Sommerhitze sorgt in der evangelischen Tagungsstätte Wildbad Rothenburg dafür, dass es selbst auf der Terrasse vor dem prächtigen Haupteingang des einstigen Kurhotels unangenehm heiß ist. Vor einem alten Nebengebäude am Fuß des Hügels, auf dem die außergewöhnliche Belle-Époque-Anlage thront, herrscht trotz der hohen Temperaturen seltsames Treiben. Das Frankfurter Künstler-Duo Böhler & Orendt, komplett in weißem Schutzanzug, Kapuze in die Stirn gezogen und einer Atemschutzmaske, bepinselt eine Figur.

Böhler & Orendt haben eigens eine elfköpfige Skulpturengruppe konzipiert, die künftig im bewaldeten Areal fest installiert zu sehen sein wird. Der Titel des Kunstprojekts lautet »Rast auf der Flucht vor der Auseinandersetzung mit der Abgefucktheit des Ist-Zustands«. Die »Rast auf der Flucht kommt in der Bibel in verschiedenen Zusammenhängen vor«, erklärt Christian Orendt. Diesen Einstieg haben sie dann »in eine ganz andere Richtung gebogen«.

Halbzeit für die »Artists in Residence« Böhler & Orendt

Auch wenn sie die jetzt zur Halbzeit bereits fertigen Figuren unter Verschluss halten – das Grundkonzept sieht eine bunt zusammengewürfelte Reisegruppe vor, die aus irgendeinem Grund hier im Tagungspark hängen geblieben ist und nicht mehr weiterkommt. »Die Gruppe ist gezwungen innezuhalten, ist auf sich selbst zurückgeworfen und gerät ins Grübeln.« Die Skulpturen selbst werden verschiedene Typen sein, die »in ihren eigenen Lifestyle-Blasen festhängen und sich vor der Auseinandersetzung mit dem Weltzustand drücken«.

Das Künstlerduo charakterisiert sie paradigmatisch durch Kleiderstil sowie Slogans auf T-Shirt, Tasche und Mütze fast schon »karikaturhaft«. So wird eine Figur unter anderem ein T-Shirt mit dem Aufdruck »I love Tofu« tragen, kombiniert mit einer Leggings, auf der Beinmuskeln aufgedruckt sind. Das sorge für »fast schon surreale Übertreibungen«. Alle Kleidungsstücke sind handelsüblich zu kaufen, bekommen aber durch die Zusammenstellung »eigenwillige Brüche«.

Figuren werden beim kirchlichen Kunstsymposium präsentiert

Zur Halbzeit ihres Stipendiums sind Böhler & Orendt guter Dinge. Im Nebengebäude stapeln sich die für die noch unfertigen Figuren charakteristischen Kleidungsutensilien. Als Duo, das seit zehn Jahren zusammenarbeitet, profitiere man von der Unterschiedlichkeit, sagt Orendt. Er vergleicht die künstlerische Zusammenarbeit mit der einer Band, »in der jeder etwas anderes besser kann«. Und die Konfliktpunkte sorgten dafür, dass die künstlerische Umsetzung immer wieder hinterfragt werde und am Ende etwas anderes herauskommt, als am Anfang gedacht.

Stephan Michels, stellvertretender Leiter der evangelischen Tagungsstätte Wildbad und Kuratoriumsmitglied des Projekts Artist in Residence, hat selbst »ein gutes Bauchgefühl«. Gespannt ist er, welche Impulse die LandArt künftig »Mitarbeitern, den Menschen in Rothenburg, aber auch unseren Gästen« geben wird. Artist in Residence ist auf zehn Jahre angelegt, soll die historische Affinität des Hauses zu Kunst und Kultur fortsetzen und zugleich auch den »kirchlichen Auftrag zur Wirtschaftsethik« aufnehmen.

Das Projekt wird in diesem Jahr unter anderem vom Kunstfonds der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern und dem Münchner Verein Ausstellungshaus für christliche Kunst gefördert. Bei einem Grillfest mit der Rothenburger Bevölkerung sollen die Arbeiten am 14. September vorgestellt werden. Die offizielle Eröffnung ist im Rahmen des Kunstsymposiums der Landeskirche in der Tagungsstätte Wildbad am 13. Oktober 2017 vorgesehen.

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