Ein Regensburger Pfarrer war es, der zum Staunen der Hausfrauen eine »bequeme und der Wirtschaft in allen Rücksichten höchst vorteilhafte« Waschmaschine erfand. Er propagierte einen ausgeklügelten Backofen, mit dem man eine Menge Brennholz sparen konnte. Auf geniale Weise verband er technischen Fortschritt und erste Ansätze medizinisch orientierten Körpertrainings in seiner »dreyfach nützlichen Sägmaschine zum Holz- und Steinschneiden und zur Leibesbewegung«. Er publizierte ein Standardwerk über Bayerns Pilze und Schwämme, untersuchte den Fischbestand in Donau, Naab und Regen, analysierte die Erscheinungen der Elektrizität und schreinerte geschmackvoll verzierte Tische und Schränke.

Dem Erfinder, Mechaniker, Naturforscher, Kunsthandwerker und Theologen Jacob Christian Schäffer machte 1786 sogar Goethe seine Aufwartung. Im Nebenberuf war der Dichterfürst ja ebenfalls ein passionierter Naturforscher, und von Schäffers »Botanischem Kabinett« war er ganz begeistert. Mehr als zwei Jahrhunderte nach Schäffers Tod hat das evangelische Dekanat in der Regensburger Pfarrergasse etliche Rosenstöcke in Rot und Rosa gepflanzt – um an den großen gelehrten Naturfreund zu erinnern, aber auch, um die Steinwüste der Altstadt ein wenig bunter zu machen.

Schäffer: Prediger ohne Theologiestudium

Jacob Christian Schäffer, 1718 im sächsischen Querfurt bei Halle geboren, war in bitterer Armut aufgewachsen. Seinen Vater, einen Diakon, verlor er früh, und die Mutter bezog keine Rente; dennoch schaffte sie es irgendwie, dem 17-jährigen Jacob Christian an der Universität Halle ein Theologiestudium zu ermöglichen. Als Kurrende-Sänger zog er um Almosen bettelnd durch die Straßen. Doch seine schwache Konstitution hielt die elenden Lebensumstände nicht aus. Als ein Arzt Tuberkulose vermutete, brach er das Studium ab und nahm 1738 eine Hauslehrerstelle in Bayern an, bei der Regensburger Kaufmannsfamilie Mühl.

Hier beeindruckte er die evangelische Gemeinde mit einigen Kanzelreden so, dass man ihn als Prediger anstellte – obwohl er erst 23 Jahre zählte und sein Theologiestudium nicht beendet hatte. Er muss seinen Posten gut ausgefüllt haben, sonst hätte man ihn nicht 1779, als älteren Herrn, zum Superintendenten und ersten Beisitzer im Konsistorium berufen. Damals war er längst Magister und Doktor der Theologie. Geschrieben hat er freilich wenig Frommes. Ein paar Leichenreden und Predigtsammlungen sind erhalten, eine »Anweisung zur wahren Herzensreformation« und der »Versuch eines katechetischen ABC-Buchstabir-Lese-und-Schreibbüchleins« für die Schulen, die er zu beaufsichtigen hatte.

Der Theologe Jacob Chr. Schäffer erfand den Holzbottich mit Kurbel.

Das eigentliche Interesse des Pastors Schäffer aber galt von früh an der Naturwissenschaft. Seine Forschungsergebnisse sammelte er in sorgfältig gestalteten Bänden. Schäffers Pilzbuch galt unter Botanikern lange Zeit als Pflichtlektüre. Als Mediziner versuchte er sich mit eingehenden Forschungen, wie aus dem »Mayenwurmkäfer« ein zuverlässiges Heilmittel gegen Tollwut zu gewinnen sei. Die akademische Welt honorierte jedenfalls die Gelehrsamkeit des Pastors: Die Naturforscher-Gesellschaften von St. Petersburg, London, Uppsala, Florenz, die Akademien der Wissenschaften in Paris und München nahmen ihn in ihre Reihen auf.

Schäffers Lebenswerk waren jene Forschungen, die auf die Herstellung von Papier ohne Zusatz der teuren Lumpen abzielten. Wurden doch die Bücher und Zeitungen immer mehr und die dabei verwerteten Lumpenvorräte immer weniger. Die Landesherren mussten strenge Lumpensammelgesetze erlassen. Theorien, wie der rar werdende Rohstoff zu ersetzen wäre, gab es viele. Aber der Regensburger Pfiffikus war der Erste, der sie in immer neuen mühseligen Versuchen praktisch umsetzte.

Schäffer und die Papierherstellung

Schäffer probierte und probierte. Er versuchte, Papier aus Bohnenblättern, Weinreben, Hopfenranken und Weidenbast herzustellen, aus Wollgras, Sägespänen, Stroh und Kartoffeln, aus Torf und Tannenzapfen. Mehr als 80 Versuchsanordnungen beschreibt er detailliert in seinen Musterbüchern. Die fleißigen Wespen brachten den Forscher endlich auf den rettenden Einfall, Holz als Grundstoff zu wählen: Die Wespen bauen sich nämlich überraschend stabile papierähnliche Nester, indem sie Holz zerkauen, mit ihrem Speichel vermischen und daraus leichte, gleichzeitig aber ziemlich robuste Blätterlagen produzieren, die an Packpapier erinnern.

Damit war der Durchbruch erzielt. Schäffers anfangs noch arg gelbbraun schimmernde Papiermuster setzten sich gegen alle Anfeindungen durch, die vor allem von den Papiermühlen kamen. Mitte des 19. Jahrhunderts ging man dazu über, Papier aus Holz herzustellen. Pastor Schäffer aus Regensburg – 1790 starb er in der Pfarrergasse 5 – war damals schon so gut wie vergessen.