Der Sommer naht, die Temperaturen steigen und ich schwitze jetzt schon unter meiner Schutzmaske. Nicht, weil sie zu eng anliegt, selbst genäht oder zu dick wäre, nein, dieser Schweiß ist angstbegründet. Kaum werden die Corona-Einschränkungen gelockert, ist es mancherorts mit Schutz und Abstand und Vorsicht schon wieder vorbei.

Dichtes Gedränge im Englischen Garten in München, lautkreischendes Umarmen – zwar mit Maske, aber ohne Distanz – in manchen Innenstädten, irrsinnige Anti-Masken-Demos und selbst in der Bahn drängen sich schon wieder Dutzende dicht an dicht und über Sitze hinweg parlierend und wild gestikulierend.

Sehnsucht nach Normalität

Thüringen will sich nun ganz von den Verboten verabschieden, das Virus und der Umgang damit wird zunehmend zum politischen Spielball und damit auch zum heiklen Pulverfass. Ehrlich gesagt verstehe ich absolut nicht, wie man innerhalb von ein paar Tagen Dinge abschüttelt, die wir eben erst in zweieinhalb Monaten mühsam erlernen mussten – nach Angst und Sorge um eine drohende und gefährliche Erkrankungswelle.

Klar, wir sehnen uns nach der alten Normalität, nach Urlaub, essen gehen, shoppen, Freiraum. Und fühlen uns aber schon wieder viel zu sicher angesichts deutlich sinkender Infektionszahlen in den vergangenen Wochen, die aber rasant wieder in die Höhe schnellen können.

Deutliche Warnzeichen

Klar schüttelt man beispielsweise in der 300.000-Einwohner-Stadt Augsburg noch immer den Kopf angesichts drastischer Corona-Beschränkungen bei aktuell nicht einmal 400 Infizierten in der Stadt seit Beginn der Pandemie. Klar ist es höchst erfreulich, wenn sich zahlreiche Landkreise oder Städte wie etwa Memmingen bei nur rund 50 Infizierten seit über einer Woche schon "corona-frei" nennen können.

Doch das jüngste Infektionsgeschehen etwa in einer Frankfurter Baptistengemeinde oder in einem niedersächsischen Restaurant sind deutliche Warnzeichen: Das Virus ist da, wo auch immer, und selbst wenn tagelang kein neuer Covid-Fall gemeldet wird, kann es jederzeit wieder aus seinem Versteck zuschlagen.

Solange es keine Lösung für die Bekämpfung des Virus gibt, solange kein Medikament und kein Impfstoff vorhanden sind, sollten wir weiterhin vorsichtig und gewarnt sein und nicht allzu leichtfertig den bisherigen Erfolg der Maßnahmen verspielen.

Jeder einzelne ist gefragt

Erinnern wir uns nochmals an die anfänglichen Bilder aus Italien, auf denen Armeelaster Hunderte von Leichen aus Bergamo brachten. Erinnern wir uns nochmals an Bilder aus den USA, wo Leichen mit Gabelstaplern verladen wurden.

Das alles ist keine drei Monate her. Einen weiteren Shutdown können nur wir selbst verhindern.