Wolfgang Buck hat beides in sich: das Gwärch und das Meer.

Um das zu verstehen, ist vielleicht zunächst eine kurze Erklärung am Platz: Die wundervoll vielsagende fränkische Vokabel "Gwärch" steht für "jegliche Art hektischer Arbeit und Betriebsamkeit, aber auch sinnloser Geschäftigkeit, die man selber anzettelt oder in die man auch unabsichtlich und unfreiwillig hineingerät" – sagt der (beurlaubte) evangelische Pfarrer, Mundart­poet und Vollblutmusiker Wolfgang Buck.

Dass die Welt voller Gwärch ist, liegt auf der Hand. Dass es auch in uns selbst steckt ebenfalls. Leben findet zwischen Chaos und Hoffnung, zwischen "Meer-Momenten" des Glücks oder Seelenfriedens (viel zu selten) und Gwärch-Erlebnissen (viel zu häufig) statt. Keiner bringt beides schöner oder jedenfalls "fränkischer" auf den Punkt als Wolfgang Buck. Man muss dennoch weder Franke noch evangelisch sein, um Wolfgang Buck zu lieben.

A Schbridz am Meer gegen des Gwärch

Wenn zum pessimistischen Understatement neigende Franken wie Buck sagen, "so kann man’s aushalten", verbirgt sich dahinter nichts anderes als ein Moment reinen Glücks. Auf der neuen CD ist "Su kammers aushaldn" eine wunderschöne, menschliche, bildkräftig-poetische Hymne auf das Leben – auf die Seelenruhe während eines Sonnenuntergangs am Meer, nach einem heißen Tag, mit einem "­Aberol Schbridz" vor sich.

Wolfgang Buck - »BUCK 3« - mit Felix Lauschus (links) und Rupert Schellenberger.
»BUCK 3« sind Wolfgang Buck (mitte), der Multiinstrumentalist Felix Lauschaus (links) und Klangarchitekt Rupert Schellenberger.

Das Meer liegt für jeden Menschen woanders. Ein Sehnsuchtsort für Wolfgang Buck ist die grüne Insel Irland, auf deren Flüssen er und seine Frau leidenschaftlich gerne als Hausbootkapitäne unterwegs sind.

Wolfgang Bucks Kunst besteht darin, in wenigen Zeilen, das ganz Große und das ganz Kleine zusammenzubringen. In "Di zwaa Hans" über seinen Vater und seinen Großvater bekennt er: "Vom aan Hans hobbi mei Geduld, vom annern Hans mei Ungeduld". Wo komme ich her? Wer bin ich? Was bedeutet Heimat? Was Geschichte? In wenigen Worten gibt Buck darauf tiefe poetische Antworten.

"Des Gwärch & des Meer" ist die erste Buck-CD nachdem – nach über 25 Jahren – Ende 2017 Schluss war mit der Wolfgang-Buck-Band . Aber in dem Neuanfang steckt viel Kontinuität, auch musikalisch. Der Multiinstrumentalist Felix Lauschus und der Klangarchitekt Rupert Schellenberger, die mit Buck das Trio "BUCK 3" bilden, gehörten schon bisher zur Band. Die neue CD überzeugt durch einen transparenten und vielschichtigen Sound. Man darf sagen: Buck wird im Oktober 60, und nie war er besser als jetzt.

Zahnarzt mit AfD-Sympathien

Im Alltag ist der Musiker ein zurückhaltender, gegen jedermann freundlicher Mensch. In seinen Songs kommt schon schärfer zum Ausdruck, was nervt an der Welt.

Belangloses Gequatsche zum Beispiel ("­Wenni scho siech wi bleed der schaud") oder Zahnärzte mit AfD-Sympathien: In "Wenns weh dud sohngsis fei" verbindet Buck wunderbar witzig die Schmerzen, die ihm sein (natürlich fiktiver) Zahnarzt per Bohrer zufügt, mit denen, die sein Gerede über die "Lügenpresse" oder Flüchtlinge dem hilflos im Behandlungsstuhl ausgelieferten Patienten zufügen.

Aber auch linksliberale Selbstgerechtigkeit und moralische Besserwisserei nerven Buck. Menschen, die sich moralisch überlegen wähnen, wie "Der Sänger am Klavier", der immer ganz genau weiß, was richtig ist und falsch, der keine Zweifel hat, "wo der Feind sich versteckt" und sich mit den immer gleichen Akkorden und "Baroln" in der Blase des Applauses von Gleichgesinnten suhlt. Wer da an Leute wie Hagen Rether oder Konstantin Wecker denkt, dürfte nicht völlig falsch liegen.

Lob des Zweifels

So billig ist die Wahrheit nicht zu haben, weiß Buck, weil das Leben immer mehr Schattierungen hat, mehr Farben, mehr Grautöne, kein Schwarz-Weiß. Seine Antwort: "Das einzige was da hilft, ist der Zweifel." Das sagt er als gläubiger Christ – gerade deswegen.

Und wenn der leidenschaftliche Facebook-Diskutierer Wolfgang Buck in "Alles hinderlässd Schburn" mit dem Erreichbarkeitswahn und der Durchdigitalisierung der Welt abrechnet, ist auch das eine kritisch-ironische Selbstreflexion des eigenen Alltags-Gwärchs.

Der fränkische Weltmusiker Wolfgang Buck ist eben kein Besserwisser. Wie gesagt: Man muss weder Franke noch evangelisch sein, um Wolfgang Buck zu lieben.

Bis September ist Buck erst einmal wieder solo unterwegs. Die nächste Gelegenheit, diesen großen fränkischen Musiker in seinem natürlichen Habitat (also: zusammen mit vielen fränkischen Mundartmeistern) zu erleben, gibt es am 16. Juni im Aischgrund auf dem "Edzerdla"-Festival in Burgbernheim. Wo auch immer: Hingehen! Hören!

 

Die nächsten "BUCK 3"-Konzerte: 28.9. in Schwebheim, 29.9. Dehnberg, 6.10. Kitzingen.

CD und alle Termine im Internet: www.wolfgang-buck.de

MUNDART-FESTIVAL "EDZERDLA" 2018

EDZERDLA 2018

Nach dem großen Erfolg 2016 kommt es am 16. und 17. Juni zur zweiten Auflage des fränkischen Mundart-Festivals "­Edzerdla" in Burgbernheim (zwischen Rothenburg o.T. und Bad Windsheim). Geboten werden fränkische Musik, Literatur, Kabarett und Kleinkunst – mit Fitzgerald Kusz, Helmut Haberkamm, Wolfgang Buck, Bernd Regenauer, Stefan Kügel und seinem Theater Kuckucksheim, der Gruppe Kellerkommando und vielen anderen.

Der zweite Festivaltag beginnt mit einem Mundartgottesdienst mit Pfarrer Wolfgang Brändlein. Prediger ist der frühere Nürnberger Regionalbischof Karl-Heinz Röhlin.

Das Kombiticket für beide Tage kostet 49, an der Tageskasse 59 Euro. Kinder bis 14 Jahren sind frei.

Internet: edzerdla.de