Ein Kirchenschiff mit sieben Rundbögen, ein steinerner Altar und ein eisernes Kreuz – die Weidenkirche im mittelfränkischen Pappenheim (Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen) ist zunächst einmal ein ganz normales Gotteshaus. Doch gewöhnlich ist sie nicht. Dicke Steinmauern und wertvolle Bilder sind ebenso wenig vorhanden wie eine abschließbare Tür oder ein Dach. Der Besucher dieser Kirche befindet sich mitten in der freien Natur.

Die erste Naturkirche Bayerns besteht aus über 1.000 Weidensetzlingen, die sich an einem Stahlgerüst empor ranken, das mit seinen Bögen den Grundriss für das Kirchenschiff und die Kuppel bildet. Über dem Altar wölbt sich das Weidenstützwerk nach oben und gibt den Blick zum Himmel frei – ganz so, als führe an dieser Stelle ein direkter Draht zu Gott.

Weidenkirche Pappenheim hat Platz für 150 Menschen

Die 30 Meter lange Weidenkirche, in der 150 Menschen Platz haben, ist aufgrund ihrer biologischen Bausubstanz eine Saisonkirche. Im natürlichen Wechsel der Jahreszeiten verändern sich ihr Aussehen und ihre Beschaffenheit: Im Frühling sprießen die zarten Keime der Weiden, die im Sommer grün blühen und sich im Herbst zurückziehen, bevor sie im Winter vorübergehend in der Gestalt kahler Ruten verharren. Die gepflanzte Kirche befindet sich nicht nur inmitten von Gottes Schöpfung, sie verwandelt sich auch mit ihr.

Unter dem Motto "Kirche: natürlich!" verwirklichte die Evangelische Jugend in Bayern in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Landvolkshochschule Pappenheim 2007 ihre Vorstellung von einer lebendigen und offenen Kirche, die wächst und sich verändert. Rund 100 Jugendliche, Ehrenamtliche sowie weitere freiwillige und baukundige Helfer waren zwei Wochen damit beschäftigt, das Stahlgerüst zu errichten und die Weiden zu bündeln und zu pflanzen.

Evangelische Jugend arbeitet an Weidenkirche Pappenheim

Dass Pappenheim der geeignete Ort für dieses "Riesenprojekt" – wie die Religionspädagogin Karin Mack vom Amt für evangelische Jugendarbeit den Bau der Weidenkirche nennt – ist, war schnell klar. Die direkte Lage der Naturkirche an der Altmühl und am Altmühltal-Radweg beschert den Pappenheimern auch "zufällige" Besucher.

Als Vorbild diente den Kirchenbauern der vom Architekten Marcel Kalberer und seiner Baugruppe "Sanfte Strukturen" entworfene Weidendom, der im Rahmen der Internationalen Gartenschau 2003 in Rostock errichtet wurde und als größtes lebendiges Bauwerk gilt. Daneben ist die Weidenkirche in Kaiserslautern zu nennen, die sich auf dem Gelände der ehemaligen Landesgartenschau des Landes Rheinland-Pfalz befindet. Grundriss und Statik der Pappenheimer Weidenkirche entstanden in enger Kooperation mit den Kirchenbauern in Kaiserslautern, wie Mack berichtet.

Neben den regelmäßigen Gottesdiensten kann man die Naturkirche auch für Taufen oder Trauungen buchen. Die Reaktionen auf das natürliche Gotteshaus sind laut Mack durchweg positiv: "Fast immer sitzen Leute auf den Stühlen im Kirchenschiff."

"Es ist das geworden, was wir uns gewünscht haben, eine offene und lebendige Kirche", sagt Mack über die Verwirklichung der Naturkirche. Sehr viel Wert wird auf die Pflege der Weidenkirche gelegt. Jedes Jahr im Herbst werden die Weiden wieder an ihr Gerüst gebunden und zurechtgeschnitten, so dass die gotische Grundstruktur sichtbar und der Ort als sakraler Raum erkennbar bleibt.