgearbeitet; der Kern von fünf Leuten koordiniert die Arbeiten.

Wie bereits im vergangenen Juli sollen auch heuer wieder Schafe der CityFarm Augsburg zwei Wochen lang auf der Wiese grasen. Die Tiere locken Passanten ebenso an wie Peter Roth, der mit einer Sense das Gras mäht, das die Schafe verschmäht haben.

Wildblumenwiese als Treffpunkt

Viele Bewohner des Univiertels und Mitglieder der dortigen Kirchengemeinde sind Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion und waren früher selbst in der Landwirtschaft tätig. Der Bezug zur Natur, zu Feld- und Gartenarbeit fehlt ihnen häufig in den Wohnanlagen, sodass die Wiese den Menschen im Stadtteil auch einen Ort bietet, an dem sie gerne verweilen, schauen, sich freuen und ins Gespräch kommen.

Doch nicht nur bei Passanten und Gemeindegliedern stößt die Wiese auf positive Resonanz. Auch die Studierenden in der ESG setzen sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinander. "Da schlägt das Bioherz höher", sagt etwa Valerie Döring, die Lehramt an Mittelschulen studiert und als Tutorin in der ESG tätig ist. "Den jungen Leuten ist bewusst, was mit der Natur passiert", sagt Tabea Baader. Ein Kirchenraum sei für viele abstoßend, "aber wenn wir etwas Sinnvolles machen, werden wir attraktiv."