Aus Anlass der Festspiele luden das evangelische Bildungswerk und die katholische Cityseelsorge Memmingen Schwester Nicole Grochowina ein. Die Historikerin vom evangelischen Orden der Christusbruderschaft in Selbitz stellte im Dietrich-Bonhoeffer-Haus »Wallenstein im Widerstreit« dar. Die Lehrstuhlbeauftragte für Geschichte der frühen Neuzeit an der Friedrich-Wilhelm-Universität Erlangen näherte sich in ihrem Vortrag trotz »schwieriger Quellenlage« dem umstrittenen Feldherrn - einem »Phänomen«, wie ihn der Autor Rudolf Pfefferkorn einmal nannte.

Von Wallenstein selbst gebe es keine Aussagen zu seiner Person, erläuterte Grochowina. In historischen Überlieferungen wird Herzog Albrecht Wenzel Eusebius von Wallenstein - je nach Verfasser - als Verräter, Opfer und als Friedensstifter für den Kaiser dargestellt. Gerüchten zufolge, die um 1633 am Wiener Hof einsetzten, habe Wallenstein eine Verschwörung gegen Kaiser Ferdinand II. angezettelt. So wurde ihm seine zögerliche Haltung, dem bayerischen Herzog Maximilian zu helfen, als dessen Stadt Regensburg belagert wurde und 1633 fiel, als Überlaufen zum Feind und damit als Hochverrat ausgelegt.

Auch habe Wallenstein seine Truppen im Januar 1634, mitten im Dreißigjährigen Krieg, einen Eid schwören lassen, der ihm allein ihre Treue sicherte. Der Beschuldigte hatte nie die Chance, sich dazu zu äußern, da er seit Mai 1628 den kaiserlichen Hof nicht betreten durfte und dort offenbar keine Hausmacht hatte.

Gefährlich wie eine Katze

Laut der 43-jährigen Privatdozentin wurden unter dem Titel der »Kapuzinerrelationen« zwei geheime Schriften des Paters Valeo Magni zusammengefasst, die Wallensteins Gefährlichkeit beschrieben. »Er wolle die Regierungsform in Deutschland ändern, verspotte die Reichstage, hasse die Geistlichkeit, und überhaupt sei er wie eine Katze, die dem Gegner ins Gesicht springe, bevor sie den Schlag erhalte«, schrieb der Pater.

Weiter führte Schwester Nicole Grochowina Beispiele aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts an, die zeitnah zu Wallensteins Ermordung im Jahr 1634 erschienen sind. Hierbei handelte es sich um seine Biografien von Bogislaus Philipp von Chemnitz und dem Conte Galeazzo Gualdo Priorato. Von Chemnitz bemühte sich, den schwedischen König Gustav Adolf als Kontrastfigur zu Wallenstein darzustellen. Demnach gab Wallenstein eine düstere, jähzornige und fast schon abstoßende Figur ab, während Gustav Adolf von seinen Soldaten aufrichtig geliebt worden sei.

Der Kaiser vergoss viele Tränen

Priorato legte 1643 und 1673 je eine Wallenstein-Biografie vor. Als Söldner hatte er zuvor in Wallensteins Armee gedient, in der Schlacht bei Nürnberg gegen Gustav Adolf gekämpft und irgendwann danach die Armee verlassen. Er berichtete von der Amtsenthebung des Feldherrn im Jahr 1630. Hierfür machte der Publizist die Kurfürsten mit ihren Intrigen gegen den sogenannten Emporkömmling verantwortlich.

Umso triumphaler gestaltete sich 1632 die Rückkehr Wallensteins in den kaiserlichen Dienst, als es galt, dem Schwedenkönig entgegenzutreten. Im Jahr 1634 wurde Wallenstein schließlich erneut von Ferdinand II. abgesetzt und wenig später ermordet. Zur Ehrenrettung Ferdinands betonte Priorato, dass der Kaiser die Verhaftung, nicht aber die Ermordung Wallensteins gewollt hätte. Als der Kaiser von der Ermordung Wallensteins erfahren habe, habe er in seiner Trauer viele Tränen vergossen.

Wallenstein-Festspiele

Die Memminger Festwoche zu Wallenstein beginnt mit dem Einzug Wallensteins am 24. Juli. Jeden Abend gibt es Reiter- und Lagerspiele, mehrmals werden historische Szenen aufgeführt. Ein Markt und das Lagerleben bieten Einblicke in die Vergangenheit. An den Festspielen wirken 4500 Personen mit.

Mehr Informationen auf www.wallenstein-mm.de