Bruckner habe "von der Orgel her" komponiert, sagte Bosch vor einigen Jahren einmal in einem Interview. Daher sei sie wie geschaffen für die Aufführung in einer Kirche – ein Beispiel, dem nicht nur der langjährige Bruckner-Experte, der bereits für seine CD-Einspielungen des sinfonischen Werkes des österreichischen Musikers viele Preise einheimsen konnte, immer wieder gerne folgte. Auch andere Dirigenten erkannten den Effekt der lange nachklingenden Generalpausen, die den Kirchenraum füllen und in denen die Musik Raum und Zeit zu verbinden scheint.

Mystik der Musik

Laut Bosch habe Bruckners Musik zudem etwas "Mystisches". In der Tat scheint sich auch in der Lorenzkirche die Transparenz der Klänge zugunsten der Transzendenz aufzuheben. Das beginnt schon bei dem charakteristischen Hornruf, mit dem die als "die Romantische" geltende Sinfonie beginnt. Dagegen drohen die filigranen Streicherläufe des mit "molto vivace” überschriebenen ungewöhnlich schnell bezeichneten Kopfsatzes nahezu in der Akustik der Kirche zu verschwimmen. Man kann eben nicht alles haben. Die gewaltige Kulisse des Westchors der Kirche entschädigt aber mit einmaligem Sinneseindruck, der eben nicht nur das Ohr, sondern auch das Auge begreift. So vergehen die rund 70 Minuten wie im Flug und hinterlassen den Zuhörer ehrfürchtig vor dieser gewaltigen Musik in dem nicht minder beeindruckenden Bauwerk. Und zumindest dem Trost, dass auch wenn Bosch demnächst geht, Bruckner sicher wieder einmal in die Lorenzkirche kommt.