Herr Pixner, in einem TV-Porträt habe ich mal den Satz "Musik, was soll man sonst fern von Bars und Diskotheken machen" gehört, als es um Ihre Südtiroler Heimat und Ihre musikalischen Ursprünge ging. Würden Sie das so unterschreiben?

Herbert Pixner: Musik war schon immer ein wichtiger Bestandteil meines Lebens. Trotz der rückblickend sehr arbeitsreichen Kindheit auf dem Bergbauernhof waren wir bereits damals immer mit Musik umgeben, weil diese ein enger Bestandteil unseres Familienlebens und Umfelds im Dorf war. Das hat mich bis heute sehr geprägt.

Ein ähnlicher musikalischer Grenzgänger mit Berg-Hintergrund ist Hubert von Goisern. Wieso begünstigen alpine Natur und Landschaft gerade die Entstehung echter Weltmusik?

Pixner: Das kann man jetzt nicht unbedingt so sagen. Freilich spielt die Umgebung in der man aufwächst, mit hinein in die Art, wie man sich musikalisch entwickelt. Wie es sicher auch beim Goiserer der Fall ist, so verarbeite auch ich meine Eindrücke, Erlebnisse sowie Emotionen. Die Musik wird in gewisser Weise zum Ventil. Man kann beispielsweise einen Blues auf einer Steirischen Harmonika spielen, und der klingt woanders nach Mississippi, bei uns aber nach Alpen. Es wird nicht versucht, etwas zu kopieren, sondern der eigene Charakter findet sich in den Musikstilen wieder.

Mancher Kollege in der Schublade des "Heimatsounds" nennt sich sogar "Volks-Rock'n'Roller". Wie schwer oder wie leicht tun Sie sich mit dem Heimat-Begriff?

Pixner: (Lacht) Oje, ich bin ganz bestimmt kein Volks-Rock’n’Roller. Mir geht und ging es immer darum, das musikalische Klangspektrum mit meinen Musikern zusammen so weit wie möglich auszuloten. Wir haben glücklicherweise unseren eigenen Weg des Ausdrucks gefunden. Alles heimatdümmliche rundherum tangiert mich recht wenig. Natürlich gibt es die Kommerzmusik, die nur dazu dient, so schnell wie möglich so viel Umsatz wie möglich zu machen. Mich interessiert der künstlerische Anspruch in der Musik. Für belanglosen Kommerz ist mir die Zeit zu Schade.

Gerade Süd-Tiroler haben oft eine komplizierte Beziehung zur Identität, eine Band wie "Frei.Wild" schreibt sich ihre Herkunft sogar offensiv auf die Fahne. Sie würden sich demnach nicht als Vertreter Ihres Landes vereinnahmen lassen?

Pixner: Ich bin glücklich darüber, in Südtirol geboren zu sein. Aber ich kann dafür ja eigentlich nichts, dass ich in diesem Land aufgewachsen bin und verspüre eher Dankbarkeit als Stolz. Ich bin italienischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Österreich und sehe mich eher als Europäer. Trotzdem schadet es nicht, wenn man seine Wurzeln kennt und sich damit auseinandersetzt. Mit übertriebenen Blut-und-Boden-Gehabe habe ich nichts am Hut. Das finde ich eher bedenklich.

Sie sind gelernter Tischler, haben als Senner, Musiklehrer und sogar als Radio- und Fernsehmoderator gearbeitet. Waren das alles Stationen, die Sie lediglich zum Überleben neben Ihrer Berufung als Musiker gebraucht haben oder beeinflussen diese anderen Welten Ihre Musik nachhaltig?

Pixner: Es war immer beides der Fall. Viele Jobs habe ich nebenher machen müssen – von irgendwas muss man ja schliesslich leben. Jedoch waren alle Stationen auch immer wichtig für meine Musik. Ich wollte immer das Beste daraus mitnehmen. Und es hat bis jetzt nicht geschadet, in verschiedene Gewerke einen Einblick zu bekommen - im Gegenteil, ich sehe das als großen Vorteil.

Sie haben fünf Geschwister, Ihre Schwester Heidi spielt beim Herbert Pixner Projekt Harfe. Wie wichtig ist Ihnen die Familie?

Pixner: Sehr wichtig. Dass Heidi mit mir spielt, hat sich bereits sehr früh ergeben. Aus diesem Duo enstand schliesslich 2005 das Herbert Pixner Projekt. Natürlich haben wir eine spezielle Verbindung als Geschwister – auch auf der Bühne. Heidi ist musikalisch sehr gut drauf und nicht wegdenkbar aus dieser Gruppe. Ich finde das sehr gut, wie es ist.

Jetzt geht's auf Tournee mit den Berliner Symphonikern – wieder eine neue Facette, neben Volksmusik, Flamenco, Blues und Jazz. Warum ist diese Reise für Sie spannend?

Pixner: Spannend ist schon alleine, mit einem 40-köpfigen Orchesters zu spielen. Es ist toll, diese Gelegenheit überhaupt zu haben. Die Herausforderung ist dabei, einen gemeinsamen Klangkörper zu bilden, bei dem nicht wir auf der einen und das Orchester auf der anderen Seite spielt, sondern wir zusammen. Gehen tut alles - wir könnten sowohl mit einer Metal-Band als auch mit einem traditionellen indischen Ensemble spielen. Zum Glück kennt diesbezüglich Musik keine Grenzen.

Konzerttipp

Herbert Pixner tritt zusammen mit den Berliner Symphonikern am am 2. November 2019 in München und am 7. November 2019 in Nürnberg auf. Mehr unter www.herbert-pixner.com.