Vom Reformator Martin Luther ist bekannt, dass er Bier liebte. Und seine Frau Katharina von Bora war eine ausgezeichnete Braumeisterin. Gelernt hatte sie die Braukunst im Kloster. Später, als Managerin des sehr geschäftigen Wittenberger Reformatoren-Haushalts mit seinen zahlreichen Gästen und Kostgängern, kam der Adeligen diese Fertigkeit gut zupass.

Wie sehr Luther das Bier seiner Frau schmeckte, belegt ein Brief, den er 1534 auf einer seiner vielen Reisen an den "freundlichen, lieben Herrn, Frau Katherina von Bora, Doktorin Lutherin zu Wittenberg" und "lieben Herrn Käthe" nach Hause schickte:

"Du thätest wohl, daß du mir heruber schickest (...) ein Pfloschen Deines Biers so erst du kannst",

lässt er sie wissen, nachdem er sich über den "bosen Trunk" vom Vortag beklagt hat. Und bei anderer Gelegenheit sagte er in frommer Bierruhe: "Ich sitze hier und trinke mein gutes Wittenbergisch Bier und das Reich Gottes kommt von ganz alleine."

Wie die Meinung des Reformators über die Königin der Biere in der Zeit vor seiner Ehe aussah, zeigt ein Zitat aus dem Jahr 1521: "Der beste Trunk, den einer kennt, der wird Ainpöckisch Bier genennt", soll der standhafte Schrecken des kirchlichen Establishments auf dem Wormser Reichstag verzückt ausgerufen haben. Herzog Erich von Braunschweig hatte ihm einen Krug besagten Biers aus seinem Fürstentum gereicht und Luther hatte ihn dankbar geleert.

Europaweit bekannte Biermarke

Den braunen starken Stoff aus dem heute südniedersächsischen Einbeck ließ sich der Reformator zur Feier seiner Hochzeit mit Katharina gleich fassweise liefern. Bis heute ist die ehemalige Hansestadt am Harzrand stolz auf ihre Brautradition.

Was hatte es mit dem zur Lutherzeit in ganz Europa bekannten Bier auf sich? Die Einbecker beherrschten die Kunst, durch hohen Stammwürzegehalt ein starkes, süffiges und zugleich lange haltbares Bier zu brauen. In Zeiten ohne künstliche Kühlung ein entscheidender Vorteil auf dem Markt. Seit dem späten Mittelalter war Bier aus Einbeck sehr begehrt und wurde über das Handelsnetz der Hanse bis ins Baltikum, nach Flandern, England und Italien exportiert. Auch die Münchner Wittelsbacher ließen sich für viel Geld mit Einbecker Bier beliefern.

Einbecker Bockbier
In der Bierstadt München mutierte das von Luther geschätzte Einbecker Bier zum Bockbier. Und die Einbecker Brauerei hat heute einen "Ur-Bock" im Angebot - eine kuriose Spiegelung des eigenen Städtenamens in bayerischer Brechung.

Herzog Wilhelm V. wurde das schließlich zu teuer. Die Münchner, die sich in der Reformationszeit von Anfang an als Bastion des alten Glaubens verstanden, nervte außerdem, dass das teure Bier inzwischen auch noch "Ketzerbier" war: Einbeck war seit 1529 evangelisch.

1589 gründete Wilhelm zur Versorgung seines Hofs ein eigenes Bräuhaus: In unmittelbarer Nachbarschaft zu seiner Residenz, dem heutigen "Alten Hof", entstand in einem alten Hühnerhaus das erste Hofbräuhaus.

Fünf Jahre später übernahm sein Sohn, der ehrgeizige Maximilian, die Regierungsgeschäfte. Er verschaffte dem Bräuhaus des Hofes zunächst das lukrative bayerische Weißbräu-Monopol. Dann baute er 1607 ein neues, größeres Sudhaus am heutigen Münchner "Platzl" - also dort, wo sich noch heute das weltbekannte Hofbräuhaus befindet.

Nur mit der Herstellung des süffigen braunen Biers nach Einbecker Art wollte es einfach nicht klappen. Maximilian gelang es, einen Einbecker Braumeister mit dem schönen Namen Elias Pichler in seine Residenzstadt zu locken.

Elias Pichler und die Braukunst

Wie wichtig jenem Pichler Religion und Konfession waren, ist nicht bekannt. Er störte sich jedenfalls nicht daran, aus dem evangelischen Einbeck ins stockkatholische München zu ziehen, wo Herzog Maximilian bald zum Leitwolf der katholischen Partei im Dreißigjährigen Krieg aufsteigen sollte. Kriegsbeute unter anderem: eine evangelische Kurwürde. Pichler experimentierte und versuchte. Dann, im Frühjahr 1614 - vor nun genau 400 Jahren -, wurde sein Bier nach "Ainpockhischer Art" erstmals in München ausgeschenkt. Es wurde zum Renner.

Nicht sofort, denn zunächst blieb der kostbare Tropfen Hof und Herzog vorbehalten. Es kamen der Krieg und die Schweden: Als am 16. Mai 1632 Gustav Adolf mit seinen gefürchteten Truppen vor der Stadt steht, kauft München sich Verschonung. Die gewaltige Summe von 300.000 Reichstalern und nicht weniger als 334 Eimer "Ainpockhisch Bier" aus dem Hofbräuhaus (rund 22.000 Liter) halten die protestantischen Schweden vom Plündern und Brandschatzen der katholischen Stadt ab. Sechs Jahre später, der große Krieg in Deutschland sollte da noch mal zehn Jahre weiter wüten, ließ Maximilian den Starkstoff auch ans Volk ausschenken.

Spielte bei dieser Entscheidung eine Rolle, dass Maximilian sich als Rollkommandos der Gegenreformation nicht nur die Jesuiten, sondern 1627 auch Paulanermönche aus Italien in die Stadt geholt hatte? Der Legende nach soll das kräftige und deswegen nahrhafte Bier den Münchner Mönchen geholfen haben, die Fastenzeit besser zu überstehen. "Potus non frangit ieiunium" - Getränk bricht das Fasten nicht - hatte sogar Papst Pius  V. höchstselbst verkündet. Allerdings: Das war, als man ihm während des Konzils von Trient einen nicht minder nahrhaften Kakao aus der neuen Welt kredenzte.