Die bayerische Landeskirche will ihr Engagement gegen Missbrauch in den eigenen Reihen verstärken. Trotz der durch die Corona-Krise angespannten Finanzlage werde man weitere Mittel für die Umsetzung von Präventions- und Interventionskonzepten gegen Missbrauch bereitstellen, sagte Oberkirchenrat Nikolaus Blum (München) im Interview.

Finanzielle Mittel für Anerkennungsleistungen

In den letzten Jahren habe die Landeskirche insgesamt über 700.000 Euro an Anerkennungsleistungen für 40 Fälle bezahlt, die nach staatlichem Recht bereits verjährt sind. Bei neueren Fällen kooperiere die Landeskirche "uneingeschränkt" mit Staatsanwaltschaften und Polizei.

Über Umfang und Höhe der Anerkennungsleistungen für die Opfer von Missbrauch entscheidet Blum zufolge eine "Unabhängige Kommission", die mit Fachleuten besetzt ist und "völlig unabhängig von kirchlichen Weisungen" agiert.

Inzwischen gibt es in allen 20 Landeskirchen solche Kommissionen. Die unterschiedliche Praxis in den einzelnen Landeskirchen soll im Lauf der nächsten Jahre angeglichen werden, sagte Blum, der auch Mitglied im Beauftragtenrat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zum Thema Missbrauch ist.

Aufarbeitung der Fälle von sexualisierter Gewalt

Eine "bindende Gewaltschutzrichtlinie" für die evangelischen Kirchen sei bereits verabschiedet worden. In einer großen wissenschaftlichen Studie werde die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in den evangelischen Landeskirchen dargestellt. Missbrauch und sexualisierte Gewalt werde auch ein Thema bei der EKD-Synode am 8. und 9. November 2020 sein.

Das Thema Missbrauch werde in der Kirche niemals abgeschlossen sein, sagte Blum. Die Opfer litten schließlich ihr ganzes Leben darunter. Oft seien sie überhaupt erst nach vielen Jahren in der Lage, ihre Traumata zu artikulieren.

"Das ist gerade das besonders Perfide an den Missbrauchsfällen, dass sich um sie herum ein Schweigekartell gebildet hat und dass Vertrauen und Verschwiegenheit in übelster Weise ausgenutzt wurden", sagte der Oberkirchenrat.