Auch wenn Herman van Veen scheinbar alles alleine auf der Bühne macht - seine Gitarristin und musikalische Partnerin Edith Leerkes, die Sängerin und Geigerin Jannemien Cnossen, die Sängerin und Percussionistin Wieke Garcia und der Bassist Kees Dijkstra sind ein Ohrenschmaus an diesem Abend. "Europäische Weltmusik" könnte man das nennen, was da zweieinhalb Stunden lang von der Bühne herab präsentiert wird: Flamenco- und Gypsy-Sounds, französischer Chanson-Charme und deutsche Liedermacher-Lyrik wechseln sich so selbstverständlich ab, dass man sich fragt, ob der Schrank mit all den notwendigen Schubladen, in die man van Veens Musik stecken möchte, überhaupt noch Sinn macht.

Seit 45 Jahren steht van Veen nun schon auf der Bühne. Der schlanke Hüne mit den markant-großen, blauen Augen und der von einem Kranz lockiger, grauer Haare hervorgehobenen Glatze hat seit den 1970er-Jahren auch das deutsche Publikum mit seinen Chansons ebenso wie mit seinen musikalisch hochwertigen Konzerten, aber auch dem breiten sozialen Engagement begeistert. Obwohl einer wie er, der zahlreiche Instrumente beherrscht, immer noch einen kraftvollen Bariton singt, Texte zwischen surrealer Komik und erschütterndem Tiefgrund schreibt und in einem Moment Respekt einflößt, im nächsten krachendes Lachen evoziert eigentlich in der heutigen Künstlerlandschaft ein Auslaufmodell ist, hat er immer noch sein Publikum.

Immer rutscht die Unterhose

In der gut gefüllten Nürnberger Meistersingerhalle, wohin das Concertbüro Franken van Veen mit schöner Regelmäßigkeit holt, sitzen demnach auch Menschen, die all diese Seiten an dem niederländischen Poeten goutieren. Die mitlachen, wenn van Veen bekennt, dass ihm seltsamerweise immer bei Auftritten in Nürnberg "die Unterhose nach oben rutscht", die andächtig lauschen, wenn er seine subtilen Liebeslieder auf Menschen aller Couleur singt und so still sind, dass man eine Stecknadel fallen hören könnte, wenn der Allrounder seinen Geigenbogen sanft bis ans Ende über die Saiten streicht.

Und die noch einmal Kind werden, wenn die Band den Titelsong der nach der US-amerikanischen "Duck"-Familie wohl bekanntesten Comic-Ente "Alfred J. Kwak" anstimmen, die van Veen in den 80ern erfunden hat. Kind geblieben, das ist der selbsternannte "holländische Clown mit Glatze", mit Stolz. Was ihn nicht daran hindert, oder vielleicht sogar aus naiver Neugierde heraus mit 74 Jahren bekennen lässt, dass es eine "unsichtbare und wunderbare Kraft" sei, die ihn durchs Leben trage. Ob er damit Gott meint - zumindest den Gott, den seine in Interviews oft erwähnte religiöse Großmutter angebetet hat - lässt er offen. Mitgenommen aus der warmen familiären Umgebung, aus der van Veen auch an diesem Abend immer wieder erzählt, wenn er von seiner Mutter und von seinen Kindern spricht, hat der Künstler jedenfalls eines, was er immer wieder weiter gibt an sein Publikum: die Liebe.