Als Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte ist Richard Loibl der oberste Organisator der bayerischen Landesausstellungen und damit eine Art Impresario freistaatlicher Selbstvergewisserung. Bayerische Mythen und das, was dieses Land zu bieten hat, sind für ihn immer auch "eine super Marketingstrategie".

Loibl selbst versteht sich darauf ebenfalls ausgezeichnet: Heuer präsentiert er den Freistaat mit Glanz und Gloria. Wurde dem neuen Regensburger Museum noch nachgesagt, dass es mit hochkarätigen Exponaten und Schätzen geize, so lässt sich die Landesausstellung als eine Art Wiedergutmachung begreifen. Vom 27. September bis zum 8. März befasst sie sich mit "100 Schätzen aus 1000 Jahren". Präsentiert werden die Objekte in dem 1000 Quadratmeter großen Donausaal des neuen Museums.

Projektleiter Rainhard Riepertinger ist bereits seit zweieinhalb Jahren auf Schatzsuche. Was er dabei in bayerischen, deutschen und europäischen Museen ausgegraben hat, kann sich sehen lassen. Als "sein Lieblingsobjekt" bezeichnet er einen goldenen Erdglobus-Pokal, der 1632 an König Gustav Adolf von Schweden verschenkt wurde. Dieses golden glänzende Exponat, das bald zu sehen sein wird, stammt aus der Königlichen Schatzkammer von Schweden.

Mit königlich schwedischer Erlaubnis

Besonders beeindruckt habe ihn dabei, dass König Carl XVI. Gustav höchstpersönlich die Erlaubnis unterzeichnet hat, dass dieser Schatz aus dem 16. Jahrhundert die Grenze nach Deutschland passieren durfte, sagt Riepertinger. Die Nürnberger hatten ihn während des Dreißigjährigen Kriegs dem Schwedenkönig überreicht, weil sie ihn als Befreier ansahen. Die Freie Reichsstadt Nürnberg war damals protestantisch und fürchtete die Rache der Bayern. Als Dank händigten sie dem Schwedenkönig den Pokal aus. Gefertigt wurde das glänzende Objekt vom berühmten Goldschmied Christoph Jamnitzer.

Noch wird in den Ausstellungsräumen gezimmert und gesägt, Hand an die Ausleuchtung und Inszenierung der Objekte gelegt. Erst drei Wochen vor Eröffnung kommen die wertvollen Stücke dann in ihre Vitrinen – aus Sicherheitsgründen. Dort sollen sie dann für die Besucher zu einem Wissensschatz werden und sie zum Staunen bringen.

"Globuspokal" aus der schwedischen königlichen Schatzkammer
Den "Globuspokal" aus der schwedischen königlichen Schatzkammer (oben rechts) schuf der Nürnberger Goldschmied Christoph Jamnitzer (1563-1618).

Ausstellungswürdig fand Loibls Team beispielsweise ein bemaltes Walschulterblatt, das im 18. Jahrhundert als Prestigeobjekt galt und auch gerne als Wirtshausschild benutzt wurde. Es sei höchstwahrscheinlich sogar älter, sagt Riepertinger. Das Walschulterblatt stammt aus Polling, wo es sich einst im Besitz des dortigen Klosters befand. Es zeigt eine venezianische Hafenszene mit einer Gruppe von Leuten aus aller Herren Länder.

Denn was sind Schätze eigentlich? Bei Licht besehen ist ein Schatz eine rein subjektive Bestimmung dessen, was Menschen wert und teuer erscheint. Deshalb müssten es auch nicht immer "golden glänzende Schätze sein, die hier gezeigt werden", erklärt Riepertinger. "Wir definieren den Begriff Schatz durchaus unterschiedlich. Das kann auch mal ein Einbruchwerkzeug aus dem 16. Jahrhundert sein", ein metallener Dietrich also, der die Taten eines Langfingers belegt und als Corpus Delicti in Gerichtsakten aufgetaucht ist.

Alle Landesteile Bayerns sollen repräsentiert werden

Grundsätzlich werde versucht, alle Landesteile Bayerns zu repräsentieren, sodass auch Objekte aus Altbayern, Schwaben und Franken zum Zuge kämen. Dass man sich dabei am Geschmack der Besucher orientiere, sei so gewollt. "Es geht auch darum, was abwechslungsreich ist, was fasziniert. Dass es da subjektiven Spielraum gibt, ist klar", sagt Riepertinger.

Zu sehen sein wird auch ein Evangeliar aus dem 11. Jahrhundert, das aus der Abtei Niederaltaich in Niederbayern stammt. Oder ein Meisterwerk des Uhrmacherhandwerks: eine Räderuhr mit Apostelgang, die um 1580 entstanden sein dürfte. Jeweils zur vollen Stunde setzt sich die Drehscheibe in Bewegung und lässt die Apostel am Betrachter vorüberziehen. Oben stehen zur Linken und Rechten Kaiser Heinrich und Kunigunde. Das Herrscherpaar stiftete den Bamberger Dom.

Die "Räderuhr mit Apostelgang"
Die "Räderuhr mit Apostelgang" (oben links) entstand Ende des 16. Jahrhunderts und gehört zu den Schätzen des Historischen Museums Bamberg.

Ein Gemälde von Albrecht Dürer zeigt Jacob Fugger den Reichen, auch eine Riemenschneider-Statue werden die Besucher betrachten können. Ausgewählt wurde auch die berühmte Lepanto-Monstranz, die 1708 zu Ehren Maria vom Siege entstand. Die heilige Jungfrau soll den Christen im Kampf gegen die Osmanen in der Seeschlacht von 1571 zum Sieg verholfen haben. Damit war die Vormachtstellung des westlichen Europa im Mittelmeer für einige Jahrzehnte gesichert. Die kriegerische Darstellung mit Segelschiffen und Schlachtgetümmel auf einer Monstranz sei weltweit einmalig, sagte Riepertinger.

Schau in zehn Kapiteln

Die Exponate, die ab Herbst in Regensburg zu sehen sein werden, reichen von 1800 bis ins sechste Jahrhundert zurück. Ergänzt wird die Schau durch zehn medial inszenierte biografische Skizzen von Menschen aus den jeweiligen Epochen; sie sollen gleichsam die Gesichter ihrer Zeit abbilden. Darunter sind eine Bajuwarin, ein Tempelritter, eine jüdische Ärztin oder ein Nachtwächter, die jeweils den Lauf der Welt aus ihrer Sicht schildern.

"Gotzinger Trommel" aus dem Heimatmuseum Miesbach
"Lieber bairisch sterbn als wie kaiserlich verderbn" steht auf der "Gotzinger Trommel" aus dem Heimatmuseum Miesbach, die in der Sendlinger Mordweihnacht 1705 geschlagen wurde.

Hinter alldem stecke "eine große Logistik", erklärt Riepertinger, denn nicht nur die Leihe der Exponate muss organisiert werden, sondern auch der Transport der seltenen und wertvollen Stücke. Hohe Versicherungssummen musste man akzeptieren und für das Ausstellungsgebäude bestimmte Luftfeuchtigkeits- und Temperaturparameter nachweisen, damit die Exponate überhaupt in die Donaustadt durften.

Letztlich aber sollen die historischen Schätze der Regensburger Schau die Fantasie anregen und Geschichte lebendig werden lassen. Dafür bedient man sich auch neuester Technik: So soll das mittelalterliche Neumarkt in der Oberpfalz in einer 3D-Installation wiedererstehen, durch die sich die Besucher hindurchbewegen können.