Die beiden Stadtdekane werden am Tag vor Heilig Abend im Stadion einen Segen sprechen und danach kräftig mitsingen. "Immerhin", könnte man meinen, wenn man Christian Vogel, Aufsichtsratsvorsitzender des Stadions und Zweiter Bürgermeister dazu hört. "Bei unseren Überlegungen war, das muss man ganz offen so sagen, das Christenfest nicht wirklich ein Thema", sagt Vogel. Es sollte eine Veranstaltung für alle ohne Prägung und Vorfestlegung werden.

Jedoch habe ihn Jürgen Körnlein darauf angesprochen, woraufhin beim Bürgermeister ein Nachdenken eingesetzt habe. "Das eine tun, und das andere nicht lassen, so war fortan mein Motto. Warum wollen wir die Kirchen bei dem Fest der Geburt Jesu Christi ausschließen?", beschreibt Vogel das Umdenken. Er sei der Kirche sehr dankbar, dass diese sich nicht enttäuscht zurückgezogen habe, sondern das direkte Gespräch mit ihm gesucht habe.

Recht liberal sieht der katholische Stadtdekan Förster die Sachlage.

Die Kirchen hätten kein Monopol auf Weihnachtslieder. "Zwar sind viele der Lieder in unseren Adventsgottesdiensten zu hören, aber im Stadion erreichen sie sicher noch mehr Menschen. Bestimmt auch welche, die mit Kirche nicht mehr viel anfangen können. Umso besser, dass sie auf diesem Weg wieder an das Wunder des Lebens und der Menschwerdung Gottes herangeführt werden", meint Förster.

Kritischere Töne kommen von Christian Kopp, Dekan im Prodekanatsbezirk Nürnberg-Süd. Zusammen mit den beiden Amtskollegen Dirk Wessel und Ursula Seitz sei er bereits 2013 zum Adventssingen des 1. FC Union Berlin gefahren und habe im Anschluss den Fanclubs des 1. FC Nürnberg die Idee vorgeschlagen, eine solche Veranstaltung auch in Nürnberg zu machen. "Damals stießen wir auf taube Ohren. Umso erstaunter war ich, als in der Zeitung vom weltanschaulich möglichst neutralen Singen vor Weihnachten las", sagt Kopp.

"Ziemlich traurig"

fand auch Michael Wolf vom Nürnberger Amt für Gemeindedienst die Entscheidung der Nürnberger Organisatoren, Weihnachten ohne die Kirchen zu feiern. Noch dazu hatte der Pfarrer bereits zu Pfingsten auf dem bayerischen Landeskirchentag auf dem Hesselberg verkündet, mitten in Planungen zu einem solchen Singen zu stecken – allerdings im Fürther Stadion. Das mit enormen Aufwand in Nürnberg aufgezogene Spektakel durchkreuzt nun die Pläne: Gemeinsam mit dem Fürther Dekan Sichelstiehl habe man entschieden, das Weihnachtssingen nicht durchzuführen und im Januar 2019 einen neuen Anlauf zu machen.

Nicht nur als der Bundeschorleiter des Fränkischen Sängerbundes, sondern auch als Kirchenmusiker und einfach Mensch findet Gerald Fink die Idee, jedermann einzuladen, um kurz vor Weihnachten zusammen zu singen "genial".

"Man meint in diesen kürzesten Tagen des Jahres einen besonderen Wunsch der Menschen zu spüren, sich zu öffnen, Gemeinschaft zu erleben. Und wie könnte man die langen Nächte besser in vertrauter, anrührender und eigentlich ganz einfacher Weise verbringen als mit gemeinsamem Singen?", meint der Kantor aus Herzogenaurach.

Aus verschiedenen Nürnberger Chören hat Fink einen "Ansingechor" mit zirka 150 Sängern zusammengestellt, den er dirigieren wird. Des Weiteren seien die 13 Sängerkreise aus Ober-, Mittel- und Unterfranken sowie der nördlichen Oberpfalz eingeladen worden, in den einzelnen Blöcken als sangeskräftige Personen mitzumachen.

Der Schwerpunkt liege auf den klassischen deutschsprachigen Weihnachtsliedern von "Alle Jahre wieder" bis "Macht hoch die Tür" und von "Jingle Bells" bis "Lasst uns froh und munter sein". Daneben wird der Chor auch drei vierstimmige Sätze singen und die "Nürnberger Barockbläser" sind mit von der Partie.

"Miteinander und Füreinander, so war mein Gedanke", so Christian Vogel abschließend. Ob Mann, ob Frau, ob jung, ob alt, egal welche Nationalität, es sollten alle die gleiche Chance haben, gemeinsam in die Weihnachtszeit zu starten.