Gezeigt werden das 1894 extra für Altdorf von Franz Dittmar geschriebene Volksstück "Wallenstein in Altdorf", das teils fiktiv, teils historisch korrekt das Leben und Wirken Wallensteins beschreibt sowie Friedrich Schillers weltberühmtes Drama. Dass Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein, kurz Wallenstein, eine "Altdorfer Angelegenheit" ist, hat mit der Studienzeit des späteren böhmischen Feldherren zu tun, der auf Seiten des Kaisers und der Katholischen Liga gegen die protestantischen Mächte Deutschlands, Dänemark und Schweden kämpfte. Zumindest verbrachte der erbitterte Gegenspieler des schwedischen Königs Gustav Adolfs ein Jahr an der damaligen protestantischen Akademie in Altdorf. Im Sommer 1599 kam er dorthin, wurde 1600 jedoch wegen seines gewalttätigen Verhaltens verwiesen. Die einstige Schule gibt es immer noch: Das Wichernhaus in der Altdorfer Altstadt wurde zwischen 1571 und 1575 erbaut und beherbergt heute das Förderzentrum für Körperbehinderte der Rummelsberger Diakonie. Im Innenhof der alten Universität spielt sich nun auch für mehrere Wochen das darstellerische Geschehen ab. Und das wird auch gleich in den Alltag integriert: Die Theatergruppe des Wichernhauses "Wichernrummel" nutzt die Wallensteinbühne, um dort ein Stück aufzuführen: Die Termine für "Der Brandnerkasper im Wichernhaus" sind der 16. und der 17. Juli. 

"Spannender sind eigentlich die Wochen vorher. Da finden im Hof viele Proben, Aufbauarbeiten und Begehungen statt, bei denen sich immer wieder einmal kleinere "Hotspots" ergeben, bis sich die Wallensteiner auf der einen Seite und die Kinder, Jugendlichen und Mitarbeitenden des Wichernhauses auf der anderen Seite aufeinander eingestimmt und einen Umgang in dieser besonderen Zeit eingeübt haben", erklärt Thomas Jacoby, Diakon und seit November 2017 Leiter des Wichernhauses. Andere freuen sich über die Möglichkeit, die Generalproben kostenlos besuchen zu können. Die mutmaßlich "erschwerten Bedingungen" während der Festspielwochen seien übrigens gar nicht so schwer: Nur zwei der Internatswohngruppen sind am Wochenende belegt. Die übrigen Kinder und Jugendlichen fahren nach Hause, und die Wohngruppen für Erwachsene sind weit genug entfernt.

Von einer Glorifizierung Wallensteins hält der evangelische Dekan Jörg Breu nicht allzu viel. "Wallenstein saß die meiste Zeit im Kerker, schlug seinen Famulus halb tot und war in einen Mord verwickelt. Mir fehlt das Verständnis dafür, wie man aus dieser Zeit irgendeine romantische Beziehung Wallensteins zu Altdorf ableiten kann", gibt sich Breu kritisch. Das Geschichtsbild vieler Menschen in Altdorf sei über Generationen aber auch durch die Festspiele geprägt worden. "Ich begrüße es daher sehr, dass viele Akteure sich seit Jahren auch an historischer Aufklärung über die Zeit Wallensteins in Altdorf aktiv beteiligen. Denn Theater und Wirklichkeit sollte man auseinander halten", meint Breu.

Die historische Figur Wallensteins hat Richard Winter, der seit 1964 beim Festspielverein dabei ist, welcher seit 1959 die Wallenstein-Festspiele ausrichtet, die meiste Zeit seines Lebens intensiv beschäftigt. In die Rolle Wallensteins war Winter in den vergangenen Jahrzehnten mehrere Male geschlüpft, als "Bauer" in der aktuellen Aufführung und Chef der Theatergruppe des Festspielvereins "Die Wespen" ist er allerdings mit seinen 73 Jahren immer noch mit dabei. Es sei wunderbar, dass im Wallensteinjahr immer ein Ruck durch die Bevölkerung geht und sich viele Neubürger sofort integrieren lassen und gerne dabei sind", erinnert sich Winter an die insgesamt fünf Spielzeiten, in denen er als Wallenstein auftrat. Winter schätzt zudem, dass die Rummelsberger Anstalten das alles mitmachen, vom Tribünenaufbau über die lange Probenzeit bis hin zu den Festspielwochenenden. Die Integration und der Umgang mit behinderten Menschen sei in Altdorf völlig normal.

Über den 30-jährigen Krieg und Religionskriege im Allgemeinen sagt Winter. "Es geht doch nur um Macht, damals wie heute, um Einflussnahme und Länderausdehnung. Dabei wird das Volk über die Religion gebraucht und missbraucht. Das war damals mit Protestanten und Katholiken, das ist heute mit Sunniten und Schiiten, mit Christentum und Islam, mit Hinduismus, Buddhismus, Judentum, der Mensch lernt nichts aus der Geschichte", lautet sein kritisches Urteil. "Im Krieg sind alle Verlierer". Und Dekan Breu ergänzt: "Im sogenannten IS kann ich keine religiöse Motivation erkennen. Aus meiner Sicht ist die Berufung auf den Koran für Terrorismus, Ausbeutung von Frauen, Vergewaltigung und Mord illegitim. Man kann den IS-Terroristen bestenfalls zugutehalten, dass einige von ihnen in ihrer Verblendung glauben, im Namen des Islam zu handeln. In Wahrheit bringen sie nichts als Mord, und damit auch weltweit eine ganze Religion in Misskredit."