Sie waren weltliche Regenten mit einem durchaus kirchlichen Machtbewusstsein: Auf dem Fleckenteppich regionaler Fürstentümer, als der sich das Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland einst zeigte, hinterließen die fränkischen Markgrafen nicht nur prunkvolle Residenzen, die bisweilen auch ihre finanziellen Möglichkeiten sprengten; schon früh hatten sich die meisten von ihnen der Reformation angeschlossen - und als geistliche Obrigkeit setzten sie vor allem im 17. und 18. Jahrhundert mit repräsentativen Kirchen ihrem Glauben ein Denkmal, zugleich auch ein Zeichen für ihre Reform- und Landespolitik.

Rund 100 solcher Kirchen im sogenannten Markgrafenstil sind nach Recherchen der Kultur­publizistin Karla Fohrbeck bei der Regierung von Oberfranken verzeichnet. Etwa die Hälfte davon hat sie im Faltprospekt "Markgrafenkirchen entdecken" beschrieben, der im vergangenen Sommer unter der Projektträgerschaft des Kirchenkreises Bayreuth erschienen ist.

"Geistliches Kulturgut von europäischem Rang"

Die barocken Sakralbauten sind nach den Worten der Bayreuther Regionalbischöfin Dorothea Greiner ein vielfach unentdecktes "geistliches Kulturgut von europäischem Rang". Es sei ein Ziel mit religiöser und kultureller, historischer und touristischer Dimension, diese Kirchen zu öffnen und deren Botschaft "erlebnishaft zugänglich zu machen".

Der besonders für die Region Bayreuth und Kulmbach charakteristische "protestantische Barock" mit einer reichen Bildersprache steht deshalb im Mittelpunkt des Projekts "Markgrafenkirchen entdecken", für das am vorigen Wochenende erstmals rund 60 Teilnehmer aus Kirchengemeinden mit Fachleuten aus Landeskirche und Tourismus in Neudrossenfeld zu einem Workshop zusammenkamen. In den kommenden Monaten soll für die Kirchen ein umfassendes Konzept entwickelt werden, das unter anderem die Ausbildung von Kirchenführern und die Erstellung von Begleitmaterial enthält. Als unterstützendes und vernetzendes Forum ist die Gründung eines Fördervereins geplant.

Es bedarf einer Reformation

Eine Wegmarke könnte nach den Worten der Regionalbischöfin das Reformationsjubiläum 2017 sein: "Unser Umgang mit unseren Kirchengebäuden bedarf der Reformation." Denn zum Bedauern von Dorothea Greiner sind immer noch zahlreiche Kirchen außerhalb der Gottesdienstzeiten verriegelt. Zwar müssten Kirchen und ihre oft wertvolle Ausstattung geschützt werden; doch "Menschen, die an verschlossenen Türen rütteln" seien enttäuscht von Kirche als Gemeinwesen. Darüber hinaus brauche die säkulare und hektische Welt offene Kirchen als Orte des Gebets mitten im Alltag, sagte Greiner.

Das bestätigte auch Thomas Roßmerkel, Beauftragter für Kirche und Tourismus der bayerischen evangelischen Landeskirche. "Die Gesellschaft sehnt sich nach Sinn, Ruhe und Stille - und unsere Kirchen sind die Plätze dafür." Deshalb könnten die Markgrafenkirchen unabhängig von ihrer künstlerischen Qualität hier wichtige Impulse geben, sagte Roßmerkel dem Sonntagsblatt.

Gemeinsam mit der Regionalbischöfin Greiner warb er nachdrücklich für das Programm "Offene Kirchen". Daran beteiligen sich laut Roßmerkel bereits mehr als rund 700 der etwa 1700 evangelisch-lutherischen Kirchen im Freistaat.