Frau Jühne, was bedeutet der Beschluss der Landessynode für die Homosexuellen in Bayern?

Jühne: Ich bin sehr froh über diesen Schritt. Der Beschluss ist ein wichtiges Signal an Homosexuelle, gerade auch an die, die in der evangelischen Kirche verwurzelt sind. Und endlich gibt es für die Segen-spendenden Pfarrerinnen und Pfarrer Rechtssicherheit. Unter der Hand hat es solche Segnungen im Gottesdienst bereits gegeben, im seelsorgerlichen Bereich waren sie ja sogar offiziell möglich. Jedenfalls war das immer eine schwierige Gratwanderung. Die Geistlichen haben sich untereinander ausgetauscht, wie man solche Segnungen gestalten könnte. Es herrschte großer Beratungsbedarf. Mit dem Synodenbeschluss wird nun eine offizielle liturgische Handreichung erarbeitet. Ich hoffe, dass wir auch als direkt Betroffene an deren Erstellung mitarbeiten können. Die Arbeitsgruppe, die den Bericht für die Synode vorgelegt hat, hat uns ja leider nicht miteinbezogen.

 

Der Beschluss sieht vor, dass die Pfarrerinnen und Pfarrer Segnungen von homosexuellen Paaren auch ablehnen können. Es geht also um Gewissensschutz. Was halten Sie davon?

Jühne: Das ist natürlich eine Einschränkung, die hoffentlich nur von begrenzter Dauer ist. So wie damals bei der Einführung der Frauenordination in Bayern. Da konnten Pfarrer aus Gewissensgründen auch Nein sagen. Inzwischen ist die Ordination von Frauen etwas Selbstverständliches, das niemand mehr infrage stellt. Der Synode ging es wohl um einen Kompromiss mit den konservativen Kräften, die die Segnung homosexueller Paare aus ihrem Bibelverständnis heraus ablehnen. Daher verstehe ich den Kompromiss. Die Argumentation von den Gegnern kann ich allerdings nicht nachvollziehen, respektiere sie aber. Denn auch eine heterosexuelle Beziehung ist ja nicht frei von Sünde. Außerdem: Wenn wir streng bibelkonform leben würden - so wie es einige Konservative fordern -, müssten wir auch die Polygamie erlauben.

Silvia Jühne

Sie sind evangelische Pfarrerin und haben selbst in einer homosexuellen Beziehung gelebt. Haben Sie sich über die Jahre nicht ausgegrenzt gefühlt?

Jühne: Ich bin ja nicht nur ein sexuelles Wesen. Ich bin gerne Kirchenmitglied und Pfarrerin. Aber sicher: In der Segnungs- und Ehefrage habe ich mich dauerhaft gekränkt und diskriminiert gefühlt. Ich habe Zurückweisung von einer Gemeinschaft erfahren, die mir sehr am Herzen liegt. Am jetzigen Beschluss ärgert mich noch ein wenig, dass sich die Kirche nicht dazu hat durchringen können, von einer "Trauung" homosexueller Paare zu sprechen - also dieselbe Begrifflichkeit zu verwenden wie bei heterosexuellen Paaren. Eine volle Gleichstellung ist das noch nicht!