In Holland heißt er Hossekloss, in Spanien Saltodemata und in Dänemark Runkeldunk: Der "Räuber Hotzenplotz" gehört nicht nur in Deutschland zu den bekanntesten Kinderbuchfiguren, sondern auch weltweit. Sogar ins Japanische, Chinesische oder Koreanische wurden die Abenteuer des gefährlich aussehenden, aber etwas einfältigen Räubers – an dessen Gürtel sieben Messer und ein Säbel befestigt sind – übersetzt.

Der "Räuber Hotzenplotz", dessen drei erste Bände zwischen 1962 und 1973 erschienen sind, gilt als klassische Kasperlgeschichte. Die Bände wurden weltweit mehr als acht Millionen Mal verkauft, allein in Deutschland 5,5 Millionen Mal.

45 Jahre nach den ersten drei Bänden ist nun ein nach Verlagsangaben neues Abenteuer des Kinderbuchklassikers erschienen. Mit dem Titel "Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete" will der Thienemann Verlag (Stuttgart) an den 95. Geburtstag des am 18. Februar 2013 in Prien am Chiemsee verstorbenen Kinder- und Jugendbuchautors Otfried Preußler erinnern.

"Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete" im Nachlass Otfried Preußlers entdeckt

Und das, obwohl der Autor auf den ersten Seiten des dritten Bands schrieb: "Dies ist die endgültig letzte Kasperlgeschichte von Otfried Preußler." Ursprünglich wollte er sogar nur ein einziges lustiges Buch – "nur so zum Spaß" – über den Halunken schreiben, den er nach einem Städtchen in Mährisch-Schlesien nannte.

Doch so neu, wie der Verlag sagt, ist die Erzählung anscheinend nicht. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, ist die Geschichte bereits 1969 als Bühnenstück erschienen.

Das Thema der Mondfahrt lag vor 50 Jahren, zur Zeit des "Wettlaufs ins All" zwischen der Sowjetunion und den USA, gewissermaßen in der Luft. Am 21. Juli 1969 betraten die ersten Menschen den Mond, die US-Astronauten Neil Armstrong und Edwin Aldrin. In dem von Preußler in jenem Jahr herausgegebenen Band "Puppenspiele 9" hatte das Stück den Titel "Vater Mond darf nicht krank sein".

 

Hotzenplotz - Osoblaha (CZ): Der Ringplatz um 1900
Hotzenplotz heißt heute Osoblaha und liegt in Tschechien: Der Ringplatz (hier auf einer um 1900 entstandenen Postkarte) wurde wie die gesamte Stadt Hotzenplotz bei Kämpfen im Zweiten Weltkrieg total zerstört. Die Bevölkerung liegt heute nicht einmal bei einem Fünftel der Bevölkerungszahl von 1930.

"Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete" als Nebengeschichte

Danach scheint Preußlers Stück in Vergessenheit geraten zu sein. Susanne Preußler-Bitsch, die Tochter des Autors, entdeckte das Manuskript des Bühnenstücks "Die Fahrt zum Mond" im Nachlass ihres Vaters und machte daraus ein "erzähltes Kasperletheater zwischen zwei Buchdeckeln" – auch sie wusste anscheinend nichts von einer früheren Publikation.

Wie in den ersten drei Geschichte auch, unterstützen Kasperl und Seppel im neuen Buch den Wachtmeister Dimpfelmoser, nachdem Hotzenplotz aus dem Gefängnis ausgebrochen ist. Ihre Idee: Sie wollen den Räuber mithilfe einer selbst gebauten Mondrakete anlocken und so dafür sorgen, dass der ihre Großmutter nie mehr erschrecken kann.

Ist der am Ende des dritten Bands als Wirt des Gasthauses "Zur Räuberhöhle" ehrbar gewordene Hotzenplotz nun also rückfällig geworden? Nein, sagt Susanne Preußler-Bitsch. "Hotzenplotz und die Mondrakete" sei eine "Nebengeschichte", zeitlich einzuordnen zwischen dem ersten und dem zweiten Band.

Räuber Hotzenplotz auf der Bühne und im Kino

Sein unverkennbares Aussehen mit seinem struppigen schwarzen Bart, der riesigen Hakennase und seinem Schlapphut verdankt Hotzenplotz dem Zeichner F. J. Tripp, der ihn 1962 noch schwarz-weiß zeichnete. Den vierten Band hat Thorsten Saleina inspiriert vom Original neu und farbig illustriert.

Auch als Filmheld machte Hotzenplotz Karriere: Ab 1967 war er im Fernsehen im Marionettentheater der Augsburger Puppenkiste zu sehen. 1974 kam der Räuber, gespielt von Gerd Fröbe, dann auch ins Kino.

Preußler, Jahrgang 1923, stammte aus Reichenberg in Böhmen. Nach Krieg und Gefangenschaft kam er nach Oberbayern, wo er bis 1970 Volksschullehrer war. Im Jahr 1956 erschien "Der kleine Wassermann", 1962 dann der "Räuber Hotzenplotz". "Krabat" – 1971 erstmals verlegt – erhielt den Deutschen und den Europäischen Jugendbuchpreis. Seine mehr als 35 Bücher wurden in mehr als 50 Sprachen übersetzt, die weltweite Auflage beträgt mehr als 50 Millionen Exemplare. Seine Bühnenstücke zählen zu den meistgespielten Werken des zeitgenössischen Kindertheaters.

Dazu zählt selbstverständlich auch der "Räuber Hotzenplotz". Die Theater-Uraufführung der neu entdeckten Geschichte soll am 11. November im Jungen Schauspielhaus in Düsseldorf sein. Spätestens dann werden kleine und große Fans erfahren, ob sich Hotzenplotz noch einmal von Kasperl und Seppel überlisten lässt und wohin seine Reise mit der Mondrakete geht.

 

BUCH-TIPP

Otfried Preußler: "Der Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete". Thienemann Verlag, Stuttgart, 2018. 64 Seiten, ISBN 978-3-522-18510-3, 12 Euro. Internet: www.hotzenplotz.de