Es sind viele Handlungsstränge, aus denen sich ein facettenreiches Drehbuch um das Leben und Wirken des 1903 in Stuttgart geborenen Fritz Bauer (1903-1968) stricken lässt. Und in der Tat wurde dieses Leben bereits mehrmals verfilmt - vielleicht auch, weil es so viele Widersprüche enthält.

Fritz Bauer war Jude und studierte noch vor den Rechtswissenschaften zwei Semester evangelische Theologie, obwohl er zeitlebens bekennender Atheist war. Stattdessen trat er der "Schopenhauer Gesellschaft" und der "Humanistischen Union" bei, die sich für eine strikte Trennung von Kirche und Staat einsetzte.

Bauer war homosexuell zu einer Zeit, als der Paragraf 175 StGB sexuelle Handlungen zwischen Männern noch verbot. Er wurde während seiner Zeit im dänischen Exil wegen Prostitution mit einem Mann verhaftet, heiratete aber 1943 Anna Maria Petersen, mit der er bis zu seinem Tod – zumindest auf dem Papier – zusammenblieb.

"Fritz Bauer. Der Staatsanwalt" ist Wanderausstellung

Der unbestechliche, unerbittliche Kämpfer gegen das Unrecht der Nationalsozialisten, die ihn schon während der Hitler-Diktatur auch wegen seiner SPD-Mitgliedschaft verfolgten, unterzeichnete 1933 ein Treuebekenntnis zum Regime – um seine Haut zu retten. Anders als sein Freund und SPD-Genosse Kurt Schumacher, der ihn nach dem Exil wieder nach Deutschland holte.

"Ein Fleck auf einer sonst recht weißen Weste, den viele von Bauers Anhängern nicht sehen wollen", sagt Erik Riedel. Der Kurator der Wanderausstellung, die das Jüdische Museum Frankfurt am Main 2014 konzipierte, hat die zahlreichen überlieferten Dokumente, Fotografien und Exponate sowie Tondokumente, die das Frankfurter Fritz-Bauer-Institut gesammelt hat, nach Nürnberg gebracht.

Wie der Untertitel "NS-Verbrechen vor Gericht" verrät, liegt der Fokus auf den Prozessen gegen Adolf Eichmann und den Gerichtsverfahren, die zwischen 1963 und 1965 gegen SS-Leute des KZ Auschwitz geführt wurden. "Man muss sich vor Augen halten, dass eine Aufarbeitung der Nazi-Gräuel bis dahin nicht stattfand. Viele Täter mussten sich vor Gericht verantworten, den Opfern wurden erstmals Namen gegeben, was in den Lagern geschehen war, gelangte erstmals in eine breite Öffentlichkeit", erklärt Riedel.

Nürnberg: Passender Ort für die Ausstellung

Bereits 1952 hatte Bauer den ehemaligen Generalmajor Otto Ernst Remer angeklagt, der die Attentäter des 10. Juli 1944 im Jahr 1951 als Landesverräter bezeichnet hatte. Und wie die NS-Vergangenheit auf der anderen Seite des geteilten Deutschlands behandelt wurde, zeigen Dokumente des Prozesses gegen Hans Globke, damals Chef des Bundeskanzleramts und Mitverfasser der Nürnberger Gesetze, der im Juli 1963 vor dem Obersten Gericht der DDR stattfand.

Riedel ist sich bewusst, dass eine Ausstellung gerade über einen Juristen und zu schwierig-sachlichen Themen nur mit Mühe in eine auch sinnlich anregende Schau verwandelt werden kann. Im Nürnberger Doku-Zentrum gelingt das dennoch. Nicht nur, weil an jeder thematischen Station Fritz Bauer auf einem Bildschirm flimmert und man per Kopfhörer an den dargestellten Verhandlungen und öffentlichen Diskussionen teilnehmen kann. Faksimiles von Briefen, Schmähschriften und Bescheiden liegen teils auch in Klemmbretter geheftet zum Anfassen da.

"Nürnberg ist ein passender Ort, um sich nach der im Januar zu Ende gegangenen Ausstellung um Hitlers Architekten Albert Speer einem weiteren Stück deutscher Erinnerungskultur zu widmen", ergänzt Martina Christmeier, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Doku-Zentrum. Nicht zuletzt hat Fritz Bauer auch einen Bezug zur Stadt: Bauer debattierte 1965 mit Kulturreferent Hermann Glaser beim ersten "Nürnberger Gespräch" unter anderem die Frage "Was hat Auschwitz mit dem deutschen Menschen zu tun?".

 

Informationen zur Ausstellung "Fritz Bauer"

Die Ausstellung "Fritz Bauer. Der Staatsanwalt" ist noch bis 3. Juni 2018 im Nürnberger Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände zu sehen. Montag bis Freitag 9-18 Uhr, Samstag und Sonntag 10-18 Uhr, letzter Einlass 17 Uhr. Der Eintritt ist frei.