In der Woche vor Pessach stehen kaum noch geschäftliche Termine im Kalender des Münchner Rabbiners Steven Langnas, denn er möchte sich intensiv auf das Pessachfest vorbereiten. In seiner Wohnung, sowie in allen jüdischen Einrichtungen, Altenheimen, Lokalen, Schulen und Gemeinden darf kein Krümelchen Brot oder gesäuertes Lebensmittel mehr gefunden werden.

Auch das Geschirr wird "gekaschert", koscher gemacht.  Es gibt genaue Vorschriften, wie Töpfe mit Wasser ausgekocht oder mit Feuer gereinigt werden. Bei Gläsern ist es nicht so kompliziert: Sie werden 24 Stunden in der Badewanne eingeweicht. Um sich diese Arbeit zu sparen, haben viele jüdische Familien spezielles Geschirr, das sie nur an Pessach benutzen, manche sogar eine eigene Küche.

Was ist Pessach für ein Fest? Wie feiern Juden es? Und was hat Pessach mit dem Christentum zu tun? Der israelische Blogger Asaf Erlich erklärt.

Obwohl Pessach sehr viel Arbeit macht, ist es eines der wichtigsten und vielleicht das Schönste unter den jüdischen Festen, findet Rabbi Langnas:

"Pessach hat sich so verankert in der jüdischen Seele, sodass auch Leute, die assimiliert sind, auf jeden Fall einen Sederabend besuchen. Es ist fast in unsere DNA eingeprägt."

Und so feiern auch säkulare Juden, die sich sonst kaum an die religiösen Gebote halten, den ersten Abend des Pessachfestes. Die Kinder besuchen Eltern und Großeltern und Menschen, die niemanden haben, werden zum Sederabend eingeladen. Entweder von der jüdischen Gemeinde oder privat von jüdischen Familien.

Rabbi Steven Langnas erklärt das jüdische Fest Pessach. Ein Beitrag von Martina Klecha (efa).

Wenn sich Familie und Gäste am Freitagabend in der tipp topp sauberen Wohnung an den festlich gedeckten Tisch setzen, lesen sie zuerst zusammen die Haggada. In dem kunstvoll verzierten Büchlein steht die ganze Erzählung des Auszugs aus Ägypten mit Liedern und Segenssprüchen. Dann wird das mehrgängige Menü aufgetischt, denn trotz der strengen Essensvorschriften muss keiner hungern – im Gegenteil. Aus den Matzen werden die fantasievollsten Gerichte gezaubert, von der Matzeknödelsuppe bis zur Torte zum Nachtisch. Als Hauptgang wird oft Lammfleisch gereicht und bei deutschen und osteuropäischen Juden "Gefilter Fisch".

Auch zu trinken gibt es reichlich, vier Gläser Wein müssen im Lauf des Abends getrunken werden, so will es die Tradition. Die Zeremonie  dauert mindestens vier Stunden und manchmal auch bis tief in in Nacht hinein. Rabbi Langnas liebt diesen festlichen Abend sehr, denn:

"Wir benutzen alle unsere Sinne, wir erzählen die Geschichte, wir singen die Lieder, wir schmecken das Bitterkraut, es gibt so viele symbolische Speisen, wo die Sinne mit einbezogen sind und so vergisst man diesen Abend nicht."

 

Rezept für Gefilte Fisch

"Gefilte Fisch" gehört zu den aufwendigeren Klassikern der osteuropäischen jüdischen Küche. Er wird kalt gegessen und daher mindestens einen Tag vorher zubereitet. Wenn es also mit dem Kocherfolg beim ersten Mal nicht klappen sollte, hat man noch genug Zeit etwas anderes für den nächsten Abend vorzubereiten. Außerdem darf man nicht mit allseitiger Zustimmung rechnen. "Gefilte" Fisch polarisiert, die einen lieben ihn, die anderen können  – gerade wegen seiner zart süßlichen Note – nichts damit anfangen.

Rezept Gefilte Fisch

1 Karpfen (2 bis 3 Pfund schwer), in 1½ bis 2 cm dicke Scheiben geschnitten, (die Bauchseite des Fisches muss unverletzt sein, das heißt, das Fischgeschäft muss den Karpfen entsprechend ausnehmen!)

Die Karpfenscheiben mit 1 TL Salz, 2 EL Zucker und Pfeffer gewürzt unter Folie abgedeckt kühl über Nacht stehen lassen.

~

Für den Fischteig:

1 kg Fischfilet (Karpfen, Hecht, Renke oder Zander, am besten gemischt)

2 ½ große Zwiebeln

2 rohe Eier

2 hart gekochte Eier

20 g geschälte ganze Mandeln 

2-3 geputzte Karotten

1 TL Salz, Zucker und Pfeffer nach Belieben

 

Die Fischfilets, 1 ½ rohe Zwiebeln und die harten Eier durch den Fleischwolf drehen. Die Masse auf ein Brett geben, mit Zucker, Salz und Pfeffer gut würzen. Dann die rohen Eier dazu und gründlich mit einem Hackmesser hacken und dabei durchmischen. Wenn die Konsistenz zu flüssig ist eventuell 1 TL Semmelbrösel oder –  an Pessach insbesondere Matzemehl – dazugeben.

Einen großen, flachen Topf mit kaltem Wasser füllen. Die  Karotten an drei Seiten der Länge nach einkerben und ca. 0,5 cm dicke Scheiben schneiden und zusammen mit einer gewürfelten Zwiebel und den Mandeln dazugeben.

1 Karpfenscheibe auf die Hand legen, mit dem Fischteig nicht zu dick füllen, und mit einem nassen Messer glatt abziehen. Vorsichtig ins kalte Wasser legen. Die Scheiben dürfen im Topf übereinander liegen.

Es wird Fischteig übrig bleiben. Aus der restlichen Fischteigmasse flache Bällchen formen, und ebenfalls ins Wasser geben. Aufkochen, und dann langsam in mindestens 1 ½ bis 2 Stunden gar köcheln lassen. Die Brühe muss während des Garens oft probiert werden, weil man mit Zucker, Salz und Pfeffer nachwürzen muss.

Anschließend den Topf abkühlen lassen, dann die Fischscheiben vorsichtig heraus nehmen. Den Sud über ein Sieb abgießen und auffangen, im Kühlschrank kalt stellen, so dass er geliert. Die Karotten als Garnitur auf die Karpfenscheiben legen.

Wird kalt serviert. Der Sud wird als kalte Sauce dazu gereicht.

Am Schabbat oder an hohen Feiertagen serviert man Gefilte Fisch mit Challe und Meerrettich, weiß oder rot. Oft wird unter dem Begriff "Gefilte Fisch" nur die Füllung serviert.

Rabbiner Steven Langnas

Beauftragter für Interreligiöse Angelegenheiten der IKG, Dozent für Religionspädagogik
Israelitische Kultusgemeinde

Rabbiner Steven E. Langnas ist 1956  in Philadelphia geboren und lebt mit seiner Frau und den drei Kindern seit 1998 in München. Bis 2011 war er als Gemeinderabbiner der Israelitischen Kulutusgemeinde in München tätig. In dieser Zeit gündete er auch das Münchner Lehrhaus der Religionen, in dem jüdische, christliche und islamische Texte gemeinsam diskutiert werden. Brücken zu schlagen zwischen den drei abrahamitischen Religionen ist ihm ein wichtiges Anliegen. Derzeit arbeitet er als Lehrbeauftragter am Lehrstuhl für Religionspädagogik der LMU und als  Seelsorger im Saul-Eisenberg-Seniorenheim in Schwabing.