Nicht wenige konservative Christen sympathisieren mit der AfD – heimlich oder offen. Sie sind im evangelikal-freikirchlichen Milieu zu finden, aber nicht nur dort.

Ein "Gefühl der Heimatlosigkeit" hat sich bei vielen konservativen Christen breitgemacht. Die katholische Kirche ist unter Papst Franziskus nach links gerückt, die CDU unter Bundeskanzlerin Angela Merkel ebenso, die evangelischen Landeskirchen sind es schon lange. Viele von jenen, denen die kurz vor den Wahlen beschlossene "Ehe für alle" nicht geschmeckt hat, hadern auch mit "Genderwahn", "Frühsexualisierung" in den Schulen oder einer vermeintlichen Islamisierung Europas.

Der AfD ist es bei den jüngsten Wahlen gelungen, rechte Wähler ebenso zu mobilisieren wie "fromme Christen". Aus der Wählerforschung ist bekannt, dass 75 bis 80 Prozent der Wähler ihre Stimme der Partei geben, von der sie überzeugt sind. Die AfD hingegen hat lediglich 20 Prozent sogenannte Überzeugungswähler. AfD-Stimmen sind ganz überwiegend Stimmen des Protests.

Die Repräsentanten der großen Kirchen haben von Anfang an Distanz gehalten zur AfD. Sie erkennen in den Deutschnationalen eine ausländerfeindliche Partei mit radikalem Gedankengut, die Panik schürt vor dem Islam.

Doch die Partei hat mehr Verbindungen zum Christentum, als es Christen lieb sein kann. Darauf weist der Publizist und evangelische Theologe Wolfgang Thielmann zu Recht hin. Das Christentum steht als Quelle der Leitkultur im Programm der Rechtspartei. Sie wurde in einem evangelischen Gemeindezentrum gegründet. "Fromme" und säkulare Rechte verbindet ein diffuses Gefühl der Bedrohung durch Modernisierung und Internationalisierung.

Vor den Bundestagswahlen hat die Rechtspartei ein "Kirchenpolitisches Manifest" vorgelegt, in dem sie darum buhlt, dass die Kirchen auch mit ihr sprechen. "Christen in der AfD verdienen den gleichen Respekt für ihre Gewissensentscheidung und ihr Engagement wie alle anderen Akteure des politischen Spektrums auch", heißt es darin.

Der Berliner Landesbischof Markus Dröge gehörte zu den wenigen Kirchenvertretern, die das Gespräch mit den Rechten suchten. Auf dem Kirchentag im Mai stellte er in einer kontroversen Diskussion Anette Schultner (44), die Vorsitzende der "Christen in der AfD" – die sich ChrAfD abkürzen und "Kraft" sprechen. Er verhalf Schultner damit zugleich zu einer gewissen Popularität.

Nun ist Anette Schultner aus der AfD ausgetreten. Als Grund nennt sie "die Radikalisierung" ihrer Partei. Die AfD sei eindeutig kein "wirkliches Angebot für konservative Wähler". Gut, dass sich das nun auch unter diesen herumzusprechen beginnt.

Schlecht, dass die radikale Rechtspartei bereits in fast allen deutschen Parlamenten sitzt. Schlecht auch, dass "die bestehende parteipolitische Repräsentationslücke für bürgerlich konservative Wähler" bleibt. Auch da hat Anette Schultner recht.