Nur allzu direkt hat sich Pastorin Annette Behnken am vergangenen Samstag im ARD-Format „Wort zum Sonntag“ ausgedrückt und kritisiert, was in der aktuellen Flüchtlingspolitik ihrer Meinung nach schief laufe.

„In diesen Tagen zeigt Europa ihr hässliches Gesicht“, leitete die Pastorin ihre vierminütige Ansprache ein, die anschließend deutschlandweit wegen ihrer verbalen Deutlichkeit Debatten auslöste.

Humanitäre Hilfe für Flüchtlinge

Die Studienleiterin der Akademie Loccum fährt mit ihrem „Wort zum Sonntag“ denselben Kurs, den kirchliche Vertreter in der Flüchtlingsfrage bereits eingeschlagen hatten: Sowohl der evangelische bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm als auch der Vorsitzende der katholischen bayerischen Bischöfe Kardinal Reinhard Marx sprachen sich in den vergangenen Tagen für sofortige humanitäre Hilfe für Flüchtlinge aus.

"Es ist erbärmlich, was sich an der türkisch-griechischen Grenze derzeit abspielt", sagte Bedford-Strohm am Dienstag.

"Müssen als Christen laut werden"

In den Tagen nach ihrem "Wort zum Sonntag" hat sich die evangelische Pfarrerin gegen Kritik verteidigt.

Wo "Grundwerte in Gefahr scheinen, müssen wir das als Christen laut sagen", erklärte Behnken am Dienstag auf Anfrage des Sonntagsblatt. Behnken erlebte nach ihrem Wort zu Flüchtlingen einen Ansturm von kritischen Mails und Reaktionen im Netz. Die AfD warf ihr vor, zur Gewalt aufgerufen zu haben.

"Wir müssen die Parlamente stürmen, in denen Neofaschisten sitzen und uns in Schreckstarre verfallen lassen genauso wie das Corona-Virus", hatte die Theologin in ihrer am Samstag ausgestrahlten Ansprache erklärt. Zur Kritik sagte sie jetzt nach Angaben der Rundfunkarbeit im Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik:

"Als Europäerin und Christin bin ich von der parlamentarischen Demokratie überzeugt und habe in meinem Wort zum Sonntag an die höchsten Werte europäischer Demokratie appelliert, an Menschlichkeit, an Mitgefühl und auch - wegen der christlichen Wurzeln Europas - an die Barmherzigkeit."

Stephan Born, ARD-Beauftragter von der Rundfunkarbeit im GEP, sagte dem Sonntagsblatt, die Reaktionen auf Facebook und Twitter seien jedoch überwiegend positiv.

Per Mail habe es rund 500 Äußerungen gegeben. Während sich eine Twitter-Userin bei Annette Behnken für die „deutlichen Worte“ bedankte, schrieb der Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion Martin Renner am Montag auf der Webseite der Partei von „Volksverhetzung“.

Die aus Bielefeld stammende Behnken ist Studienleiterin der Akademie Loccum für religiöse Praxis in der Gegenwartskultur. In ihrer Ansprache in der ARD am Samstagabend kritisierte sie die Entwicklungen in der europäisch-türkischen Flüchtlingspolitik scharf und forderte, dass den Menschen in Not selbstverständlich geholfen werden müsse.