Vom "Superweib" zur Polizeiseelsorgerin: Veronica Ferres spielt in einer neuen ZDF-Krimireihe die 42-jährige evangelische Pfarrerin Lena Fauch, die sich nach dem Tod ihres Mannes eine berufliche Auszeit genommen hat. Nur auf hartnäckiges Bitten eines alten Freunds und theologischen Mentors übernimmt sie dessen Vertretung bei einer Pferde- und Hunde­segnung bei der Polizei.

Da geschieht etwas Fürchterliches: ein Amoklauf in einem kleinen Münchner Biergarten. Ein Mann schießt aus seinem Reihenhaus auf die Biergartenbesucher. Pfarrerin Fauch muss als Notfallseelsorgerin mit an den Tatort, wo jede Kraft gebraucht wird. Sie ist die Einzige, zu der die völlig aufgelöste junge Tatjana (Rosalie Thomass) Vertrauen fasst: Ihr Vater ist der Amokschütze, und er hat Tatjanas kleine Tochter bei sich. Als er sich weigert, mit der Polizei zu sprechen, begleitet Lena die verzweifelte Mutter in deren Elternhaus. Doch die Situation dort eskaliert: Lena hört Schüsse, Tatjana wird schwer verletzt und ihr Vater getötet.

Der junge SEK-Beamte Max (Ludwig Blochberger), den Lena von früher kennt, scheint mehr über den Vorgang zu wissen, als er sagt. Was ist im ersten Stock des Hauses wirklich vorgefallen? Vertuschen die Kollegen, die bei der Schießerei dabei waren, womöglich die Wahrheit? Und was hat die Sache mit dem Tod ihres Mannes zu tun, der als SEK-Mann bei einem Einsatz gestorben ist? Lena Fauch glaubt, dass die Polizei auch dort die Wahrheit zu vertuschen versucht, und hört nicht auf, zu recherchieren und nachzuhaken.

Mit Glaube und Religion aufgewachsen

Die 47-jährige Veronica Ferres gehört seit ihrer ersten Hauptrolle in Sönke Wortmanns "Superweib" 1996 zu den - falls es denn solche gibt - Superstars des deutschen Films. Dass sie nun als Polizeiseelsorgerin zu sehen ist, verwundert weniger, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Die Schauspielerin ist immer wieder mit Bekenntnissen zu ihrem Glauben aufgefallen.

Geboren in Solingen als jüngstes Kind und einzige Tochter eines Kohlenhändlers, ist sie nach eigenem Bekunden "mit Glaube und Religion aufgewachsen". Einer ihrer Brüder hat Katholische Theologie und Philosophie studiert. "Ich würde sagen, ich habe einen sehr lebendigen Alltagsglauben, der sicher nicht in allen Belangen deckungsgleich ist mit den Vorstellungen der katholischen Kirche", sagt Veronica Ferres.

Einen evangelischen Pfarrer zählt sie zu ihren guten Freunden: Arthur Wecker, Pastor an der evangelisch-lutherischen Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde in Hannover. "Beide haben nicht nur einen spannenden Beruf, sondern auch eine große Verantwortung", so Ferres.

An der Figur der Lena Fauch schätzt sie deren innere Spannungen und Zerrissenheit: "In ihrer bewegten Jugend hat sie Drogen genommen, sie kennt die Wege außerhalb der 'rechten Bahn', und genau deswegen ist sie eine gute Seelsorgerin, weil sie für alles Menschliche Verständnis hat", sagt Ferres. "Lena Fauch macht auch Fehler, weil sie mit ihrer eigenen Biografie und dem Verlust ihres Mannes nicht klarkommt."

Was Polizei und Bibel gemeinsam haben

Dass die Arbeit einer Polizeiseelsorgerin in der Regel weit weniger dramatisch als bei "Lena Fauch" daherkommt, aber deswegen keineswegs weniger wichtig ist, weiß Hilda Schneider. Die 57-Jährige ist eine "echte" evangelische Polizeiseelsorgerin. Seit dem Jahr 2000 ist sie in München als Polizeipfarrerin für Südbayern zuständig. Vor den Dreharbeiten zu der neuen ZDF-Krimireihe "Lena Fauch" hat sie die Filmemacher und auch Hauptdarstellerin Veronica Ferres beraten.

"Polizei und Bibel haben eins gemeinsam: Sie blicken in menschliche Abgründe - und das hat mich schon immer interessiert", sagt Hilda Schneider. Doch so stark, wie sich Lena Fauch im Film in die Polizeiarbeit einmische, "das ist der Dramatik geschuldet, das könnten und würden wir in der Weise nicht tun."

Schon seit 1920 gibt es in Bayern Polizeiseelsorger, eingeführt auf Initiative einer Landtagsabgeordneten - unter anderem zur Hebung der Sitten innerhalb der Polizei. Schneider weiß aus ihrer Arbeit, dass die Belastungen, denen Polizisten ausgesetzt sind, diese nicht unberührt lassen. Die permanente Auseinandersetzung mit Menschen auf der Schattenseite der Gesellschaft könne zu einer Veränderung des Menschenbilds führen, zu der Haltung: "Alle Menschen sind schlecht, was dann auch in den privaten Bereich ausstrahlt."

Nicht immer werde Polizisten genug Verständnis entgegengebracht, meint Hilda Schneider: "Plötzlicher Kindstod, Sexualdelikte oder Mord - wir können beim Krimischauen weiterzappen oder wegsehen. Polizisten müssen hinsehen, ganz genau hinsehen. Und sie nehmen uns, der Gesellschaft, damit eine Menge ab."