Carl Friedrich Goerdeler ist einer der bekanntesten Vertreter des zivilen Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Eine Sonderausstellung zeichnet das Leben und Werk des Politikers nach. Sie ist bis 29. September 2019 in der Evangelischen Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau zu sehen.

Carl Friedrich Goerdeler war von 1930 bis 1937 Oberbürgermeister von Leipzig. Im Widerstand stand er in Verbindung mit zahlreichen Personen aus Politik und Gewerkschaften. Er verfasste Denkschriften zur Neuordnung des Staates. Nach dem gescheiterten Attentat am 20. Juli 1944 floh Goerdeler, wurde am 12. August verhaftet, vor dem Volksgerichtshof Berlin zum Tode verurteilt und am 2. Februar 1945 in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

Das Lebenswerk Goerdelers ist umstritten.

Bereits in den 1980er Jahren gab es eine öffentliche Diskussion in Bezug auf seine Haltung gegenüber der jüdischen Bevölkerung. 1941 vertrat Goerdeler in einer Denkschrift etwa die Ansicht, dass das "jüdische Volk" am besten einen eigenen "Judenstaat" in Kanada oder Südamerika bekommen solle. Juden könnten dann ausgebürgert und unter "Fremdenrecht" gestellt werden. Andererseits kritisierte Goerdeler vehement das ungesetzliche und gewalttätige Vorgehen des NS-Regimes gegen jüdische Menschen und Geschäfte.

Diese widersprüchlichen Aspekte werden in der Sonderausstellung leider kaum thematisiert. Ein Grund dafür ist sicherlich die Urheberschaft der Schau: Die 17 Tafeln, die in Dachau gezeigt werden, wurden von den Nachkommen konzipiert und finanziert. Immerhin bietet die Versöhnungskirche am Donnerstag, 11. Juli 1019 einen Gesprächsabend mit dem Enkel Berthold Goerdeler an. Dabei sollen und können "auch kritische Anfragen formuliert werden", erklärte Pfarrer Björn Mensing von der Versöhnungskirche.

Carl Friedrich Goerdeler: Bürgermeister in Königsberg und Leipzig

Gleichwohl geben die Tafeln einen guten Überblick über das Leben und Werk von Carl Friedrich Goerdeler. Er wurde 1884 geboren und wuchs in einem konservativen Umfeld auf, studierte Jura in Tübingen, Königsberg, Göttingen und Berlin und ging anschließend in den Kommunaldienst nach Solingen. Aus dem Ersten Weltkrieg kam Goerdeler unbeschadet zurück. Sein Bruder Franz fällt in Frankreich, Carl dient bis 1919 an der Ostfront. Die Kriegsniederlage enttäuschte Goerdeler. Als in Folge des Versailler Vertrags die Gebiete von Westpreußen und Posen an Polen abgetreten werden sollen, trat Goerdeler aus Protest der Deutschnationalen Partei (DNVP) bei.

1920 wurde Goerdeler zum Bürgermeister von Königsberg gewählt. Er initiierte die "Deutsche Ostmesse Königsberg", die für einen wirtschaftlichen Aufschwung in der Region sorgte. Im Deutschen Städtetag arbeitete er an einer reichsweiten Reform der Gemeindeverfassung. Von 1930 bis 1937 war Goerdeler Bürgermeister in Leipzig und auch vorübergehend als Preiskommissar tätig. Dem Nationalsozialismus stand er in der Anfangsphase der NS-Zeit distanziert, aber ohne grundsätzliche Bedenken gegenüber.

Goerdeler scheute sich nicht, die Wirtschafts-, Rüstungs- und Rassenpolitik der Nationalsozialisten zu kritisieren. Im Konflikt mit der NSDAP legte er sein Amt als Oberbürgermeister im April 1937 demonstrativ nieder. In zahlreichen Schriften brachte er seine Ablehnung gegenüber den Nationalsozialisten zum Ausdruck.

Goerdeler war zentrale Figur des konservativen zivilen Widerstands

Unbestritten ist Goerdelers führende Position im konservativen Widerstand. Er verfasste Denkschriften zur Neuordnung der deutschen Politik, die auch damals diskutiert wurden - entweder als zu reaktionär oder zu wirtschaftsliberal. Er griff auf Leipziger Verbindungen zurück und kannte etliche Akteure des "Kreisauer Kreises". Das geplante Attentat auf Hitler lehnte er aufgrund seiner christlichen Überzeugung ab. Stattdessen plädierte er für offene Befehlsverweigerung der obersten Militärs.

Nach dem gescheiterten Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 floh Goerdeler. Die Gestapo setzte eine Million Reichsmark als Prämie für ihn aus. Kurz darauf wurde Goerdeler von einer Luftwaffenhelferin verraten und am 12. August festgenommen, verhaftet und am 8. September 1944 vor den Volksgerichtshof gestellt.

Der Vorsitzende Roland Freisler bezeichnete Goerdeler als "Haupt und Motor" des zivilen Umsturzes und verurteilte ihn zum Tode. Noch fünf Monate verbrachte Goerdeler im Gefängnis, wo er verhört, erpresst und gefoltert wurde. Am 2. Februar 1945 wurde er in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

Veranstaltungsprogramm Carl Friedrich Goerdeler Ausstellung

Öffnungszeiten der Versöhnungskirche:
Montag bis Samstag 10-16 Uhr, Sonntag 12-13 Uhr.

Aus Anlass der Ausstellung kommt am 11. Juli 2019 der Enkel Berthold Goerdeler um 19.30 Uhr zu einem Vortrag und Gespräch in die Versöhnungskirche.

Am Sonntag, 21. Juli um 11 Uhr findet in der Kirche zudem ein Gottesdienst zum Gedenken an den 75. Jahrestag des 20. Juli 1944 statt.