Der evangelische Pfarrer Thomas Wolf und sein katholischer Kollege Dieter Jung hatten unter anderem zunehmende nationalistische Tendenzen beklagt, mit denen etwa in der Flüchtlingsfrage die europäische Idee von Zusammenhalt, Verlässlichkeit und Solidarität aufs Spiel gesetzt werde. Dieser "rechte Exit-Virus" grassiere auch in Rehau, kritisierten die Theologen mit Blick auf die Ergebnisse der letzten Wahlen. Nachdrücklich verwiesen sie auf die Verantwortung, die gerade Christen für ihre Mitmenschen übernehmen müssten: "Das Kreuz soll in Bayern nicht nur als Modeschmuck auf dem Rehauer Wiesenfest und in den Amtsstuben prägen - dann wäre es oberflächlich und ohne jede Wirkung."

Nach Ansicht des Rehauer Bürgermeisters und anderer Gottesdienstbesucher hätten sich die beiden Pfarrer mit solchen Aussagen im Ton vergriffen. Er wolle beim Gottesdienst "die frohe Botschaft hören und kein schlechtes Gefühl bekommen", sagte Abraham gegenüber der Hofer "Frankenpost".

Beim nächsten Wiesenfest solle es für solche Predigten keine Plattform geben.

Der Rehauer AfD-Ortsverband warf auf seiner Facebook-Seite dem evangelischen Pfarrer einen "politischen Missbrauch" des Hirtenamts vor. Wolf habe "den Rehauer Christen, die in den letzten Wahlen reihenweise AfD gewählt hatten, quasi das Christsein abgesprochen".

Rückendeckung erhielten die beiden Rehauer Pfarrer jetzt vom evangelischen Hofer Dekan Günter Saalfrank. "Auch wenn manche Menschen es sich wünschen: Die biblische Botschaft ist kein Wohlfühlevangelium", sagte Saalfrank am Wochenende bei einer Marktandacht in Hof. So hätten bereits die Propheten und Jesus selbst auch politisch gepredigt und zu konkreten Situationen und Vorgängen Stellung genommen. Predigten könnten und sollten politisch sein, "denn das Evangelium wird ja nicht im luftleeren Raum verkündigt, sondern in eine aktuelle Situation hinein."

Mit Blick auf die Rolle der Kirche in den Jahren des aufsteigenden Nationalsozialismus erinnerte Saalfrank: "Wo diese kritische Seite der Bibel ausgeblendet wird, können wir Menschen schnell dem Zeitgeist auf den Leim gehen oder falsche Wege beschreiten."

Die zwei Rehauer Pfarrer wollen derzeit keinen öffentlichen Kommentar zu den Ereignissen abgeben, hieß es in Medienberichten. Demnach gebe es aber die Bereitschaft zu Gesprächen mit den Veranstaltern.