Im Juli 2008 schockte der Mord an der jungen libanesischen Popsängerin Suzanne Tamim die gesamte arabische Welt. Die Spuren führten von einem Hotel in Dubai nach Kairo – zu einem der einflussreichsten Männer im Ägypten von Präsident Hosni Mubarak.

Der schwedische Regisseur Tarik Saleh verwebt in seinem Film "Die Nile Hilton Affäre" auf sehenswerte Weise diesen Mordfall mit der politischen Situation Ägyptens kurz vor dem "Arabischen Frühling", die im Januar 2011 in der Revolution vom Tahrir-Platz gipfelte. Saleh, der auch das Drehbuch schrieb (eine erste Fassung sogar schon vor der Revolution), wurde in Stockholm geboren, seine Familie stammt aus Ägypten.

Noredin, gespielt von Fares Fares, ist Polizeibeamter in Kairo. Er erpresst Kleinkriminelle, lässt sich von Straßenhändlern und Hausbesitzern bestechen. Seine Frau hat er bei einem Autounfall verloren. Nur solange er unter dem Einfluss von Alkohol und Tabletten steht, funktioniert er zuverlässig – in einem Gesellschaftssystem, das selbst kurz vor dem Zusammenbruch steht.

Atmosphärische, kraftvolle Bilder

Als in einer Luxussuite des Hotels Nile Hilton eine berühmte Sängerin tot aufgefunden wird, beauftragt man ihn mit den Ermittlungen. Noredin trifft gelangweilt am Tatort ein, stößt aber bald auf Ungereimtheiten. Was zunächst aussieht wie ein Verbrechen aus Leidenschaft, wandelt sich zu einem Fall, der in die oberste Machtelite des Landes reicht. Noch bevor Noredin so richtig mit der Aufklärung beginnen kann, wird der Tod des Popstars als Suizid zu den Akten gelegt.

Die einzige Zeugin bleibt verschwunden. Aber als ihm die schöne Gina neue Hinweise liefert, beginnt Noredin, auf eigene Faust zu ermitteln. Während die Unruhe im Land wächst, verfängt er sich immer mehr in einem gefährlichen Netz aus Macht, Leidenschaft und Korruption.

Mit hartem Realismus bewegt sich der Film zwischen der dekadenten Upperclass Ägyptens und der harten Welt der Ärmsten, wie der der meist illegal eingewanderten Sudanesen. Sie sind bis heute in Ägypten kaum mehr als verachtete Sklaven, vor allem wenn es sich um Christen handelt. So eine Christin ist Salwa, die als Zimmermädchen Zeugin des Mordes an der Sängerin Lalena wird und auf deren Spur sich der Kairoer Polizist macht.

Über jede Szene des Films scheint sich – ähnlich wie bei einem amerikanischen Film Noir der 40er-Jahre – das Rauschen von Frustration, Korruption und Paranoia zu legen, die in dem nahöstlichen Land am Nil brodeln. Eher konventionell erzählt, lohnt der Film schon allein aufgrund der atmosphärischen Stärke seiner Bilder, die geradezu dokumentarisch wirken. Dass viele der Außenaufnahmen in Marokko entstanden, weil man in Kairo nicht drehen konnte, sieht man dem Film nicht an. Auf dem diesjährigen Sundance Film Festival wurde "Die Nile Hilton Affäre" mit dem renommierten World Cinema Grand Jury Prize ausgezeichnet.

Der "Donald Trump Ägyptens"

Auch der Hauptdarsteller der schwedisch-dänisch-deutschen Koproduktion, Fares Fares, ist Schwede. Er wurde 1973 als Sohn assyrischer Christen in Beirut geboren und wuchs in der schwedischen Provinz Örebro auf. Mit erfolgreichen Komödien wie "Jalla! Jalla! Wer zu spät kommt … " (2000) oder "Kops" (2003) über eine von der Schließung bedrohte Mini-Polizeistation in der schwedischen Provinz hat sich Fares auch ein deutsches Publikum erspielt. In der "Nile Hilton Affäre" zeigt Fares eine andere, düstere Seite.

Während am 25. Januar 2011 rund um den Tahrir-Platz der Aufstand eskaliert, trifft im Film Noredin eine Entscheidung. Wir verraten nicht zu viel: Die Sache geht nicht gut aus.

Im "echten Fall" kam es am Ende zu zwei Verurteilungen – trotz des Versuchs der ägyptischen Regierung, die Ermittlungen zu behindern. Abgehörte Telefonate bewiesen, dass der "Donald Trump Ägyptens" (so Regisseur Tarik Saleh in einem Interview) den Mord in Auftrag gegeben hatte.

Als enger Freund des Präsidenten und Mitglied der Mubarak-Partei genoss der schwerreiche Bauunternehmer Hischam Talaat Mustafa lange Immunität. Dann stellte sich Ägyptens oberster Geheimdienstmann gegen ihn und machte öffentlich, dass Talaat Mustafa dem Ex-Polizisten Muhsen al-Sukkari zwei Millionen Dollar für die Ermordung der schönen Sängerin gezahlt hatte. Zunächst zum Tode verurteilt, erreichten die beiden Täter 2010 eine Revision ihres Verfahrens. Talaat Mustafa wurde dabei zu 15 Jahren, al-Sukkari zu 25 Jahren Haft verurteilt.

»Die Nile Hilton Affäre«: Zimmermädchen Salwa wird Zeugin eines schrecklichen Verbrechens. Die christliche Sudanesin taucht unter, weil sie wie viele ihrer Landsleute illegal in Ägypten aufhält.
Zimmermädchen Salwa wird Zeugin eines schrecklichen Verbrechens. Die christliche Sudanesin taucht unter, weil sie wie viele ihrer Landsleute illegal in Ägypten aufhält.
»Die Nile Hilton Affäre«: Polizeioffizier Noredin stellt Nachforschungen an.
Polizeioffizier Noredin stellt Nachforschungen an.
»Die Nile Hilton Affäre«: Die schöne Sängerin Gina liefert dem Ermittler neue Hinweise. Die Kollegen glotzen.
Die schöne Sängerin Gina liefert dem Ermittler neue Hinweise. Die Kollegen glotzen.
»Die Nile Hilton Affäre«: Im ganzen Land und besonders rund um den Kairoer Tahrir-Platz steigt die Unruhe.
»Die Nile Hilton Affäre«: Im ganzen Land und besonders rund um den Kairoer Tahrir-Platz steigt die Unruhe.
»Die Nile Hilton Affäre«: Stockholmer mit ägyptischen Wurzeln: Regisseur Tarik Saleh.
Stockholmer mit ägyptischen Wurzeln: Regisseur Tarik Saleh.
»Die Nile Hilton Affäre«: Filmplakat.
Filmplakat »Die Nile Hilton Affäre«.