Ihre berühmtesten Puppen hatten nicht immer schmeichelhafte Namen. Sie hießen auch mal "Schielböckchen", "Eierkopf", "Träumerchen" oder "Däumlinchen". Einer weiteren Puppe gab Käthe Kruse (1883-1968) den Namen eines ihrer sieben Kinder - nämlich Friedebald. Das war vor genau 90 Jahren. Für das Donauwörther Kruse-Museum nun ein Anlass, in einer Sonderausstellung bis 1. März auf Käthe Kruses Werk sowie die Entstehung und Entwicklung der Puppengestaltung hinzuweisen.

Vorlage für das "deutsche Kind"

Friedebald Kruse wurde im Jahr 1918 als sechstes von sieben Kindern der Eheleute Käthe und Max Kruse geboren. Vier Jahre später schuf der Bildhauer und Schwiegersohn von Käthe Kruse, Igor von Jakimow, eine Porträtbüste von dem blonden Sohnemann, die zunächst als Vorlage für Kinder-Schaufensterfiguren diente. "Wenig später auch als Vorlage für das 'deutsche Kind' einer geplanten Serie von europäischen Kindern", sagt Kirsten Göbner, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Donauwörther Kruse-Museum.

Während der mehr als einhundertjährigen Geschichte der Puppenmanufaktur Käthe Kruse gab es neben berühmten Puppen wie dem Däumlinchen auch ein Modell, das bei den Menschen damals besonders ankam: Die "Puppe VIII", später auch nach ihrer Größe auch als die "52er" bezeichnet. "Käthe Kruse selbst nannte sie in ihrer Autobiografie Friedebald", sagt Thomas Heitele vom Kruse-Museum in Donauwörth. Dieses Puppenmodell sei das Einzige gewesen, das nach dem Porträt eines der Kinder von Käthe Kruse gestaltet wurde.

Das Kaufhaus des Westens (KaDeWe) hatte Anfang der 1920er Jahre Käthe Kruse den Auftrag gegeben, für eine Präsentation vier Schaukästen mit Modellfiguren, sogenannte Dioramen, mit "europäischen Kindern" zu gestalten. Als Vorlage für die Kleidung des deutschen Kindes dienste ein bereits 1834 entstandenes Gemälde von Julius Hübner (1806-1882) mit dem Titel "Des Künstlers Tochter Emma". "Und für die Dioramen wurden erstmals die bislang nur bemalten Kruse-Puppen mit echten Haaren ausgestattet", weiß Heitele.

Künstlerin und Unternehmerin

Kruse war Künstlerin und Unternehmerin zugleich. Das dokumentiert die Sonderausstellung auch anhand der technischen Entwicklung der Puppenkörper allein im Jahr 1929: Aus dem zunächst fest an den Körper angenähten Kopf wurden drehbare Kurbelköpfe, die sich Kruse auch patentieren ließ. Zu sehen sind aber auch viele Modelle aus der Manufaktur-Geschichte im ostdeutschen Bad Kösen bei Naumburg in Sachsen-Anhalt, darunter viele Variationen von Friedebald.

"Wertvollstes Ausstellungsstück ist aber das Gemälde 'Des Künstlers Tochter Emma' aus dem Museum Georg Schäfer in Schweinfurt", sagt Kirsten Göbner. Eine Seltenheit ist auch die Puppe "Emma" aus dem Jahr 1929, die aus Privatbesitz, Sammlung Hübner, zur Verfügung gestellt wurde. Viele Leihgaben stammen aus privaten Sammlungen und aus dem Besitz der Nachkommen der Familie Kruse.

Inbegriff für Kinderpuppen

Käthe Kruses Name ist der Inbegriff für Kinderpuppen mit schlicht wirkenden Gesichtern und weichen Stoffkörpern. Ihr Name weckt auch heute noch vor allem bei älteren Menschen Erinnerungen an Kindheit, auf dem Sammlermarkt erzielen sie teilweise vierstellige Beträge. "Die Puppe muss etwas zum Liebhaben sein. Das ist ihr Sinn und Zweck", schrieb sie in ihrer Autobiografie "Das große Puppenspiel". In der NS-Zeit wurden ihre Puppen auch zu Propagandazwecken benutzt, "Friedebald" erschien als SA-Mann und Hitlerjunge.

Kruse wurde 1883 als uneheliches Kind einer Näherin in Dambrau bei Breslau geboren. 1910 präsentierte sie erstmals ihre handgefertigten Puppen in der Ausstellung "Spielzeug aus eigener Hand" in Berlin. Die kindgerechten Puppen erregten großes Aufsehen und Käthe Kruse wurde sprichwörtlich über Nacht berühmt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Käthe Kruse Werkstätten von Bad Kösen (Sachsen-Anhalt) nach Donauwörth verlegt, wo noch heute Puppen in der Tradition von Käthe Kruse produziert werden.

Im Donauwörther Museum sind in der Dauerausstellung über 150 Puppen, Schaufensterfiguren und Puppenstubenpuppen aus der weltbekannten Manufaktur der Käthe Kruse Puppen von den Anfängen um 1910 bis heute zu sehen.